Achsenbruch
würde.«
»Also war die ganze Aktion für die Katz?«, kam es aus Magers Ecke.
»Bin noch nicht fertig, wartet’s ab.«
In der Zwischenzeit war Simones Laptop hochgefahren und startklar. Mager lag noch ein böser Kommentar auf der Zunge, doch Susanne kannte ihn zu gut – und brachte ihn mit einem drohenden Blick zum Schweigen, als er den Mund gerade öffnen wollte.
»Ich habe mich dann durch die unverschlüsselte Partition geackert. Hauptsächlich altes Zeug. Briefwechsel mit dem Jugendamt und dem Familiengericht wegen des Sorgerechts für die damals elfjährige Tochter, Korrespondenz mit einem Makler, als Beißner sich für das Haus interessierte, in dem er jetzt seine Kanzlei hat. Etliche sterbenslangweilige Standardschreiben. Ich kann euch den Kram gleich gern rüberkopieren, damit ihr alles selbst noch mal durchsehen könnt.«
Susanne konnte ihre Enttäuschung kaum verbergen: »Ja, das wäre gut. Danke für die Mühe und vor allem, dass du bei dieser Aktion überhaupt mitgemacht hast.«
Jetzt endlich stahl sich ein Funkeln in Simones Augen: »Tja, eigentlich bin ich immer noch nicht fertig. Schaut euch das mal an.«
Sie ließ den Cursor durch diverse Ordner und Unterordner mit Jahreszahlen hüpfen. Großformatig öffnete sich das Bild der Oberbürgermeisterin am Strand des Lago Maggiore. Palmen im Hintergrund, blaues Wasser. Sonnenschein im bunt geblümten Bikini mit den Knöcheln im Wasser. Burn-out-Furchen im Gesicht, schlaffere Brüste, Orangenhaut auf den Oberschenkeln.
»Verdammt! Willst du, dass ich blind werde? Oder dass mein Herzschrittmacher aussetzt?« Mager presste seine rechte Hand an seine linke Brust und griff mit der anderen nach den Filterlosen.
»Fünf Euro für die Chauvi-Kasse!«, meldete sich Susanne und deutete auf ein pinkfarbenes Sparschwein, das an der Grenze zwischen Karins und ihrem Schreibtisch parkte. »Und stell dich mal nackt vor einen Ganzkörperspiegel. Sonnenschein und du seid ja ein Jahrgang. Und da sieht die OB im Vergleich zu dir noch richtig frisch aus!«
Mager schluckte und suchte nach einer passenden Erwiderung. Als ihm nichts einfiel, zog er mit gequältem Lächeln sein Portemonnaie und bezahlte.
»Harte Sitten hier«, meinte Sim.
»Wenn du fast dreißig Jahre mit solch einem Lüstling zusammenarbeiten musst.«
»Klar«, sagte die Computer-Expertin und öffnete einen anderen Ordner. »›Lüstling‹ ist übrigens das richtige Stichwort. Guck mal, Klaus, dieser Ordner wird dir besser gefallen.«
Simone klickte sich durch die Fotos. Aufnahmen aus einem funktionalen Schlafzimmer. Schwarz schimmernde Bettwäsche auf einer großen Spielwiese. Mit Plüsch besetzte Handschellen. Diverse Spielzeuge.
»Boah, ey!«, machte der Bärtige.
»Kommt noch besser – extra für dich!«
Das nächste Foto zeigte zwei straffe Brüste in rot gerüschter Verpackung. Klick. Ein Knackarsch, der offenbar zu dem Busen gehörte. Klick. Endlich eine Totale auf die Frau.
»He! Die kenne ich doch«, meldete sich Mager und steckte sich endlich seine Kippe an, obwohl Susanne – eher halbherzig – protestierte. Genüsslich lehnte sich der Kameramann in seinem Bürostuhl zurück. »Das ist doch diese stellvertretende Bürgermeisterin. Wie heißt die noch? Tittenberg?«
»Tenberge«, korrigierte die Chefin. »Und noch fünf Euro!«
»Was meint ihr?«, fragte der Bärtige, während er die Geldbörse zum zweiten Mal öffnete. »Wollte der Beißner die Frau mit den Fotos erpressen?«
»Glaub ich kaum«, kicherte Simone.
Mager heuchelte Verwirrung: »Aber was wollte er denn sonst damit?«
Die Antwort kam von beiden Frauen gleichzeitig: »Sich einen runterholen!«
32
Nach dem kleinen Triumph über die arrogante Dame aus Karlsruhe hätte Lohkamp sich am liebsten einen Cognac gegönnt – aber so früh am Tag soff man eigentlich nur bei der Sitte und im Staatsschutz. Also ließ er sich die Ermittlungsakte bringen.
Beim Blättern hörte er mit stiller Schadenfreude, dass Dorn ein paar Leute aus der Sonderkommission zusammentrommelte und mit ihnen in Richtung Hattingen verschwand. In Beißners Privatwohnung würden sie von der Tiefkühltruhe bis zum Müllsack alles durchs feinste Sieb jagen, um irgendetwas zu finden, was sich als Spur verkaufen ließ.
Dann fielen ihm die beiden muslimischen Männer wieder ein, die am Morgen in Handschellen hereingeführt worden waren. Eigentlich hätte Dorn doch in aller Frühe ein paar Kommandos losschicken müssen, um deren Wohnungen, Garagen,
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