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Achsenbruch

Achsenbruch

Titel: Achsenbruch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard Junge
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redaktioneller Auftrag. Gott bewahre! – Schwerer Einbruch? Warte …«
    Diesmal ein fragender Blick auf Simone: »Habt ihr wenigstens Handschuhe angehabt? Ja? Die ganze Zeit?«
    Simone nickte heftig und der Kameramann gab das Mikro seines Telefons wieder frei: »Nein, keine Ahnung, was er im Garten wollte. Blumen gießen? – Ich verarsche dich nicht. In der ganzen Wohnung kann es keine Fingerabdrücke geben. In der Kanzlei vielleicht, aber da waren wir heute Mittag ganz offiziell. – Morgen früh? In Ordnung.«
    Mager drückte das Gespräch weg und wischte sich mit einer unbenutzten Serviette den Schweiß von der Stirn: »Der traut uns auch nicht über den Weg. Zahlen?«
    Sie nickte.
    »Wohin soll ich dich bringen? Nach Höntrop?«
    »Ja. Aber … !«
    »Was ist?«
    »Hast du einen Zweitschlüssel für Kalles Auto?«
    »Muss im Büro liegen. Wieso?«
    »Der Golf steht in Hattingen auf dem Marktplatz!«
    »Guter Platz!«
    »Eben nicht.«
    »Wieso?«
    »Morgen ist Mittwoch.«
    »Weiß ich doch.«
    »Aber nicht, dass in Hattingen morgen Markttag ist. Die schleppen die Kiste ab!«
    »Falsch! Markttage sind der Samstag und der Dienstag!«
    »Sicher?«
    »Ja!«
    »Schwörst du’s?«
    »Ja!«
    »Beim Leben deiner Kinder?«
    Mager atmete tief durch, dann hatte er sich entschieden.
    »Ja!«
    Mit etwas Glück hatte er am nächsten Tag zwei Sorgen weniger.
    27
    Kalle Mager ging es zur selben Zeit gar nicht gut – und das lag nicht allein daran, dass er Hunger hatte, unter Durst litt und jetzt gern eine von den Harten geraucht hätte, mit denen sein Vater seit fast vierzig Jahren erfolglos Selbstmord beging. In Hattingen den falschen Bullen in die Hände zu fallen, war schlimmer als Hunger, Durst und Raucherhusten zusammen.
    »Hände hoch, Polizei!«
    Einige Sekunden lang hatte Kalle wie gelähmt dagestanden und die Mauer vor sich angestarrt. Das Adrenalin, das ihn soeben noch angetrieben hatte, war urplötzlich verbraucht. Jetzt haben sie mich am Arsch, dachte er. Seine Knie wurden weich und ihm fehlte sogar die Kraft, die Arme in die Luft zu strecken. Doch dann glaubte er zu hören, wie sich hinter der Friedhofsmauer Simones Schritte entfernten, bis sie im entfernten Rauschen der Hauptstraße untergingen. Wenigstens das hatte geklappt.
    »Nehmen Sie endlich die Hände hoch!«
    Ach du Scheiße! Diese Stimme kannte er – auch wenn er sie zum letzten Mal vor sieben oder acht Jahren gehört hatte. Das war Haggeney! Dieses hirnlose Muskelpaket, das zusammen mit dem fetten Lusebrink Streife gefahren war und ihn schon einmal hochgenommen hatte. Blöd genug, um am Straßenrand gegen den Wind zu pissen. Warum musste gerade der heute Dienst haben?
    Kalle hob endlich die Arme und registrierte, wie sich ihre Schatten an der Mauer abzeichneten.
    »Einen Schritt weitergehen, Hände an die Mauer, Füße auseinander!«, schrie jetzt eine andere, deutlich höhere Stimme.
    Mann, durchzuckte es Kalle, selbst dazu ist Haggeney zu blöd – jemanden den Adler machen zu lassen.
    »Wird’s bald!«, kläffte die zweite Stimme und neben Kalles Schatten tauchte ein zweiter auf – etwas kleiner und deutlich schmaler als er selbst. Zwei heftige Fußtritte trafen erst den linken, dann den rechten Innenknöchel und anschließend tasteten ihn flinke Finger routiniert nach Waffen ab. Aber als die Hände seine Körpermitte erreichten, hielten sie an, tasteten nach den Bällchen und drückten sie kräftig zusammen. Unwillkürlich schrie Kalle auf und hinter ihm ertönte ein meckerndes Gelächter: »Was für ein Weichei! Okay, jetzt nimm langsam die Wichsgriffel von der Wand und halt sie hinter den Rücken!«
    Kalle schaffte die Übung, ohne mit dem Kopf gegen die Mauer zu prallen, und spürte, wie der Schreihals ihm die eisernen Ringe um die Handgelenke legte. Er zog sie so eng zusammen, dass es schmerzte.
    »Und jetzt dreh dich um!«
    Nun erst polterte Haggeney die Gartentreppe herunter und kam auf den Festgenommenen zu, ohne dessen Augen von dem beißenden Strahl der Taschenlampe zu erlösen: »Wen haben wir denn hier?«
    »Mich«, sagte Kalle und der schmale Typ rammte ihm die Faust dicht unter den Solarplexus. »Mehr Respekt, Freundchen! Also, wer bist du?«
    Kalle richtete sich mühsam wieder auf und musste erst tief Luft holen, um den Schmerz zu verdauen und wieder reden zu können: »Mager, Karl-Friedrich, geboren am …«
    »Falsch!«, rief der Giftige und schlug erneut zu – diesmal ein Stück tiefer, direkt auf den Magen. Kalle sah die

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