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Achsenbruch

Achsenbruch

Titel: Achsenbruch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard Junge
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Keller und Dachböden zu durchsuchen.
    »Wieso geht die nur zuerst auf Beißners Hütte los?«, dachte er laut. »Wenn irgendeiner heute die Zeit braucht, um Beweise wegzuschaffen, dann doch eher die Familien dieser Muslime – sofern sie etwas mit Terror zu tun haben.«
    Klemm kaute grübelnd an einem Stift, aber Hardenberg nickte: »Habe ich mich auch schon gefragt. Soll ich mal rübergehen?«
    »Mach!«
    Der lange Kerl mit den ultrakurzen Haaren verschwand. Lohkamp blätterte weiter, konnte sich aber nicht auf die Berichte konzentrieren. Magers Sohn fiel ihm ein. Offiziell wusste er noch gar nichts von dessen Festnahme und die Sphinx sogar de facto nichts. Aber wenn sie von dem Einbruch erfuhr, würde sie toben. Hoffentlich blieb der Bursche cool, wenn Dorn ihre Bluthunde auf ihn hetzte. Und falls sie herausbekam, dass Lohkamp schon von dem Einbruch gewusst hatte, würde sie ihm in die Waden beißen und sich dann langsam nach oben vorarbeiten.
    Die Tür wurde aufgestoßen.
    »Meine Güte, was sind die bekloppt!«, stöhnte Hardenberg. »Bieten diesen türkischen Jungs zum Frühstück Schinkenbrötchen an! Und die sind jetzt erst einmal beleidigt, verstehen kein Deutsch mehr und warten auf Anwälte und Dolmetscher.«
    »Kommt diese Frau mit dem Superexamen? Dilek – äh, Dingelskirchen?«, fragte Lohkamp. Die schmale Deutschtürkin hatte schon so manchem altgedienten Prozesshasen die Ohren abgeschnitten, bevor dieser überhaupt das Messer gesehen hatte.
    »Seminoglu«, grinste Hardenberg, »vertritt den jüngeren Kerl, ist aber noch im Termin. Und der mit dem Nachthemd will sich nicht von einer Frau verteidigen lassen. Sein Anwalt muss erst aus Duisburg kommen.«
    »Und die ganze Chose liegt auf Eis?«
    »Keineswegs. Die Festgenommenen sitzen am Fenster und sollen wohl in der Sonne weichgekocht werden.«
    »Bin gespannt. Die Jungs sahen mir nicht wie Weicheier aus. Und jetzt auf, Freunde! Was Dorn kann, dürfen wir auch. Wir nehmen uns Sonnenscheins Musterhaus vor.«
    »Das ist doch von den Statikern noch nicht freigegeben worden.«
    »Wir versuchen’s mal. Wenn die Bruchbude bis heute Morgen nicht eingestürzt ist, wird sie auch noch ein paar Stunden länger halten.«
    Das kleine Tal, an dessen Ende Sonnenscheins Haus stand, sah so friedlich aus wie an jedem anderen Sonnentag. Erst als Hardenberg seinen Astra über den schmalen Weg zum Wendehammer hochscheuchte, tauchte vor den Polizisten die vom Ruß geschwärzte Fassade auf und verdarb die Illusion von der Idylle am Rande der Großstadt.
    Doch etwas Gutes sah Lohkamp beim Blick auf den Tatort: Handwerker ersetzten die fehlenden Ziegel auf Sonnenscheins Dach.
    »Na bitte!«, triumphierte er. »Wenn diese Jungs bedenkenlos da oben herumhämmern, können wir uns auch in der Wohnung umsehen.«
    »Ich ahne es schon«, meinte Hardenberg halb bissig, halb resignierend. »Nächstes Jahr sitzen Sie als Wahrsager in einem Kirmeszelt.«
    Im Wendehammer angekommen, entdeckten sie hinter dem Lieferwagen der Handwerker auch den Streifenwagen der Objektsicherung. Das EN auf dem Nummernschild ließ ihn Böses ahnen. Die Türen auf der Beifahrerseite des Passats waren weit geöffnet und der Sprechfunk der Einsatzleitung auf volle Pulle geschaltet. Die beiden Kollegen von der Schutzpolizei ruhten mit aufgerollten Ärmeln im Schatten einer mächtigen Trauerweide und verdauten bewegungslos ihre erste Portion Pommes. Den kantigen Haggeney erkannte der Kommissar sofort. Aber der Neue neben ihm schien auch nicht zum Club der Hochbegabten zu gehören.
    »Hat’s geschmeckt?«, fragte Lohkamp und stupste mit der Schuhspitze demonstrativ auf die herumliegenden Verpackungsmaterialien.
    Die Uniformierten grunzten zufrieden.
    »Und wer passt auf, dass im Haus keine goldenen Löffel geklaut werden? Der liebe Gott?«
    »Genau!«, bestätigte Haggeneys Partner erfreut und hob den Kopf so weit, dass er Lohkamp anschauen konnte. »Das hat er uns versprochen!«
    Hardenberg kniff die Augen zusammen und holte tief Luft, um den faulen Gestalten auf der Wiese einen Spruch zu drücken, doch der Hauptkommissar winkte ab: »Lass sein. Solange sie nachher den Müll einsammeln.«
    Haggeney glotzte ihn an, als hätte er von ihnen einen dreifachen Salto rückwärts verlangt.
    Vorsichtig betraten die drei Kommissare das Haus. Offenbar war das alte Gemäuer innen völlig entkernt und dann neu gestaltet worden. Eigentlich ein Schmuckstück. Aber jetzt knirschten unter ihren Füßen Hunderte Splitter von

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