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Achsenbruch

Achsenbruch

Titel: Achsenbruch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard Junge
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von der Sonnenschein. Ich nehme mir jetzt die Schubladen im Schreibsekretär vor.«
    »In Ordnung, Sim!«
    Sie stutzte: »Wie hast du mich genannt?«
    »Sim. Simone ist der absolut falsche Name für dich. Klingt viel zu brav.«
    Die Frau mit der Punk-Vergangenheit kam auf ihn zu und küsste ihn sacht. »So hat mich noch kein Kerl genannt. Passt gut zu meinem Elektronikspielzeug. Hast ja doch Phantasie.«
    Kalle wurde es warm ums Herz. Aber sie durften hier nicht herumturteln. »Komm, mach weiter, meine lebende SIM-Card!«
    Er schob Simone in Richtung Wohnzimmer und öffnete die letzte Schranktür. Acht oder neun Schubladen. Jede Menge Arbeit. Und zu lange durften sie nicht hierbleiben. Was war, wenn die Sekretärin das Fehlen des Schlüssels mittlerweile bemerkt hatte? Ach, komm, beruhigte er sich, dann wären die Bullen schon da.
    24
    Das Drübbelken war nicht nur beliebt, sondern auch belebt. Lohkamp musste ein Bierchen lang am Tresen darauf warten, dass ein Tisch frei wurde, und hatte Glück. Links vom Eingang machte sich ein Pärchen ans Bezahlen. Lohkamp schätzte sie auf höchstens siebzehn. So, wie die beiden sich ansahen, würden sie in Kürze in der Kiste landen. Als sie aufstanden, nahm der Polizist sein Glas und besetzte den Platz, von dem aus er alle Eintretenden im Auge behalten konnte.
    Für einen Augenblick dachte Lohkamp an jene Phase seines Lebens zurück, als er Gabi gerade kennengelernt hatte. Sie hatten beide mit neunzehn noch keine eigene Wohnung besessen und hätten es nie gewagt, den anderen über Nacht mit nach Hause zu bringen. Sein Vater hätte Koliken bekommen, wenn er am Frühstückstisch ein fremdes Gesicht gesehen hätte. Und Angst davor gehabt, dass irgendein gesetzestreuer Nachbar ihn wegen Kuppelei anzeigte.
    Mager tauchte zehn Minuten später auf. Er blieb an der Tür stehen und ließ seinen Blick durch den Raum wandern. Als er Lohkamp entdeckte, schlenderte er heran und musterte den Polizisten.
    Wird auch nicht jünger, dachten beide.
    Der Bärtige ließ sich auf dem freien Stuhl nieder, drehte sich aber noch einmal unbehaglich zum Eingang um.
    »Wirst du neuerdings verfolgt?«, grinste Lohkamp.
    »Unsinn. Aber du machst es doch als Bulle nicht anders. Und ich habe zu viele Western geguckt. Der freie Blick zur Tür ist da immer wie eine Lebensversicherung.«
    »Keine Angst, ich bin ja bei dir.«
    »Die Knarre durchgeladen?«
    »Schon vergessen? Meine Waffe liegt immer im Schreibtisch.«
    Die Kellnerin tauchte auf. Sie schien nur unwesentlich älter zu sein als das Paar, das vorher an diesem Tisch gesessen hatte. »Was darf ich Ihnen bringen?«
    Lohkamp bestellte noch ein Alkoholfreies, Mager stand der Sinn nach Cappuccino und Calvados. Die Bedienung ließ sich den Namen des zweiten Getränks wiederholen und war dann immer noch nicht sicher, ob es diese Sorte Sprit im Angebot gab.
    »Falls nicht, bring mir einen Grappa.«
    »Gib dir keine Mühe«, sagte Lohkamp, als das Mädchen in Richtung Theke verschwand. »Bei uns alten Säcken bleibt die beim Sie . Was hast du für Sorgen?«
    »Keine Sorgen – aber etwas Neues«, sagte Mager und erzählte, was PEGASUS in Hattingen entdeckt hatte. Als er fertig war, lächelte Lohkamp bekümmert: »Komisch, wir ärgern uns über dieselbe Sache. Meine Bundesanwältin mauert nämlich. Hat so getan, als ob der Mann sie nicht interessierte, und ist dann klammheimlich mit ihrem Rollkommando losgefahren.«
    »Und welchen Sinn kann das haben? Nach allem, was wir herausbekommen haben, ist der Mann so unschuldig wie ein Baby.«
    »Bei uns ist er auch ein unbeschriebenes Blatt. Nix gespeichert.«
    »Und hat euch das Zeug, das diese Dorn abgeschleppt hat, nicht weitergebracht?«
    »Ihre Leute sortieren noch. Aber wenn sie bisher etwas gefunden hätten, hätte ich ihr Freudengeheul gehört. Sie hat ihr Büro genau gegenüber.«
    Die Kellnerin brachte die Getränke. Als sie Mager den Cappu und einen Grappa servierte, beugte sie sich so weit vor, dass der Bärtige den Inhalt ihres BHs begutachten konnte. Seht her, was ich habe! Zu seiner Zeit wären die Mädels in diesem Alter nicht so offenherzig herumgelaufen. Reines Kalkül, vermutete er. Jede tiefer der Einblick, desto höher das Trinkgeld.
    »Mann, was bist du für ein geiler alter Sack!«, sagte Lohkamp, kaum dass sie wieder unter sich waren. »Dem jungen Mädchen so offen in die Wäsche zu schielen.«
    »Dann soll sie sich doch richtig anziehen, wenn sie zur Arbeit geht«, verteidigte sich Mager, merkte

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