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Achsenbruch

Achsenbruch

Titel: Achsenbruch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard Junge
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kämen außer Lurich noch ein oder zwei Dutzend anderer Firmenchefs infrage. Und wenn wir alle Auftragsvergaben der letzten Jahre untersuchen müssten …«
    Sie brauchte gar nicht weiterzureden: Das Wälzen dieser Akten und die Überprüfung aller Alibis wären der reinste Horror für jeden Ermittler.
    »Außerdem«, fuhr Lohkamp fort, »steht bei allen noch die Frage nach den Tätern. Wer kannte sich zwar mit Sprengstoff, aber nicht mit der Geografie des Charlottenweges aus?«
    »Warum brauchen wir mehrere Täter?«, fragte Klemm.
    »Täter A fährt den Magirus zum Ziel, Täter B holt A wieder von da unten ab, damit er nicht zu Fuß laufen muss. Denk an den wegfahrenden Pkw, den der alte Mann aus dem Nussbaumweg in der Nacht gehört haben will.«
    Ein leises »Ping« meldete den Eingang einer Mail auf dem Computer des Hauptkommissars. Ein wenig genervt griff Lohkamp zur Maus und öffnete sein Outlook. Absender: [email protected] Die Büroklammer in der Übersicht machte ihn neugierig: Noch mehr Nacktfotos?
    Sehr geehrter Herr Lohkamp , stand in der Mail, an dem beigefügten WDR-Beitrag aus dem Jahre 1993 dürften für Sie die letzten fünf Sekunden von besonderem Interesse sein. In der Hoffnung, den Ermittlungen in der Mordsache Beißner damit weiterhelfen zu können, grüßt Sie …
    »Ihr seid doch sonst per Du«, warf Hardenberg spöttisch ein.
    »Klappe!«, sagte Lohkamp und ließ den Clip laufen. Gebannt starrten die drei Polizisten auf den Monitor. Als die Dynamitstangen zu sehen waren, die mit der Zündeinrichtung verkabelt wurden, schnippte Klemm mit den Fingern: »Guckt mal!«
    »Sch«, machte Hardenberg. Und dann kam der Schwenk zu den Fahrzeugen der Firma, die den Brückenabbruch durchführte. Alle drei schrien auf.
    »Genug gegrübelt«, sagte Lohkamp und sprang von seinem Stuhl auf. »Kommt mit! Das könnte der Durchbruch sein!«
    Der Geschäftsführer der Schneider Bau war völlig überrascht, als der fremde Focus in der Einfahrt seines Firmengeländes auftauchte und quasi auf der Schwelle stehen blieb. Eilig verließ Lurich sein Büro und lief auf die drei Menschen zu, die gerade aus dem Wagen kletterten: »He, da können Sie doch nicht einfach …«
    Jetzt erkannte er Klemm und Hardenberg und sein Ton wurde etwas sanfter: »Was soll denn der Unsinn? Und weshalb haben Sie Verstärkung mitgebracht?«
    »Die Verstärkung ist unser Chef«, erklärte Klemm und stellte Lohkamp vor.
    »Meine Güte – jetzt auch noch ein Hauptkommissar! Wie komme ich zu dieser Ehre?«
    »Die Blumen kommen später«, lächelte Hardenberg. »Vorher müssen wir doch ein paar Fragen stellen. Und je nachdem, wie die Antworten ausfallen …«
    »Sind wir hier beim Quiz?«, nahm Lurich den Scherz auf, während sich die Beamten auf dem Platz umsahen. Ein Bagger, ein Bulldozer, ein kleiner Kranwagen, eine Teerwalze – alle in Gelb. Offenbar hatte die Schneider Bau ihre Firmenfarbe aufgepeppt. Grau war nur noch ein älterer Volvo, der direkt vor dem Büro stand. Und gar nicht ins Bild passte der blaue Peugeot 206, der neben den Baufahrzeugen abgestellt war.
    »Sie hatten doch noch einen Wagen in Blau, Herr Lurich. Diese Magirus-Deutz-Pritsche. Wo ist die denn?«
    Wenn der bärtige Mann mit dem schütteren Haupthaar verunsichert war, ließ er sich das kaum anmerken. Aber das leichte Zucken in seinen Augen entging Lohkamp nicht.
    »Dieses alte Möhrchen?«, fragte er zurück. Auf Lohkamp wirkte das wie reine Zeitschinderei. »Der steht jetzt in Hamburg, im Hafenmuseum!«
    Was immer an Ausflüchten hätte kommen können, mit dieser Auskunft hatte Lohkamp nicht gerechnet. Doch Hardenberg sprang ein: »Seit wann?«
    »Noch nicht lange. Neun oder zehn Tage? Moment!« Lurich sah sich suchend um. Dann schrie er: »Vitali!«
    Der Ukrainer trat, wie am letzten Freitag, aus der großen Halle ans Tageslicht und wischte sich die ölverschmierten Hände an einem Knäuel Putzwolle ab. »Was ist, Chef? Ach, die Polizisten sind wieder da. Und das Fraulein Klemm! Was kann ich fur Sie tun?«
    Leicht hinkend kam er näher, lächelte die beiden Besucher vom vergangenen Freitag an, aber versuchte es erst gar nicht, seine immer noch verschmutzte Hand auszustrecken. Danach nickte er Lohkamp zu: »Ich bin Korolenko.«
    »Vitali, wann hast du die Pritsche nach Hamburg gebracht?«
    »Pfff«, macht Korolenko. »Vorletzte Woche, am Samstag.«
    »Und da steht er jetzt?«, wollte Lohkamp wissen.
    »Muss wohl sein«, meinte der Ukrainer und zog die

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