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Alasea 04 - Das Buch der Prophezeiung

Alasea 04 - Das Buch der Prophezeiung

Titel: Alasea 04 - Das Buch der Prophezeiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clemens
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dem Wasser auftauchte und himmelwärts strebte. Der Bogen konnte es vom Umfang her mit so mancher Burganlage aufnehmen. Vom Ufer führte eine robuste Holzbrücke zu einer von Fackeln beleuchteten Nische am Fuß des Bogens, in der sich eine Eisentür befand. Kral wusste, dass sich hinter dieser Tür eine lange Wendeltreppe im Inneren des Steinbogens zur fernen Burg emporwand.
    »Die Brücke ist nicht bewacht«, stellte Merik überrascht fest.
    »Die Zitadelle schützt sich selbst. Ein kräftiger Mann braucht einen halben Tag, um bis zur Burg hinaufzusteigen. Niemand kann sich unbemerkt anschleichen.« Kral wies auf die winzigen Lichter, mit denen der weitläufige Bogen übersät war. »Die Treppe ist bis ganz nach oben hin mit Wachposten und Beobachtern besetzt. Wozu also eine einzelne Tür bewachen?«
    Merik nickte, aber die Besorgnis wich nicht aus seinen Augen.
    Sie gingen weiter. Kral starrte den gewaltigen Granitbogen unverwandt an. Jetzt aus der Nähe spürte er die beiden Mächte, die hier am Werk waren nicht nur die dunkle, die ihn selbst durchbebte, sondern auch eine ursprünglichere Kraft. Kral kannte ihre tiefe, voll tönende Stimme. Es war der Ruf der Berge, der aus den Tiefen des Felsgesteins emporschallte und den Bogen in Schwingungen versetzte.
    Dieselbe Stimme hatte einst die wandernden Stämme aus den nördlichen Bergen zusammengerufen und an diesen Ort geführt. Ein volles Jahrhundert hatte sein Volk gebraucht, um den Tunnel anzulegen, der zum Scheitel des Bogens führte. Ursprünglich hatte man den oberen Teil als Ausguck benutzt, um von dort aus das ganze Tal zu überwachen, als das Land noch ungezähmt war und häufig Kriege ausbrachen. Doch irgendwann war aus dem Ausguck eine richtige Burg geworden, und die vielen verschiedenen Stämme hatten sich unter Führung der Senta Sippe zusammengeschlossen, der auch Kral angehörte.
    Doch das war lange her. Kral umfasste mit eisernem Griff seine Axt.
    Vor fünfhundert Jahren waren die Zwerge gekommen, bewaffnet mit dunkler Magik und begleitet von Monstern übelster Art. Gegen eine solche Streitmacht waren die Stämme machtlos gewesen. Das Bergvolk war wieder in einzelne Familienverbände zerfallen und über das gesamte Gebirge versprengt worden, zurückgestoßen ins Nomadendasein.
    Wieder lauschte Kral der tiefen Stimme der Zitadelle. Der Schmerz drohte übermächtig zu werden. Sogar die Bestie in ihm scheute davor zurück und verkroch sich tief in seinem Herzen.
    »Und wie kommen wir da hinauf, ohne gesehen zu werden?« fragte Merik.
    »Indem wir nicht hinaufgehen«, antwortete Kral und wandte sich dem dunklen Wasser des Amov Sees zu. Die anderen sammelten sich hinter ihm. Er warf seinen Winterumhang ab. »Von hier aus muss ich allein weiter, um zu sehen, ob der alte Weg noch offen ist.«
    »Und wohin willst du?« fragte Mikela, die wieder zu ihnen getreten war.
    Kral legte seine Kleidung bis auf das leinene Unterzeug ab. Den kalten Wind auf seiner nackten Haut schien er nicht zu spüren. Seine Axt umschloss er einen Moment lang mit den Fingern, ehe er sie zögernd zu den Kleidern legte. »Jemand soll meine Sachen tragen. Nehmt sie mit.«
    »Wohin?« fragte Mikela. Sie wurde allmählich wütend. »Genug mit diesen halben Antworten. Heraus mit der Sprache!«
    Kral drehte sich zu ihr um. »Du gehst mit den anderen voraus. Überquert die Holzbrücke bis zu der Eisentür, die ins Innere des Bogens führt. Verbergt euch im Schatten der Nische, bis ich euch hole.«
    »Und wohin gehst du?« fragte Mogwied fröstelnd.
    Kral wandte sich wieder dem See zu und zeigte auf das Spiegelbild des Bogens im dunklen Wasser, das vom schwachen Schein des Mondes hinter den immer dichter werdenden Wolken und von den Fackeln hoch oben auf der Burg beleuchtet wurde. »Ich muss Anspruch auf mein Erbe anmelden.« Er warf Tyrus einen Blick zu. »Deiner Familie hat das Land die Fähigkeit verliehen, Stein in Wasser zu verwandeln und darin zu schwimmen. Meiner Familie wurde das Gegenstück zu dieser Magik geschenkt: Wir können das Wasser in Stein verwandeln.«
    »Ich verstehe nicht, was …«
    Kral übersah die Verwirrung in den Gesichtern. Es war einfacher, es ihnen zu zeigen vorausgesetzt, das Land hatte seine Sippe und die Eide nicht vergessen, die man sich vor langer Zeit gegenseitig geschworen hatte. Bevor noch jemand etwas sagen konnte, sprang er in das eisige Wasser und tauchte durch die schwarzen Fluten auf das Spiegelbild des Bogens zu. Er konnte nur hoffen, dass das Land

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