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Achsenbruch

Achsenbruch

Titel: Achsenbruch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard Junge
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verneinte.
    »Au Backe! Missbraucht?«
    »Noch schlimmer!«, grinste die Pommesbude. »Sein Alter ist Kommunist!«
    Er schlug Kalle auf die Schulter, rief: »Macht es gut, Jungs!«, und trat den Heimweg an.
    »Dann wollen wir mal«, sagte einer der Beamten hinter dem Tresen und begann, Kalles Personalien aufzunehmen, die er mit zwei Zeigefingern in den Computer tippte.
    »Ich brauche einen Arzt!«, sagte Kalle. »Der soll meine blauen Flecken attestieren.«
    »Blaue Flecken?«, sagte der Polizist und blickte in Kalles Gesicht. »Bist etwas blass, mein Freund. Solltest etwas mehr an die Sonne gehen. Aber blaue Flecken kann ich keine sehen.«
    Zwanzig Minuten später lag Kalle in einer kahlen Zelle. Er hatte Hunger, litt an Durst und hätte gern eine von den Harten geraucht, mit denen sein Vater seit fast vierzig Jahren die Nichtraucher vergiftete. Dank der Gummibärchen, die er widerwillig geschluckt hatte, war zumindest der eklige Geschmack in seinem Mund verschwunden und die Magenschmerzen spürte er schon fast gar nicht mehr. Stattdessen brannte in seiner Seele echtes Schamgefühl. Er hatte Beißners Sekretärin ausgetrickst und ausgenutzt – und sie hatte am Ende mit ihm echtes Mitleid gezeigt. Wenn er wieder draußen war, würde er ihr einen dicken Blumenstrauß bringen. Mit diesem Gedanken schlief er endlich ein.

Mittwoch
    28
    Als Lohkamp um drei Minuten vor acht das Bochumer Polizeipräsidium betrat, befand er sich noch in einer ungewohnten Hochstimmung. Gabi war am Abend zuvor angenehm überrascht gewesen: Endlich einmal war er deutlich früher zu Hause erschienen, als er es angekündigt hatte. »Braver Mann«, hatte sie gesagt, den Fernseher ausgeschaltet und den Tisch auf dem Balkon gedeckt. Wie in ihren romantischen Zeiten hatten sie bei Kerzenlicht und Rotwein draußen diniert, sich völlig entspannt und in alter Vertrautheit über Tochter, Enkel und ihr Leben nach seiner Pensionierung unterhalten – und anschließend ihren verkümmerten Hormonhaushalt ganz zärtlich auf einen akzeptablen Stand gebracht …
    Und heute zeige ich Püppi Dorn mal, wo der Hammer hängt.
    »Vorsicht, Kollege, dürfen wir mal?«
    Mehrere uniformierte Beamte führten zwei junge Männer in Handschellen herein – offenbar auf dem Weg zur Vernehmung. Dunkle Haut, schwarze Haare, der eine bartlos und bekleidet mit Jacke, T-Shirt und Jeans, der andere mit lang wucherndem Bart, einer weißen Strickmütze und einem Gewand, das Lohkamp unwillkürlich an die Nachthemden seines Vaters erinnerte. Dem zerknitterten Zustand nach zu urteilen, hatten sie in dieser Kleidung in den Arrestzellen des Neubaus übernachten müssen.
    »Ja, bitte. Viel Spaß auch!«
    Diese flapsige Bemerkung trieb dem Käppiträger Blitze in die Augen: »Sollen wir mal tauschen, mein Herr? Dann wissen Sie, was Spaß ist!«
    Bevor der Hauptkommissar reagieren konnte, zerrten die begleitenden Beamten so heftig an den Handschellen, dass der Festgenommene ins Taumeln geriet.
    Lohkamps Geste der Entschuldigung bekam er nicht mehr mit.
    »Was Besonderes heute?«, fragte er den Kollegen in der Pförtnerloge. Der hielt ihm nur wortlos die neue Ausgabe des 24-Stunden-Reports hin, der jeden Polizisten morgens mit aktuellen dienstlichen Nachrichten versorgte. Die Überschrift reichte, um Lohkamp die gute Laune zu verderben: Großeinsatz! Fünf Festnahmen in drei Moscheen!
    Verdammt, dachte er, Dorn macht ernst. Und als er zehn Zeilen gelesen hatte, wusste er, wo und mit wem die große Frau am Abend zur selben Zeit wie er ein Date gehabt hatte. Elmar Flenner, der Polizeipräsident, war bei dem Einsatz dabei gewesen und hatte dafür gesorgt, dass er neben der Sphinx aufs Foto kam.
    Oben im Büro studierten Klemm und Hardenberg dieselbe Postille. Lohkamp wollte schon mit einer respektlosen Bemerkung über die Publicity-Geilheit des Präsidenten beginnen, da entdeckte er den gelben Zettel auf seinem Schreibtisch: Zum PP kommen. Sofort!
    »Weiß einer von euch, was los ist?«
    Sie schüttelten einträchtig den Kopf und Klemm erklärte: »Seine Tippse hat gerade angerufen. Ist wohl eilig.«
    »Sehe ich!«
    »Vielleicht hat es ja etwas mit der Razzia bei den Moslems zu tun«, sagte Klemm. »Ist ja vielleicht doch etwas dran.«
    »Woran?«
    »An dem, was Dorn gestern vermutet hat.«
    »Das hat sie sich vermutlich als Ferndiagnose im Hubschrauber ausgedacht!«, hörte Lohkamp sich sagen.
    »Aber die Fakten stimmen doch.«
    Lohkamp sah Kathrin nachdenklich an. So eine gute Polizistin,

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