Adrenalin - Iles, G: Adrenalin - The Devil's Punchbowl
Gerichtsmediziner könnte Jessup schon heute im Tagesverlauf aufschneiden.«
Erregung erfasst mich. »Weiß Shad davon?«
Logan schüttelt den Kopf. »Und ich möchte nicht in Jewels Haut stecken, wenn er es erfährt.«
»Falls er versucht, sich an Jewel zu rächen, weil sie ihre Arbeit so tut, wie es sich gehört, wird Shad merken, wie viel Macht ich doch habe.«
»Penn, hör zu …«
»Schon gut. Nur eines noch: Wenn die Autopsie schlüssig auf Mord hinweist, wirst du die Ermittlung dann vorantreiben oder nicht?«
Logan strafft sich mit eindrucksvoller Würde. »Wenn es auf Mord hindeutet, werde ich einen Mordfall untersuchen. Streng nach Vorschrift, und ich werde nicht die geringste Kleinigkeit auslassen. Aber letzten Endes geht es dem Polizeichef kaum anders als dem Bürgermeister. Wenn die Leute über und unter dir dir, nicht den Rücken stärken, ist es bloß ein nett klingender Titel.«
Während Logan unter der Last seines Amtes das Gesicht verzieht, fällt mir etwas Beunruhigendes ein. »Sag mal, Don, du hast mich überhaupt nicht nach den Schüssen auf den Ballon gefragt.«
Er atmet tief durch und antwortet dann mit sorgfältig gewählten Worten. »Erstens kann ich sehen, dass du nicht schwer verletzt worden bist, und zweitens hat es sich über Louisiana abgespielt. Nicht mein Amtsbereich. Der endet am Fluss.«
Ich spüre mühsam unterdrückten Zorn, lass mir aber nichts anmerken. »Eines macht mir seit gestern zu schaffen«, sage ich stattdessen. »Du hast festgestellt, dass Tim vor seinem Tod mehrmals versucht hat, mich anzurufen, aber die Anrufe haben mich nicht erreicht. Und die SMS auch nicht. Wie ist das möglich?«
Logan schlägt die Arme übereinander und starrt auf den grünen Einheitsteppich.
»Darf ich Tims Telefon sehen?«
Der Polizeichef schüttelt den Kopf. »Das kann ich nicht zulassen.«
»Warum nicht?«
»Frag den Bezirksstaatsanwalt, nicht mich.«
»Hast du das Handy? Ist es in der Asservatenkammer?«
Logan wendet den Blick nicht vom Teppich ab. »Du befindest dich außerhalb der Grenzen dessen, was ich beantworten kann.«
»Was kannst du mir denn mitteilen?«
Logan kaut eine Zeitlang auf der Unterlippe. Dann streift er die Tür mit einem Blick und nähert sich mir bis auf dreißig Zentimeter. »Gestern Nacht ist es zu zwei Unterbrechungen des Mobilfunkdienstes gekommen. In zwei unterschiedlichen Gegenden und zu zwei unterschiedlichen Zeiten.«
Ich denke kurz nach. »Lass mich raten. Die erste hat sich gegen Mitternacht in der Nähe des Friedhofs ereignet.«
Logan nickt fast unmerklich.
»Und die zweite ungefähr zur Zeit von Tims Tod. Als er aus dem SUV sprang und versucht hat, vor den Insassen zu fliehen.«
»Erster Preis für dich.«
»Wie verbreitet war die Unterbrechung?«
»Nach den Beschwerden zu schließen, würde ich sagen, ungefähr eine halbe Quadratmeile in der Umgebung des Friedhofs. Oben auf dem Kliff war sie größer, dauerte allerdings nicht so lange. Aber weil da oben so viele gefeiert haben, gab es eine größere Zahl von Beschwerden.«
»Waren alle Betreiber betroffen oder nur einer?«
»Alle.«
»Scheiße. Jemand hat das gesamte Funkspektrum gestört.«
Logan leckt sich die Lippen und schweigt.
»Das ist eine ernste Sache. Hast du mit den Mobilfunkbetreibern gesprochen?«
»Nein. Das habe ich mir nach den Beschwerden von Zeugen ausgerechnet. Und einige meiner schwarzen Polizisten wohnen draußen am Friedhof.«
»Du weißt, was passiert ist. Tims Mörder haben die Handysignale um den Friedhof herum gestört, als sie Jagd auf ihn machten. Sie hörten auf, nachdem sie ihn in den SUV gebracht hatten, wo sie ihn folterten. Dann störten sie die Verbindungen erneut, als er ausgerissen war und zum Zaun rannte.«
Logan rümpft die Nase und blickt wieder zurück zu seiner Tür. »Würdest du mir verraten, wer ›sie‹ sind?«
Meint er es ernst?, überlege ich. Oder stellt er dich auf die Probe? Und wenn ja, tut er es für sich selbst oder für Jonathan Sands?
»Muss ich dir das wirklich sagen?«
Der Polizeichef setzt sich wieder an seinen Schreibtisch. »Vor sechs Monaten hatte ich ein Angebot, das gleiche Amt wie hier in einem Städtchen an der Küste von Florida zu übernehmen. Seit ich Jessup in dem Graben liegen sah, wünsche ich mir, ich hätte das Angebot angenommen.«
Ich trete vor und lege ihm eine Hand auf die Schulter. »Es ist bedauerlich, wenn zwei Jungs aus Mississippi einander nicht mehr vertrauen können.«
»Kann man wohl
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