Aetherhertz
ärgern kann. Aber mal Spaß beiseite: Wir wollten euch wegen etwas anderem hier treffen.“
Sie erzählten den beiden von ihrem Verdacht, im Adlerhorst könne etwas nicht mit rechten Dingen zu gehen.
„ Ich glaube, die halten dort noch mehr Verdorbene und Veränderte wie mich unrechtmäßig fest“, sagte Annabelle.
„ Moment, wir sind uns nicht sicher, ob es unrechtmäßig ist“, warf Paul ein.
„ Was mit mir geschehen ist, war nicht rechtmäßig“, ereiferte sich Annabelle. „Und was ist mit dem Säugling? Die hatten kein Recht, ihn nicht seinem Vater zu geben.“
„ Es gibt eine Menge offene Fragen. Wir brauchen mehr Informationen. Und da kommen eine Lösung und ein Problem ins Spiel. Die Lösung: Wir haben eine Möglichkeit rechtmäßig in den Adlerhorst zu kommen und alle Räume zu inspizieren. Aber, wir können es nicht selbst tun. Es wäre zu auffällig.“
Friedrich sah skeptisch aus: “Wie soll ich da helfen? Und Johanna? Sie soll nicht in Gefahr gebracht werden.“
Johanna glühte vor Stolz, dass Friedrich sie beschützte, gleichzeitig war sie unendlich neugierig.
„ Lass ihn doch erst mal erzählen!“
„ Annabelles Patenonkel, Dr. Karl Burger kennt einen Beamten im Ministerium. Der würde euch Pässe ausstellen. Unter dem Vorwand, dass ihr eine Hygieneüberprüfung durchführt, könntet ihr den gesamten Komplex untersuchen.“
„ Aber ich habe doch von so etwas überhaupt keine Ahnung“, protestierte nun Johanna.
„ Das kann ich dir beibringen. Du sollst ja auch nur so tun, als ob“, meinte Annabelle.
„ Ich weiß nicht, ob ich das darf“, Friedrich war skeptisch.
Paul nickte: “Wir haben uns erkundigt. Du kannst dafür freigestellt werden.“
Friedrich sah seinen Bruder forschend an: “Ich weiß auch nicht, ob ich das will.“
„ Was sollen wir denn herausfinden?“, fragte Johanna.
„ Wir wissen, dass das Kind der Russin noch lebt. Wo ist es? Was tun sie damit? Außerdem soll Hartmanns Bruder dort sein“, erklärte Paul.
Annabelle setzte hinzu: “Es geht aber um viel mehr: Onkel Karl und ich sind der Meinung, dass wir anders mit den Veränderten umgehen müssen. Die Gesellschaft muss lernen, dass nicht jede Veränderung schlimm ist, wir alle müssen mehr darüber wissen. Ich habe beschlossen, das Geld meiner Stiftung dafür auszugeben. Es kann nicht sein, dass alle unter dubiosen Umständen weggesperrt werden und sich niemand darum kümmert.
Der Beamte, den mein Onkel kennt, ist auch der Meinung, dass etwas geändert werden muss. Er wird eine Eingabe machen zur Gründung eines neuen Amtes, das sich speziell mit den Veränderten und auch den Verdorbenen beschäftigen wird.“
Friedrich sah Paul an, der nickte. „Darauf muss ich etwas Hochprozentiges haben.“ Er stand auf und bestellte bei einem Kellner.
Johanna trank nachdenklich ihren Tee. Annabelle beugte sich zu ihr: “Ich verstehe, wenn du Sorge hast. Ich könnte auch verstehen, wenn du Nein sagst. Ich weiß nur niemand anderen, den ich damit betrauen würde.“
„ Ach Annabelle ... ich weiß nicht. Ich bin nicht so mutig wie du. Aber ich weiß, dass du recht hast. Seit ich dich besucht habe, bin ich kaum noch aus gewesen. Es gibt einige, die mich trotzdem eingeladen haben, das sind vor allem Familien, die selbst so etwas in ihrer Verwandtschaft erlebt haben, aber viele wollen davon nichts wissen.“
Annabelle schüttelte traurig den Kopf. Dazu fiel ihr nichts ein. Johanna richtete sich aber auf und reckte das Kinn in die Höhe: “Das ist mir nicht egal, und ich würde lügen, wenn ich es behauptete. Aber es macht mich traurig und wütend. Sie verurteilen dich, obwohl sie dich nicht kennen, und nun auch mich, weil ich zu dir halte. Sie sind alle so oberflächlich. Es ist nur wegen Mama und Papa, sie hatten so gehofft, dass ich eine gute Partie mache.“
Sie ging also davon aus, dass sie das jetzt nicht mehr tun würde?
Friedrich kam mit einer Flasche und ein paar Gläsern zurück an den Tisch. Er schenkte jedem ein Kirschwasser ein.
„ Nun trinken wir erst mal was. Und dann reden wir darüber.“
Annabelle sah Johanna in die Augen, die tapfer lächelte und nickte. Dann kippte auch sie ihr Glas in einem Zug herunter.
Sie hatten noch lange gesprochen, und waren schließlich vom Café aus in ein Gasthaus gegangen, um dort zu essen.
Friedrich hatte Johanna untergehakt und nun spazierten sie die Allee entlang. Es war bitterkalt, aber alle hatten dicke Mäntel mit Fütterung und Pelzkragen an.
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