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Achsenbruch

Achsenbruch

Titel: Achsenbruch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard Junge
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eine Spur von Triumph in den Augen: »Was habe ich Ihnen gesagt?«
    Der Hauptkommissar sah sie an und verzog die Mundwinkel. Seit Jahren wurde dieses Zeug kaum noch benutzt. Schöner tschechischer Plastiksprengstoff war besser aufzubewahren und effektiver. Das musste auch Dorn wissen.
    »Na?«, beharrte sie auf einer Antwort. »Geben Sie zu, dass Sie auf der falschen Spur waren?«
    Tariks Aufschrei noch im Ohr, drängte sich ihm ein Verdacht auf, den er sofort wieder verbannen wollte.
    »Glückwunsch«, sagte er schließlich. »Gutes Arrangement!«
    Sie sah ihm in die Augen und wusste, was er meinte.
    »Wir sehen uns später«, zischte sie. »In meinem Büro!«
    Dein Büro, dachte Lohkamp spöttisch. In unserem Präsidium gehört dir nicht mal ’ne Rolle Klopapier.
    41
    Kalle Mager fühlte sich nach seiner zweiten Nacht in den Händen der Polizei verdammt unwohl. Die Knastseife, mit der er sich gewaschen hatte, ging ja noch – aber das Abtrocknen mit einem Stück Recyclingpapier aus dem Handtuchspender empfand er schon als Zumutung. Da er auch keine eigene Zahnbürste bei sich hatte, musste er für die Mundhygiene seinen Zeigefinger und viel Leitungswasser einsetzen – aber das Gefühl blieb, dass er aus dem Hals stank wie eine Kuh aus dem After.
    Misstrauisch musterte er sein schwarzes T-Shirt. Die Flecken, die der Schweiß unter den Achseln hinterlassen hatte, rochen auch nicht wie eine Blumenwiese. Drei Tage dasselbe Hemd zu tragen – widerlich. Und wie es nach zwei Nächten in seiner Unterhose aussah, wollte er lieber nicht erst überprüfen.
    Für jeden Scheiß hat der Alte Zeit, dachte er, während er den letzten Knopf seiner Jeans schloss. Aber auf die Idee, seinem Sohn frische Wäsche in den Knast zu bringen, kommt er nicht mal im Traum. Gibt ja kein Honorar dafür …
    Nach dem Frühstück dachte er allen Ernstes daran, seine Unterwäsche mit dem kalten Wasser in seiner Zelle zu reinigen und sie den Rest des Tages auf dem Rand seiner Koje trocknen zu lassen. Das Rasseln eines Schlüssels in der eisernen Zellentür unterbrach seine Überlegungen.
    »Karl-Friedrich Mager?«
    Kalle brauchte ein paar Sekunden, bis er begriff, wer gemeint war. »Ja!«
    »Mitkommen!«
    »Wohin?«
    Der Beamte sah ihn so schräg an, dass Kalle ahnte, was der Mann am liebsten geantwortet hätte: zum Schafott. Aber stattdessen knurrte er etwas, das wie »Haftprüfung« klang.
    Eine halbe Stunde später landete Kalle zusammen mit drei anderen Typen in einer Wartezelle, die sich im Keller des Bochumer Gerichtsgebäudes befand. Unsanft befreite man die anderen Männer von ihren Handschellen: »Sie werden einzeln aufgerufen!«
    »Und ich?« Anklagend hielt Kalle seine gefesselten Hände hoch.
    »Sie kommen sofort mit!«
    Per Aufzug ging es ein paar Stockwerke höher. Als sich die Fahrstuhltür öffnete, wurde er in einen fensterlosen Raum geschoben. Die einzigen Möbel waren zwei ungepolsterte Sitzbänke, deren Füße fest in den Boden geschraubt waren. Und hier saß bereits Bochums bester Anwalt.
    »Wo sind wir hier?«, fragte Kalle. »Hochsicherheitstrakt?«
    Nagel III lächelte spöttisch: »Sie können stolz sein. In diesem Raum haben schon echte Mafiamörder auf ihre Haftprüfung gewartet. Und eine Etage höher hält der Lift genau neben der Anklagebank im Gerichtssaal für die Terroristenprozesse. Aber so berühmt sind Sie noch nicht!«
    Kalle blickte demonstrativ seinen Aufpasser an, der sich auf der anderen Bank niedergelassen hatte: »Ich hätte lieber allein mit meinem Anwalt gesprochen.«
    »Das müsste der Richter entscheiden«, sagte der Mann in Grün. »Aber ich bin schwerhörig.«
    »Glaube ich gerne«, sagte Kalle. Doch bevor er noch etwas Unhöfliches anfügen konnte, mischte sich der Anwalt ein: »Wir haben eigentlich alles beredet.«
    Kritisch ließ er seinen Blick von oben bis unten über den Mandanten wandern: »Hat Ihr Herr Vater Ihnen keine Kleidung zum Wechseln gebracht?«
    Kalle schüttelte stumm den Kopf.
    »Und etwas Seife, Shampoo und ein Deo wären auch nicht schlecht gewesen.«
    »Sie können mir ja Ihre Soutane leihen.«
    »Robe heißt das. Aber die ist frisch gewaschen. Und ich habe gleich noch zwei andere Termine. Korrekte Kleidung ist Pflicht.«
    Kalle beäugte die locker gebundene Krawatte seines Beschützers und ließ die Augen tiefer wandern: »Jeans? Turnschuhe?«
    »Unten ist alles egal. Wichtig ist nur, was man über der Tischkante sieht. Und die Krawatte habe ich mit einem Griff auf

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