Aetherhertz
viele Hände?) zu verhindern, dass sie festgeschnallt wurde. Aber es waren zu viele Hände, ihre und die anderen, die schoben und zogen und irgendwann lag sie auf dem Rücken und die Tür wurde geschlossen. Sie hörte ihren Atem laut keuchend von den Wänden widerhallen und ein Zischen, als schließlich der Æther in die Glaskabine geleitet wurde.
Der Æther wand sich in grünen Tentakeln auf dem Boden der Wanne entlang und berührte zunächst ihre Füße. Wie lebendig züngelten die Strömungen um sie herum und beim Kontakt mit ihrer Körperwärme erhoben sie sich und stiegen in die Luft. Immer höher und höher stieg der Pegel und ihre Füße und Unterschenkel brannten wie Feuer. Ihre Hand pulsierte unerträglich. Annabelle keuchte und schrie, dann verschluckte sie sich, aus Angst, beim Einatmen den Æther einzusaugen.
In ihrem Inneren wuchs ein enormer Widerstand, eine Kraft, die sie so nur bei der Begegnung mit der Otterfrau gespürt hatte. Aber wie lange könnte sie die Luft anhalten? Wie lange widerstehen? Wo war die andere Kraft, die sie gespürt hatte, die Wahl, die sie gehabt hatte?
Und als der Æther unerbittlich immer höher stieg, fühlte sie eine andere Wahl in sich aufsteigen: Einfach nachgeben, sich hingeben, gehen lassen, einatmen, aufsaugen ... Nicht mehr nachdenken über die Konsequenzen, was hatte die Otterfrau gesagt? Verdorben, ja, dann war das eben so, dann war sie eben ver- ...
Kapitel 15
Was geschah hier? In einem Moment noch hatten sie sich sicher gefühlt, schienen alles im Griff zu haben. Die Ausweise und der markgräfliche Befehl hatten Paul und Friedrich und den 20 Männern, die sie zur Verfügung gestellt bekommen hatten, alle Türen geöffnet. Major Götz war zwar überrascht gewesen, aber ein Befehl ist ein Befehl, und er hatte gehorcht. Sie hatten den gesamten Komplex durchsucht, aber weder Annabelle noch etwas anderes Ungewöhnliches gefunden. Es war, wie sie es erwartet hatten: es gab Büros der Berichtiger, die Zellen für die Verdorbenen, einige medizinisch genutzte Räume um die verschiedenen Kreaturen zu untersuchen und spezielle Habitate für besondere Bedürfnisse, unter anderem ein Gebäude mit einem großen Schwimmbad für die Wasserwesen.
Es erschreckte Paul, wie anders manche der Wesen waren, und wie wenig er davon geahnt hatte. Die Sorge um Annabelle und die Spannung, in welchem Zustand er sie vorfinden würde, überwog allerdings seine Neugier. Schließlich endete die Durchsuchung vor einer großen Stahltür.
“ Was liegt dahinter?“, hatte Friedrich den Major gefragt.
“ Der Zugang zum oberen Nest.“
Welches obere Nest? Paul versuchte, sich seine Überraschung nicht anmerken zu lassen. Friedrich blieb auch ganz professionell.
“ Öffnen Sie“, befahl er knapp.
Der Major gehorchte widerspruchslos. Die Tür öffnete sich nach draußen, und sie sahen die untere Station einer Seilbahn, die steil den Berg hinauf verlief.
Friedrich ging ohne zu zögern darauf zu. In der Station schaukelte eine Gondel. Der Mechanismus, der die Seilbahn in Bewegung setzte, befand sich in einem verschlossenen Kasten. Der Major blieb stehen.
“ Was ist?“, bellte Friedrich.
“ Ich bin mir nicht sicher, ob Ihre Befehle so weit reichen.“
“ Was soll das heißen? Wir haben einen Befehl vom Markgrafen höchstpersönlich, diesen Komplex zu durchsuchen, und das werden wir auch tun.“
“ Sie haben diesen Komplex durchsucht.“ Der Major sagte das mit merkwürdiger Betonung. Paul studierte den Mann, dem er für seinen Geschmack schon zu oft begegnet war, und fand keine Feindseligkeit.
“ Und was ist dann da oben?“, fragte Friedrich ungeduldig.
“ Das liegt nicht in meiner Befehlsgewalt.“
“ Das habe ich Sie nicht gefragt! Was befindet sich dort oben? Ist das Fräulein Rosenherz dort oben?“
Der Major nickte und sah Paul in die Augen.
“ Sie sagen Sie mir jetzt, was uns dort oben erwartet“, forderte Friedrich.
“ Im Adlernest werden alle weiterführenden Untersuchungen gemacht. Es ist eine private Einrichtung, die wir nutzen können. Wir würden sonst aus allen Nähten platzen.“
“ Privat?“, fragte Paul.
“ Sie arbeiten eng mit uns zusammen, aber unterstehen nicht meiner Befehlsgewalt.“
“ Wir werden uns das ansehen“, entschied Friedrich und machte eine auffordernde Handbewegung zum Kontrollkasten. Der Major schloss ihn auf und betätigte den Hebel. Ratternd und quietschend setzten sich die Räder in Bewegung. Friedrich teilte seine Leute
Weitere Kostenlose Bücher