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Aetherhertz

Aetherhertz

Titel: Aetherhertz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Bagus
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und wurde bewusstlos.
     
    * * *
     
    Paul hatte mit seinem Vater und Dr. Burger stundenlang recherchiert. Sie hatten bei Gericht vorgesprochen, mit Richtern, Anwälten, Polizisten und Militärs diskutiert.
    „ Die Rechtslage ist, geschönt ausgedrückt, widersprüchlich“, sagte Peter Falkenberg schließlich, als die Männer im Gasthaus vesperten. Dr. Burger nickte zustimmend. Er hatte sogar eine Depesche an einen Staatssekretär geschickt, mit dem er während des Studiums in der gleichen Burschenschaft gewesen war. Leider hatte er noch keine Antwort erhalten. Das Baden als Großherzogtum noch eine Sonderstellung im Reich einnahm, machte die Sache nicht leichter.
    „ Fakt ist, seit 1905 ist es Pflicht, ich zitiere: »… alle auf Æther zurück zu führenden Veränderungen … zu melden.« Das hat der Professor nicht getan. Nun könnte man noch auf Nichtwissen plädieren und die Farbe der Hand als ein natürliches Phänomen betrachten, aber auch das hätte er einer Kommission überlassen müssen. Man meldet es bei der Polizei, und die geben es im nötigen Falle an das Militär weiter.” Peter Falkenberg lehnte sich zurück und zog an seiner Pfeife. “Nun hat es sehr lange keine Sachverständigen gegeben und man wusste mit einigen Veränderungen einfach nicht umzugehen. Die Versuche, entsprechende Experten zu finden mündeten in der Einrichtung von Verwahranstalten, die eher Irrenhäusern gleichen. Als Verdorbener hat man aber keine Rechte, sondern ist vom guten Willen und der Protektion seiner Verwandten abhängig.” Er machte eine Pause und betrachtete Paul, der ein Stück Schwarzwälder Schinken aufgespießt hatte und damit herumspielte.
    Er sprach weiter: “Es gibt zu viele Schlupflöcher in den Gesetzen. Das Militär und die zivilen Gewalten können sich den Ball endlos hin und her reichen. Letztendlich ist es doch so: Wenn es sich um wirklich gefährliche Verdorbene handelt, ist ja jeder froh, wenn das Militär mit großem Brimborium eingreift. Aber da kommt eben die Grauzone: Was ist gefährlich?“
    „ Für manche ist schon gefährlich, was anders ist“, sagte Paul zornig und stach das Messer energisch in das unschuldige Brett, auf dem nur noch die Reste des Abendessens lagen. Zitternd blieb die Klinge in dem Holz stecken.
    „ Ich versuche mein Bestes“, verteidigte sich der Anwalt.
    „ Ganz ruhig, meine Herren“, schlichtete Dr. Burger. „Morgen ist die Quarantäne vorbei. Dann holen wir Annabelle da erst einmal heraus.“
     
    Paul selbst schwankte wie die Temperatur des Windes zwischen Zuversicht und Verzweiflung. Er versuchte sich einzureden, dass es doch gut war, dass der Vorwurf auf Tötung dieser Frau fallen gelassen worden war. Andererseits machte er sich Sorgen: Friedrich hatte ihn am Abend vorher besucht, und auf seine brüderliche Art und Weise versucht, ihn aufzuheitern. Sie hatten eine Menge Kirschwasser zu sich genommen. Sein Bruder hatte ihn beruhigen wollen, als er ihm erzählte, dass es eine gesonderte Abteilung im Adlerhorst gab, die sich um verdorbene Kinder kümmerte. Aber was machten die dort mit den Kindern? Dann hatte sein Bruder vom Besuch Johannas im Adlerhorst berichtet, und das Annabelle am Ende eingeschlafen war. Was geschah dort?
    „ Was machen die Berichtiger eigentlich mit den Gefangenen?“, hatte Paul seinen Bruder gefragt.
    „ Ach, die Berichtiger“, hatte Friedrich verächtlich gemurmelt. „Die machen immer eine Show. Dabei sind das auch nur Hanswürste wie du und ich.“
    „ Na, danke schön“, hatte Paul erwidert.
    „ Nee, so hab ich das nicht gemeint. Was weiß ich ... Aber ich habe mal einen gesehen – ohne Maske. Auch nur ein Mensch.“
    „ Das ist mir schon klar. Mensch Friedrich, du musst doch mehr wissen.“ Paul stand auf und lief im Raum herum. Er hatte überall angefangene Projekte liegen, aber er konnte sich nicht konzentrieren.
    „ Quatsch. Wir legen die Verdorbenen und Aufständischen nur lahm, was die Berichtiger machen, will ich nicht wissen. Mann, Paul, das ist gefährlich!“
    Paul warf ein paar Zahnräder in einen Holzkasten: „Was? Meine Fragen, oder was die Berichtiger machen?“
    Friedrich kippte noch einen Schnaps: „Beides. Da mischt man sich nicht ein.“
    „ Warum denn nicht?“ Paul wurde aggressiv und klappte den Deckel des Kastens lautstark zu.
    „ Paul, hör auf. Du hast keine Ahnung ...” Er schenkte die Gläser neu ein.
    “ Ich hätte sie gerne, aber du sagst ja nichts. So wie alle, immer schön die Klappe halten,

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