Akte Atlantis
finsteren Blick zu und vertiefte sich wieder in sein Buch.
Das Moller M400 flog nicht unmittelbar über die Werft und die großen, im Fjord liegenden Schiffe hinweg, sondern drehte, wie von Geisterhand gelenkt, vorher ab und ging auf Südwestkurs. Pitt konnte in aller Ruhe das Lichtermeer betrachten, das sich an Steuerbord ausbreitete.
»Fertig.« Giordino seufzte. »Und falls es dich interessieren sollte – es war nicht der Butler, der zehntausend Menschen umgebracht hat, sondern ein verrückter Wissenschaftler.« Er starrte auf den Lichterteppich hinab. »Entdecken die uns auch nicht mit ihren Ortungsgeräten?«
»Höchst unwahrscheinlich. Das Moller M400 ist so klein, dass man es allenfalls mit modernsten militärischen Radargeräten erfassen kann.«
»Hoffentlich hast du Recht«, sagte Giordino und reckte sich.
»Ich lege keinen Wert auf ein Empfangskomitee.«
Pitt richtete eine Stiftleuchte auf seine Karte. »Aber hier lässt uns der Computer freie Wahl. Wir können entweder zur Werft schwimmen – das sind etwa dreieinhalb Kilometer – oder zu Fuß über den Gletscher gehen, was etwa doppelt so weit ist.«
»Bei Dunkelheit über einen Gletscher zu marschieren klingt nicht allzu verlockend«, sagte Giordino. »Was ist, wenn Mrs. Giordinos Sohn in eine Spalte stürzt und erst zehntausend Jahre später wiedergefunden wird?«
»Irgendwie kann ich mir nicht recht vorstellen, dass du eines Tages in einem Glaskasten im Museum liegst und von tausenden von Leuten bestaunt wirst.«
»Ich hätte nichts dagegen, die Attraktion aus früheren Zeiten zu geben«, erwiderte Giordino mit großer Geste.
»Bist du dir darüber im Klaren, dass sie dich wahrscheinlich nackt herzeigen? Du gibst wohl kaum ein gutes Beispiel für das männliche Geschlecht im einundzwanzigsten Jahrhundert ab.«
»Du wirst schon noch dahinter kommen, dass ich mit den Allerbesten mithalten kann.«
Sie brachen ihr Gespräch ab, als das Moller langsamer wurde und an Höhe verlor. Pitt, der sich mittlerweile ebenfalls für einen Vorstoß unter Wasser entschieden hatte, gab dem Bordcomputer den Befehl, die Maschine wie vorgesehen unmittelbar an der Küste zu landen, genau an der Stelle, die die Satellitenbildauswerter der CIA punktgenau berechnet hatten.
Kurz darauf wurden die Triebwerksgondeln gekippt, sodass sich die Schubrichtung der Turbinen veränderte, bis die Maschine in der Luft stehen blieb und zur Landung ansetzte. Pitt konnte in der Dunkelheit lediglich erkennen, dass sie sich rund zehn Meter über einer schmalen Felsrinne befanden. Dann ging das Moller tiefer und setzte weich auf dem steinigen Boden auf. Im nächsten Moment wurden die Triebwerke abgeschaltet, und die Turbinen kamen langsam zum Stillstand. Laut Navigationscomputer waren sie nur knapp zehn Zentimeter von der einprogrammierten Stelle entfernt.
»Ich bin mir noch nie so nutzlos vorgekommen«, sagte Pitt.
»Bei so was kriegt man schnell das Gefühl, dass man völlig überflüssig ist«, stimmte Giordino zu. Erst jetzt blickte er aus der Kanzel.
»Wo sind wir?«
»In einer Felsrinne, etwa fünfzig Meter vom Fjord entfernt.«
Pitt öffnete das Kanzeldach, klappte es hoch und stieg aus dem Fluggerät.
Die Nacht war nicht still. Das Hämmern und Scheppern der Werft, auf der offenbar rund um die Uhr gearbeitet wurde, hallte über das Wasser. Er öffnete die Luke zu den hinteren Sitzen und dem Stauraum, lud die Tauchausrüstung aus und reichte sie Giordino, der die Pressluftflaschen, die Tarierwesten, die Bleigürtel, Flossen und Taucherbrillen in zwei parallelen Reihen auslegte. Sie zogen ihre Stiefel an, stülpten die Kopfhauben über, schlüpften in die Tarierwesten und schnallten sich die Doppelflaschen um. Beide trugen Brustbeutel, in denen sie Schusswaffen, Lampen und Pitts bewährtes Globalstar-Telefon verstauten. Zuletzt holten sie zwei Scooter vom Typ Torpedo 2000 aus dem Skystar, Tauchschlitten mit doppeltem Rumpf, die wie kleine Raketen aussahen und mit Batterien betrieben wurden. Bei einer Laufzeit von etwa einer Stunde erreichten sie unter Wasser eine Spitzengeschwindigkeit von knapp acht Kilometern pro Stunde.
Pitt schnallte sich einen kleinen Navigationscomputer, ein ähnliches Gerät, wie er es auch in der Paradise-Mine getragen hatte, um den linken Arm und stellte ihn auf GPS-Satellitenpeilung ein. Dann gab er ihm den Befehl, die empfangenen Daten so umzusetzen, dass sie anhand des Monitors, auf dem der Fjord und die Schiffswerft dargestellt waren,
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