Akte X
dominierende Konstante in der Werkhalle, und während die Vögel vorbeiliefen, gingen die Arbeiter in präziser Monotonie ihrem gnadenlosen Job des Aufschlitzens und Ausweidens nach.
Mulder stieß einen leisen Pfiff aus. „Hier kommen also die Chicken-Nuggets her.“
Ein Mann, der anstelle der weißen Overalls einen blauen Anzug trug, kam auf sie zu.
„Sheriff, kann ich Ihnen helfen?“ rief der Mann über das Getöse der Maschinen hinweg.
„Hi, Jess“, brüllte Sheriff Arens zurück und drehte sich kurz zu Mulder und Scully um. „Das ist Jess Harold, der Betriebsleiter. Jess, diese Leute sind vom FBI.“
Scully nickte. „Wir glauben, George Kearns’ Verschwinden könnte etwas mit einem Bericht zu tun haben, den er an das Landwirtschaftsministerium schicken wollte.“
Harold lachte leise und schüttelte den Kopf, als hätte ihm Scully soeben einen guten Witz erzählt. „Sie müssen wissen, dass George, seit er hier hergekommen ist, versucht hat, das Werk schließen zu lassen.“
Mulder ließ seinen Blick durch die Halle schweifen. Das Ausnehmen der Hühner sah nach einer unerträglichen, langweiligen und unendlich monotonen Arbeit aus, doch er konnte keine offensichtlichen Hygieneprobleme erkennen.
„Er hat diverse Verstöße aufgeführt“, beharrte Scully.
„Ich weiß, dass er das getan hat“, stimmte Harold zu. „Glauben Sie mir, ich musste jeden einzelnen Punkt widerlegen.“
„War an den Vorwürfen etwas dran?“
Jess Harold lächelte erneut und sagte siegessicher: „Lassen Sie mich Ihnen was zeigen.“ Ohne auf eine Antwort zu warten, wandte er sich ab und ging zielstrebig davon. Mulder und Scully wechselten einen kurzen Blick, ehe sie ihm mit dem Sheriff im Schlepptau folgten.
Schweiß lief über Paula Grays Gesicht, und ihr Atem ging in kurzen, abgehackten Stößen. Mit dem Overall, dem Haarnetz und der feuchtglänzenden Haut hatte sie wenig Ähnlichkeit mit der jungen Frau, die zu George Kearns ins Auto gestiegen war.
Sie schwitzte nicht wegen der anstrengenden Arbeit an dem Hühnerband. Mit einer schnellen Bewegung ihres Sägemessers schlitzte sie das nächste tote Huhn auf, griff mit der behandschuhten Hand in die Bauchhöhle und zog die blutigen Innereien heraus. Paula tat das hundertfach am Tag, und sie brach dabei niemals in Schweiß aus. Gewöhnlich nicht.
Auch lag es nicht daran, dass es zu warm gewesen wäre. Die Lufttemperatur in der Werkshalle wurde in Anbetracht der verderblichen Ware stets niedrig gehalten
- trotzdem war ihr Arbeitsanzug durchnässt und klebte an ihrer feuchtkalten Haut.
Nervosität war auch nicht der Grund. Von ihrem Arbeitsplatz aus konnte sie zwar das Haupttor im Auge behalten, doch sie hatte kaum wahrgenommen, dass der Sheriff in Begleitung zweier Fremder hereingekommen war. Sie hatte kaum bemerkt, dass Jess Harold, ihr Vorgesetzter, den Sheriff und die anderen beiden Personen an dem Band vorbei zur Qualitätskontrolle brachte.
Nein, Paula hatte wichtigere Dinge, um die sie sich Sorgen machen musste - sie musste sich endlich auf ihre Arbeit konzentrieren. Das war ihr in den vergangenen Wochen zunehmend schwerer gefallen. Mehr als einmal war sie in der Wirklichkeit angekommen und hatte festgestellt, dass in der Zwischenzeit drei oder mehr Hühner an ihr vorbeigelaufen waren. Ihre Kollegen konnten sie nicht ständig decken, sie musste sich zusammenreißen. Sie war zwar Walter Chacos Enkeltochter, doch sie genoss keinerlei Privilegien. Niemand wurde bevorzugt. Ebenso wie alle anderen musste sie beweisen, dass sie ihren Lohn verdiente.
Sie war sogar beim Arzt gewesen und hatte ihm erzählt, wie sie sich fühlte. Er hatte ihr ein paar bittere Pillen gegen den Stress verschrieben, die ihr nicht im geringsten halfen. Sie überlegte gerade, ob sie ihn noch einmal aufsuchen sollte, als...
... ein Gefühl, wie sie es noch nie erlebt hatte, durch ihren Körper strömte. Starke Hitze pulste durch ihre Adern. Sie begann zu zittern, und mit dem Zittern kamen Wellen furchtbarer Schmerzen. Sie biss die Zähne zusammen. Unwillkürlich verkrampften sich ihre Finger um den Griff ihres rasiermesserscharfen Messers.
„Paula!“ Es war der Kollege, der am Platz neben ihr arbeitete. Sie hätte sein Gesicht kennen müssen, doch plötzlich schien ihr alles nur noch fremd und bedrohlich zu sein. „Bist du okay?“
So unvermittelt, wie es begonnen hatte, hörte das Zittern wieder auf. Sie atmete einige Male tief durch und nickte. „Mir geht es gut“, presste sie hervor.
Ihr
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