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Achsenbruch

Achsenbruch

Titel: Achsenbruch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard Junge
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ihn auf, befeuchtete seinen Zeigefinger und steckte ihn in das Plastiksäckchen. Eine Prise des weißen Pulvers blieb an seinem Finger kleben. Er berührte sie prüfend mit den Lippen und verrieb sie danach sanft auf seinem Zahnfleisch.
    »Zufrieden?«
    Ronaldos Begleiter nickte.
    »Und jetzt du!«
    Der zweite Koffer wurde geöffnet. Er war mit sorgsam gebündeltem Geld gefüllt. Der Pulverlieferant bückte sich nun ebenfalls und hob einige der Päckchen an, um sicher zu sein, dass unter den echten Scheinen nicht nur wertloses Papier lag.
    »Ausgezeichnet«, sagte er laut – und warf sich im selben Moment zur Seite flach auf den Boden.
    Ronaldos rechte Hand zuckte zur Hüfte und auch sein Begleiter versuchte noch, seine Waffe zu ziehen. Aber da bellten in den Büschen bereits mehrere Schüsse auf. Ronaldo und sein Kumpel stürzten aufs Pflaster. Während der Kofferträger der BMW-Besatzung beide Behälter einsammelte und sich zum Wagen zurückzog, traten die Männer aus den Büschen heraus. Einer von ihnen sah nach, ob die Getroffenen noch lebten. Dann setzte er seine Waffe in Ronaldos Genick und feuerte einen weiteren Schuss ab. Der Mann zuckte noch einmal und blieb dann reglos liegen.
    Nun rollte der BMW heran, die Pistolenmänner stiegen ein und der Wagen entfernte sich in Richtung Hauptstraße – leise und ohne die zulässige Geschwindigkeit zu überschreiten. Der andere Wagen und die beiden Toten wurden erst in der Morgendämmerung von einem Jogger entdeckt.

Donnerstag
    40
    »Alle Eingänge des Zielobjekts sind frei!«, quäkte es um Punkt sechs aus dem Lautsprecher.
    »Einsatz!«, forderte Dorn.
    Der Leiter des Sondereinsatzkommandos nickte und drückte auf die Sprechtaste seines Mikrofons: »An alle. Drei, zwei, eins – Angriff!«
    Die Wagenkolonne preschte los und bog mit Blaulicht in die Girondelle ein. Rechts flogen mehrere konventionell konstruierte Wohnhäuser mit drei oder vier Stockwerken an den Wagenfenstern vorüber, links zuerst die katholische Kirche und der Kindergarten. Danach kam das Terrassenhaus.
    Dieses Ungetüm erinnerte entfernt an die verschachtelten Wohnburgen der Indianer bei Taos in New Mexico. Die Bochumer Variante enthielt mehr als zweihundert Wohnungen und ebenso viele Keller, die über vier verschiedene Eingänge erreichbar und alle durch scheinbar endlose Flure miteinander verbunden waren.
    Vor dem letzten Eingang stoppten die Fahrzeuge. Die Türen flogen auf und fast zwei Dutzend vermummter und bewaffneter Gestalten sprangen heraus. Zehn von ihnen stürmten nacheinander auf den breiten Hauseingang zu. Der erste Mann stieß die Tür aus Verbundglas auf und hielt sie den Nachfolgenden von innen auf. Die ersten sechs liefen über die Treppe zur zweiten Etage hinauf, die anderen in den Keller hinab. Nun bildeten sechs weitere Bewaffnete eine lockere Kette auf dem Bürgersteig und beobachteten, die schussbereiten Maschinenpistolen leicht angehoben, die Balkone zwischen den Hausnummern 84 und 86. Erst jetzt hielt ein weiterer Wagen vor dem Haus, dem vier Zivilisten entstiegen; eine junge, sehr große Frau und drei Männer hasteten auf die Haustür zu. Im zweiten Stock holten sie die nach oben gestürmte Sechsergruppe ein.
    »Scht!«
    Mit einem Spiegel spähte der Anführer der Gruppe in den Flur, der vom Schummerlicht nur schwach ausgeleuchtet wurde. Alles leer, kein Feind in Sicht! Ein Schwenk mit dem Lauf seiner Maschinenpistole, und seine Kollegen hetzten an ihm vorbei. Sekunden später hatten sie die zweite Wohnung auf der Rückseite des Gebäudes erreicht – noch immer ohne jeden Widerstand. Misstrauisch starrten sie auf die Tür. Lauerten dahinter islamistische Terroristen? Angst. Herzklopfen. Kräftiges Durchatmen. Konzentration auf den Höhepunkt.
    »Jetzt!«
    Mit Gebrüll brachen die Männer durch die Tür. Das Holz splitterte, Glas klirrte, Metall schepperte. Sie preschten vorwärts in die ihnen vorher zugewiesenen Räume. Traten auch diese Türen ein und folgten den Läufen ihrer Maschinenpistolen: »Keine Bewegung! Liegen bleiben! Polizei!«
    Eine Frau schrie auf, eine Kinderstimme folgte:
    »Neiiiiiiiiiiiiiin!«
    »Schnauze! Auf den Boden! Gesicht nach unten! Hände zur Seite! Keine Bewegung!«
    Der Lärm und die gebrüllten Befehle der Männer waren bis auf den Flur zu hören. Als die Schreie endlich verstummten, hörte man immer noch das Weinen des Kindes. Da trat der Anführer des Kommandos auf den Gang hinaus: »Alles unter Kontrolle! Keine Gefahr!«
    Dorn betrat

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