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Alasea 04 - Das Buch der Prophezeiung

Alasea 04 - Das Buch der Prophezeiung

Titel: Alasea 04 - Das Buch der Prophezeiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clemens
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Steinherd zu schaffen machte. Magnam war von den zehn Zwergenkriegern der kleinste. Deshalb hatte man auf ihn die niederen Arbeiten wie die Zubereitung der Mahlzeiten abgeschoben. Aber das schien ihn nicht weiter zu stören. Während er mit einem langen Holzlöffel in einem Kessel mit Eintopf rührte, sang er leise vor sich hin. Die Sprache war Tol’chuk unbekannt, doch die voll tönenden Klänge und der langsame Rhythmus erzählten von Trauer und uraltem Leid. Tol’chuk fühlte sich unwillkürlich angesprochen.
    Auf dem Tisch glühte matt, nur von den Flammen des Herdfeuers erleuchtet, der große Herzstein. Tol’chuk hatte vom Schatten seines Vaters den Befehl erhalten, das Herz seines Volkes dahin zurückzutragen, wo es einst gebrochen worden war nach Gul’gotha. Doch jetzt saßen sie alle in den Wolken gefangen. Wie konnte er da hoffen, seinen Auftrag zu erfüllen?
    Tol’chuk ließ den Kopf hängen und war so in seinen Schmerz versunken, dass er den kleinen Zwergenkoch erst bemerkte, als der ihm eine große Schale mit Eintopf und einem Holzlöffel darin vor die Nase stellte.
    »Iss«, sagte Magnam.
    »Ich bin nicht hungrig«, murmelte Tol’chuk nicht unfreundlich und rückte ein wenig zur Seite.
    Der Zwerg seufzte und setzte sich ihm gegenüber. »Seit Tagen starrst du jetzt schon dieses Spielzeug an. Höchste Zeit, dass du dich endlich wieder der Welt zuwendest.« Er schob ihm mit seinen dicken Fingern die Schale zu. »Sogar ein Felsblock wie du muss gelegentlich essen.«
    Tol’chuk regte sich nicht.
    »Dich grämen und Trübsal blasen kannst du auch mit vollem Magen.«
    Tol’chuk verdrehte nur entnervt die großen bernsteinfarbenen Augen.
    Auf dem Zwergengesicht erschien ein schwaches Lächeln.
    Magnam streckte die Hand nach dem Edelstein aus, hielt aber dicht davor an. »Darf ich?«
    Tol’chuk zuckte die Schultern. Was spielte es jetzt noch für eine Rolle? Der Stein war tot, vom Vernichter vergiftet.
    Magnam nahm den Stein und hielt ihn vor eine Lampe. Dann kniff er die Augen zusammen und betrachtete ihn prüfend von verschiedenen Seiten. »Eine wundervolle Arbeit«, sagte er endlich und ließ ihn sinken. »Ein Meisterwerk.«
    Wieder zuckte Tol’chuk die Achseln.
    Magnam seufzte abermals und sah die immer noch unberührte Schale mit Eintopf an. »Ich mag nicht in der Lage sein, einen Stein in dieser Qualität zu schleifen, aber ich kann einen schmackhaften Eintopf kochen. Eigentlich hat mich die Truppe nur deshalb behalten. Die Handlanger des Namenlosen sortieren sonst alle Kleinwüchsigen und Schwächlichen gnadenlos aus und verfüttern sie an die Herren des Schreckens. Ich habe schon früh gelernt, mich auf meine Stärken und nicht auf meine Schwächen zu konzentrieren. Ein Heer kann nur mit vollem Bauch marschieren, und wer die Bäuche der Soldaten mit schmackhaftem Eintopf füllen kann, hat bessere Aussichten, nicht selbst zu schmackhaftem Eintopf verarbeitet zu werden.«
    Der Zwerg merkte, wie sein Geplauder den Og’er allmählich aus seiner Niedergeschlagenheit herausholte. Also fuhr er fort. »Ich schlage dir ein Geschäft vor, Meister Felsblock. Du isst das auf, und ich erzähle dir eine Geschichte von Zwergen und Herzsteinen.«
    Tol’chuk sah ihn misstrauisch an. Doch dann siegte die Neugier. Er zog die Schale heran und nahm den Löffel in die Hand. »Erzähl mir deine Geschichte.«
    Magnam betrachtete stumm den leeren Löffel.
    Tol’chuk murrte leise, schöpfte ein Stück Kartoffel und einen Würfel Fleisch aus der Schale und schob sich beides zwischen die Lippen. Bevor er noch mit vollem Mund seine Geschichte einfordern konnte, reagierten seine Sinne. Das Fleisch zerging auf der Zunge; die Kartoffeln waren weich und schwammen in einer pikanten, cremigen Soße. Tol’chuk riss verblüfft die Augen auf und tauchte den Löffel wieder ein. Plötzlich kam ihm zu Bewusstsein, wie hungrig er war.
    »Na, wie findest du meinen Eintopf, Meister Felsblock?« Magnam zog fragend eine Augenbraue hoch.
    »Nicht schlecht.«
    Magnam lehnte sich in seinem Stuhl zurück. »Morgen ist er noch besser. ›Zweimal gekocht, schmeckt doppelt so gut‹, hat meine alte Mutter immer gesagt.« Der kleine Zwerg verstummte und schwelgte für eine Weile in seinen Erinnerungen.
    Tol’chuk aß schweigend weiter.
    Endlich kehrte Magnam in die Gegenwart zurück. »Ich hatte dir doch eine Geschichte versprochen, nicht wahr?«
    Tol’chuk winkte nur mit dem Löffel, zum Sprechen hatte er keine Zeit.
    Der Zwerg

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