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Achsenbruch

Achsenbruch

Titel: Achsenbruch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard Junge
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Geschäfte im Parterre und Wohnungen im ersten Stock. Ein Dutzend Menschen auf dem Pflaster – die einen strebten in Richtung U-Bahn-Haltestelle, zwei Frauen führten ihre Hunde aus. Alles normal. Was hier oben vor sich ging, bekam niemand von dort aus mit.
    »Ach du Scheiße!«, entfuhr es Lohkamp plötzlich und er musste grinsen.
    »Was ist scheiße?«, fragte die Sphinx und trat zu ihm hinaus auf den Balkon. Ein Blick genügte, um zu sehen, was zu sehen war: Die Postenkette stand unter den Balkonen auf der falschen Seite des Hauses. Die Sphinx hatte wieder mal etwas übersehen.
    »Gute Planung«, sagte er und sah Dorn spöttisch an. Das Gesicht der Bundesanwältin schimmerte rötlich wie bei einer Schülerin, die man beim Mogeln erwischt hatte.
    »Shit happens«, sagte Dorn schließlich und ging zur Tagesordnung über. »Wir wollen uns jetzt den Keller ansehen! Wenn Sie so freundlich wären, mitzukommen?«
    Er tat ihr den Gefallen.
    Elena Tarik hatte ihre Tochter inzwischen angekleidet und unter Aufsicht einer Nachbarin übergeben: »Bringst du sie in die Kita?«
    »Klar!«
    »Geh schön mit, Amira. Es ist alles wieder gut. Die Männer gehen gleich weg! Und ich komme rüber, sobald ich kann.«
    Dann ging es los. Vier Bewaffnete voran, danach Elena Tarik, dicht hinter ihr Dorn und ihre Gehilfen, Lohkamp wieder am Schluss. Was bin ich froh, dass ich aus diesem Laden bald raus bin …
    Der lange, düstere Gang stank nach Pisse. Auf dem Boden verteilt leere Coladosen, Einwickelpapier, Zigarettenkippen, in einem Winkel zwei gebrauchte Kondome. In regelmäßigen Abständen waren morsch wirkende Gittertüren in die Seitenwände eingelassen, sodass man in jeden Verschlag bequem hineinleuchten konnte.
    »Niemand da!«, meldete einer der Beamten, die an den Zugängen auf Wache standen. »Wir haben alles überprüft.«
    »Danke«, sagte Dorn und wandte sich an Frau Tarik: »Ihr Keller hat die Nummer 311?«
    Die Frau nickte.
    »Öffnen Sie!«
    Tarik zog einen Schlüsselbund aus der Jeanstasche, blieb aber überrascht stehen: »Das Schloss da ist ganz neu. Ich glaube nicht …«
    »Öffnen!«
    Sie versuchte es – aber vergeblich.
    »Hat Ihr Mann das Schloss vielleicht ausgetauscht? Und vergessen, Sie zu informieren?«
    Die Frau zog die Schultern hoch: »Wir sind seit Wochen nicht im Keller gewesen. Hier steht nur wertloses Zeug. Sie sehen doch selbst, dass hier nichts sicher ist.«
    Ohne weitere Erklärung deutete sie auf die gegenüberliegende Tür. Sie war wie etliche andere aufgebrochen. Die Latten aus Billigholz waren über vierzig Jahre alt und spröde. Ein kräftiger Stoß reichte, um die Schrauben der Scharniere aus dem Holz zu lösen.
    Eine Kopfbewegung – dann trat einer der Beamten gegen die Tür und auch Tariks Verschlag lag offen vor ihnen. Soweit Lohkamp von seinem Platz aus sehen konnte, gab es darin eine morsche Stellage mit ein paar Umzugs- und Bananenkisten, einen ausrangierten Fernseher, zwei gut gefüllte blaue Plastiksäcke, abgefahrene Autoreifen, Malerutensilien und jede Menge Staub.
    »Anfangen!«
    Der Raum wurde aus verschiedenen Winkeln fotografiert, dann machten sich Dorns Leute ans Werk. Sie brauchten gerade mal fünf Minuten, dann hatten sie den Inhalt der diversen Behältnisse untersucht. Jetzt gingen sie die blauen Müllsäcke an. Im ersten fanden sie abgetragene Arbeitskleidung, die zum Teil mit Öl verschmiert war, ein paar alte Pullover und Jacken und einige verschmutzte Handtücher, alles Zeug, in dem bereits ein Stamm Motten gewütet hatte. Dann öffneten sie den zweiten Sack – und wichen zurück.
    »Dennis!«, schrie einer der Männer.
    Aus der Gruppe der Vermummten löste sich jemand und trat vorsichtig an den Sack heran. Er schob das Visier seines Helms zurück und spähte hinein: »Na, so was! Alte Bekannte, aber lange nicht mehr gesehen!«
    Er zog einen grauen Karton heraus, etwa so groß, dass man ein paar Schuhe für Erwachsene darin transportieren konnte. Er enthielt fünf, nein sechs grau-braune Rollen, die wie etwas zu groß geratene Neujahrskracher aussahen.
    »Dynamit!«
    »Das hat irgendjemand da deponiert!«, rief Elena Tarik. »Wir haben nichts damit zu tun!«
    »Bringt sie nach oben«, befahl Dorn, ohne den Sprengstoffexperten aus den Augen zu lassen. Der legte das Kistchen wieder an seinen Fundort zurück: »Fotografieren! Und holt eine Transportbox!«
    Alles zog sich aus dem Raum zurück und wartete ab. Die Sphinx trat an Lohkamp heran und beugte sich zu ihm hinunter,

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