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Achsenbruch

Achsenbruch

Titel: Achsenbruch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard Junge
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und er sie vielleicht zwei oder drei Mal. Sie hat in Frankreich studiert und ansonsten bei ihrer Mutter gewohnt.«
    »Wer dann?«
    Sonnenschein deutete auf die Fotos: »Vielleicht Lina.«
    »Und warum sollte sie solche Fotos machen oder in Auftrag geben?«
    Sie zuckte die Achseln: »Macht für mich auch keinen Sinn.«
    »Eigentlich ein prima Mordmotiv.«
    »Ja? Für mich nicht.«
    Lohkamp beugte sich vor: »Aber wie hätte Tenberge unbemerkt eine solche Apparatur aufbauen können?«
    Sonnenschein lächelte: »Sie war Anfang des Jahres ein paar Wochen von ihrem Mann getrennt. Kleine Ehekrise. Ich selbst habe Lukas gebeten, ihr die Wohnung als Notunterkunft zu überlassen – als Hilfe unter Parteifreunden.«
    Sie lachte kurz auf, als wäre ihr bewusst geworden, etwas Dummes getan zu haben.
    »Und?«
    Sonnenschein sah Lohkamp an: »Lina hat die Schlüssel nie zurückgegeben.«
    39
    Der große Parkplatz am Dortmunder Zoo war nachts einer der einsamsten Orte in der Bierstadt. Auf drei Seiten wurde er von Grünanlagen umgeben und jenseits der engen Zufahrtsstraße erhoben sich auf der vierten Seite die Gebäude mehrerer Seniorenwohnheime, vor denen nach dem letzten Schichtwechsel des Personals jegliches Leben erlosch.
    An diesem Mittwoch bog einige Minuten vor Mitternacht eine schwarze Limousine von der Herdecker Straße in Richtung Zoo ab. Ohne das vorgesehene Tempolimit von dreißig Stundenkilometern zu überschreiten, glitt sie fast lautlos bergab und überquerte vorsichtig die einspurige Bahnstrecke zwischen Hörde und Herdecke. Am Ende einer sanft geschwungenen Rechtskurve hatte der Wagen den Parkplatz erreicht. Dessen weitläufiges Areal war auf der südlichen Hälfte gut einsehbar, aber auf der dem Zoo zugewandten Seite durch Bäume und Hecken in mehrere große Parkbuchten unterteilt, die alles, was hier passieren konnte, jedem Blick von der Straße aus entzog.
    Der schwarze BMW steuerte erst die vorletzte Einfahrt an. Der Fahrer zog den Wagen fast bis zum Ende der Parkbucht durch, wo er wendete und die Scheinwerfer auf Standlicht dimmte. Die hinteren Türen des Wagens öffneten sich und drei Männer glitten heraus. Sie liefen gute dreißig Schritte in Richtung Einfahrt zurück und schoben sich dann im Abstand von jeweils mehreren Metern so tief zwischen das Blattwerk der Büsche, dass sie selbst zwar alles beobachten, aber von niemandem entdeckt werden konnten.
    Eine gute halbe Stunde lang geschah nichts. Keiner der ausgestiegenen Männer regte sich, kein Feuerzeug flammte auf. Auch im Inneren des wartenden Wagens bewegte sich nichts. Nur die beiden abgedämpften Scheinwerfer glommen matt vor sich hin.
    Nach einer Weile konnten die Männer zwischen den Büschen die Geräusche, die zu ihnen herüberdrangen, unterscheiden. Von der Chaussee, die nach Herdecke führte, und von der Zillestraße, die Hombruch und Wellinghofen miteinander verband, drang hin und wieder das Auf- und Abschwellen von Automotoren herüber. Die folgende Stille wurde nur gelegentlich unterbrochen, wenn im nahen Zoo ein paar aus dem Schlaf geschreckte Vögel und Affen schrien.
    Keines dieser Geräusche schien die Wartenden zu beunruhigen. Und wenn sie das bewegungslose Warten ungeduldig machte – niemandem hätte man es ansehen können.
    Um kurz nach halb eins änderte sich die Situation. Einer der Wagen oben auf der Hauptstraße schien sehr plötzlich abgebremst zu werden. Ein paar Herzschläge lang hörte man gar nichts, bis das Summen eines Motors rasch näher kam. Und plötzlich lag der breite Fahrstreifen in der Mitte des Areals im hellen Scheinwerferlicht. Der Wagen bog in die vorletzte Bucht ein und näherte sich langsam dem wartenden Fahrzeug. Zwanzig Meter vor ihm hielt er an. Nun wurde auch in dem BMW das Abblendlicht eingeschaltet. Fast gleichzeitig schwangen die beiden Fahrertüren auf.
    »Ronaldo?«, fragte es von rechts.
    »Si«, antwortete es von links.
    Nun öffneten sich auch die Beifahrertüren und auf jeder Seite betrat ein weiterer Mann das Pflaster.
    »Fertig?«
    »Si, amigo!«
    Wie nach einem festgelegten Ritual bewegten sich die Beifahrer aufeinander zu und trafen sich in der Mitte. Beide trugen einen schwarzen Koffer und legten ihre Last in derselben Sekunde vor sich auf den Boden.
    »Zeigen«, forderte Ronaldos Begleiter.
    Der Namenlose bückte sich und öffnete sein Köfferchen. Es war mit mehreren Lagen weißer Beutel gefüllt. Der andere Mann ging in die Hocke. Er hob einen der Beutel von weiter unten heraus, riss

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