Adrenalin - Iles, G: Adrenalin - The Devil's Punchbowl
Hundekämpfe. Diese Kämpfe sind offenbar die höchste Ausdrucksform der männlichen Gier nach Macht und Gewalt.«
»Dein Studium in Radcliffe macht sich bemerkbar.«
»Mag sein, aber es stimmt.«
»Ich weiß. Deshalb lasse ich Kelly herkommen.«
Sie lächelt verhalten. »Ja, nun verstehe ich das.«
Wir nähern uns dem Metalltor, als ein großer weißhaariger Mann hinter ein paar Zedern rechts von uns hervortritt. Mein Vater. Caitlin lächelt und will ihr Fenster herunterkurbeln, doch Dad reißt das Tor auf und bedeutet uns, rasch hindurchzufahren. Danach schließt er es hinter uns ab und kommt zur Beifahrerseite des Volkswagens. Ich steige aus und quetsche mich auf die Rückbank, um ihm den Beifahrersitz zu überlassen.
»Na, Kate«, sagt er mit glänzenden Augen zu Caitlin. »Ohne dich war es hier ganz schön langweilig.«
»Damit ist es vorbei«, verspricht sie lächelnd. »Das zumindest kann ich garantieren. Hast du von Peggy und Annie gehört?«
Dad schüttelt den Kopf. »Wir sprechen so wenig wie möglich miteinander. Und nur über das Satellitentelefon.«
»Ich hab’s bei mir«, werfe ich ein. »Wir können uns nach diesem Treffen auf den neuesten Stand bringen.«
»Gut. Ich habe eine Überraschung für dich, Penn.«
»Und zwar?«
»Walt ist hier.«
»Garrity?«
»Genau.«
»Was meinst du mit ›hier‹? In Natchez? Oder hier hier?«
»Er ist im Schuppen und redet mit Kelly.«
Zum ersten Mal verspüre ich einen Anflug von echtem Optimismus.
»Der gerissene Halunke ist einfach in meinem Haus aufgetaucht«, sagt Dad. »Fast hätte ich einen Infarkt gekriegt. James Ervin passt auf mich auf, und er hatte keine Ahnung, dass Walt da war.«
James Ervin ist ein schwarzer Polizist, den mein Vater früher behandelt hat. »Nicht gerade ermutigend.«
»Walt ist ziemlich raffiniert.«
»Wer ist Walt Garrity?«, fragt Caitlin.
»Ein Texas Ranger«, erklärt Dad. »Habe ihn in Korea kennengelernt, als wir noch junge Männer waren. Er ist jetzt mehr oder weniger im Ruhestand, aber wenn man einmal gelernt hat, sich an Indianern und Mexikanern vorbeizuschleichen, sind pensionierte Stadtpolizisten kein großes Problem. Dies ist der einzige Abend, an dem wir ihn zu Gesicht bekommen. Er möchte völlig getrennt von allen anderen arbeiten.«
Obwohl ich mich in Houston mit Walt angefreundet habe, gibt es viele Dinge, die ich nicht über ihn weiß. Mein Vater hat ihm im Koreakrieg das Leben gerettet, und Walt hat sich später revanchiert, aber von den Begleitumständen habe ich nie etwas erfahren. Beide Männer gehören einer Generation an, die sich über bestimmte Dinge nicht ohne einen zwingenden Grund äußert.
»Ich bin sicher, Walt weiß, was er tut«, sage ich. »Aber darüber reden wir später.«
Dad ignoriert mich und gibt Caitlin ein Zeichen. Sie drückt seine Hand und fährt uns tiefer in den Wald hinein.
Das Treffen findet in einem achtzehn mal zwölf Meter großen Schuppen aus verzinktem Aluminium statt, wie man ihn überall im Süden an den Highways sehen kann. Mein Vater führt Caitlin und mich vorbei an einem Motorboot auf einem Anhänger, einer Corvette aus den Siebzigern mit einem Loch im Fiberglas, einem orangefarbenen Kubota-Trecker, einem Null-Wendekreis-Rasenmäher und verschiedenen anderen Maschinen zur Grundstückspflege. Am entfernten Ende des Gebäudes, unter zwei mit Tarnfarbe gestrichenen Hochständen, sitzen Danny McDavitt, Carl Sims, Walt Garrity und Danny Kelly auf Klappstühlen. Auf den ersten Blick wirken sie unvereinbar, wie eine Illustration gegensätzlicher amerikanischer Typen: ein Astronaut, ein Profi-Footballspieler, ein Cowboy und ein Surfer mit einem blonden Pferdeschwanz. Carl Sims’ Anwesenheit überrascht mich, doch bevor ich ihn nach seinem Abstieg in die Devil’s Punchbowl fragen kann, sagt Walt Garrity mit gedehnter Stimme: »Guckt mal, was die Katze reingeschleppt hat.«
Walt erhebt sich von seinem Klappstuhl, als er Caitlin erblickt, und lüftet rasch seinen Stetson. »Ma’am. Ich wusste nicht, dass wir weibliche Gesellschaft haben würden.«
Kelly steht auf, um Caitlin zu umarmen. Sie haben sich vor sieben Jahren kennengelernt, als wir alle am Delano-Payton-Fall arbeiteten. »Was haben wir denn hier, Penn?«, fragt Kelly. »Die sieben Samurai?«
Carl Sims lächelt von seinem Stuhl aus. »Scheint so, wenn man die Dame mitzählt.«
»Oh, sie legt sich voll ins Zeug«, versichert Kelly.
Caitlins Augen leuchten dankbar, während sie Carl und Danny die
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