Alantua
Dejia? Die Menschen wirken so
aufgeregt.“
Alle
Freundlichkeit wich aus dem Gesicht der Wirtin und zeigte Sorge.
„Man sagt, die Königin sei krank. Aber nicht nur das, auch
der König von Kantú ist schwer erkrankt, er liegt seit
Wochen im Sterben. Händler und Reisende berichten, in Kantú
drohe großes Unheil. Sie sagen, der Thronfolger sei ein
brutaler Mensch, er habe sich mit der Unterwelt verschworen und dass
deshalb die Erde so oft bebt. Das Beben ist ein Zeichen der Göttin
Semja... Was ist, junge Dame, Ihr seid auf einmal so blass?“
Tatsächlich
sah Phiol plötzlich aus, als habe sie einen Geist gesehen. Anyún
beeilte sich, der Wirtin zu antworten. „Habt Dank, gute Frau.
Könntet Ihr uns noch von dem Apfelsaft bringen? Er ist wirklich
köstlich.“ Als die Frau außer Hörweite war,
griff Anyún nach Phiols Hand. Sie war kalt wie Eis. „Phiol,
ist alles in Ordnung?“ Aber die Frage konnte sich Anyún
selbst beantworten. König Arthro war Phiols Vater. „Es tut
mir leid, dass dein Vater krank ist“, sagte Anyún, doch
ihre Schwester reagierte nicht.
Zum
Glück kam in diesem Moment Malja in die Schänke, die Miene
versteinert, der Blick finster.
„Malja,
kennst du die Gerüchte aus Kantú?“ hakte Anyún
bei ihr nach. „Ja, ich habe bei der Stadtwache davon gehört.
Das bedeutet nichts Gutes.“ Sie drückte Phiols Schulter.
„Keine Sorge, wir brechen bald auf nach Dejia. Dort wird sich
alles regeln.“
Ilinde
lag nahe an der Grenze zu Kantú, nur ein großes
Flussdelta trennte es von dem südlichen Nachbarland Alantuas.
Nachrichten aus Kantú erreichten Ilinde also recht schnell.
Und genauso schnell konnten Schiffe aus Kantús Armee hier
landen.
„Ist
der Thronfolger denn wirklich so schlimm, wie man sagt?“
vergewisserte sich Anyún. Sie konnte sich kaum vorstellen,
dass die Menschen vor einem einzigen Mann so viel Angst hatten.
„Er
ist eine Bestie“, brachte Phiol so leise hervor, dass man sie
kaum hörte.
„Er
ist nur ein einzelner Mann“, sagte nun auch Malja bestimmend.
„Welche Chance hat er gegen ein Königreich wie Alantua?
Und auch in Kantú wird man seine Spielereien nicht lange
erdulden. Die Menschen dort lebten friedlich unter König Arthro.
Und noch ist der König am Leben.“ Sie wandte sich an Lir,
der seine Mutter mit großen Augen anstarrte. „Junge, ich
habe eine Aufgabe für dich. Kannst du in den Hafen gehen und
nach einem Schiff Ausschau halten? Es ist ein kleiner Einmaster mit
dem Namen
Anjina.
Wenn du es siehst, komm sofort zurück und sag mir bescheid, ja?“
„Ja,
Malja!“ Lir wirkte erleichtert, der Situation zu entfliehen und
eine eigene Aufgabe zu erhalten.
„Was
hat es mit diesem Schiff auf sich? Kommt Kwarren mit dieser
Anjina?“
erkundigte
sich Phiol.
Nun
musste Malja grinsen. „So kann man es nennen. In der Stadtwache
wartete bereits eine versiegelte Botschaft aus Dejia auf mich. Die
Königin hat es geschafft, mit König Berenbarr von Tallgard
ein Abkommen zu erzielen. Er schickt Kwarren zurück nach
Alantua, und zwar auf einem Schmugglerschiff. Das erregt weniger
Aufsehen, als es ein Schiff unter Tallgards Flagge tun würde.“
Anyún
hatte nicht gewusst, dass Kwarren sich in Tallgard aufgehalten hatte.
„Welche
Gegenleistung erwartet König Berenbarr?“ überlegte
Anyún.
Malja
zuckte mit den Achseln. „Wir werden sehen. Das Schiff bringt
bestimmt auch weitere Botschaften mit sich. Aber in der Stadtwache
habe ich erfahren, dass Falken Neuigkeiten aus Tallgard gebracht
haben. Die Trockenheit, die dort schon sein Monaten herrscht, hat
sich ausgeweitet. Im Süden brannten bereits die Wälder
Tallgards und viele Menschen starben. Vielleicht kann Alantua beim
Wiederaufbau behilflich sein oder Nahrungsmittel schicken.“
Malja
bestellte ein Bier bei der Wirtin und kostete die leckeren
Pastetchen. Phiol schien der Appetit vergangen zu sein, sie war mit
ihren Gedanken in weiter Ferne. Auch Anyún hatte keinen großen
Hunger mehr. Immer wieder sah sie neugierig zur Eingangstür. Ob
sich ihre Schwester sehr verändert hatte? Wie würde sie mit
ihrer nicht ganz freiwilligen Rückkehr nach Alantua umgehen? Sie
brauchten nicht lange zu warten. Bald wurde die Eingangstür
geöffnet und Lir kam stolz grinsend hinein. Offensichtlich war
die
Anjina
bereits eingelaufen. Ihm folgte ein rotbärtiger Mann mit
aufmerksamen Blick und ein jüngerer Mann mit braunem Haar. Er
führte eine Frau mit sich, die das lockige Haar zu einem Zopf
geflochten trug
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