Alicia - Gefaehrtin der Nacht
ewig. Als ich die Bar, in der wir uns trafen, zum vereinbarten Zeitpunkt betreten hatte, pünktlich auf die Minute, hatte er bereits gewartet und ja, er war der Mann, den ich auf der Seite von Champagne & More gesehen hatte. Nicht ganz so groß, wie ich ihn mir vorgestellt hatte, aber immer noch einen halben Kopf größer als ich selbst mit meinen hohen Schuhen. Seine Hand, die er mir zur Begrüßung reichte, war kühl gewesen, was mich an den Traum erinnerte und mich augenblicklich erröten ließ.
«Guten Abend», hatte ich gesagt und kaum gewagt, ihn direkt anzusehen.
«Guten Abend, Isa, wollen wir uns einen Moment setzen? Dann können Sie mir alles sagen, was ich wissen muss. Die Zeit, die das Briefing dauert, berechne ich natürlich nicht. Es ist ja nicht Ihre Schuld, dass ich keine Zeit hatte, vorab mit Ihnen zu telefonieren. Bitte entschuldigen Sie.»
«Ja, kein Problem. Also, äh, ich weiß nicht genau, wie das jetzt weiter abläuft, auch mit der Bezahlung und so», hatte ich gestottert. Wir hatten an einem der niedrigen Tische neben der Bar Platz genommen. Ich kannte den Barkeeper, der fragend den Kopf neigte. Mit Geschäftspartnern und Kollegen hatte ich diese Bar schon oft besucht. Ich schüttelte den Kopf und wusste, dass er uns in Ruhe lassen würde.
«Erzählen Sie mir, was ich für diesen Abend wissen muss. Machen Sie sich über alles andere keine Gedanken. Und vielleicht sollten wir uns duzen, oder? Ich nehme an, Ihre Freunde sollen nicht wissen, woher wir uns kennen?»
Ich nickte. Dann erzählte ich, was er wissen musste, was nicht allzu viel war, denn die offizielle Geschichte würde sein, dass wir uns vor Kurzem in eben dieser Bar kennengelernt hatten. Damit konnten wir so nahe wie möglich an der Wahrheit bleiben und es würde niemanden wundern, dass Laurean noch keine Details aus meinem Leben wusste. Ehe ich mich versah, hatten wir im Taxi gesessen, das ich für uns bestellt hatte, und plauderten so entspannt, als wären wir gute Freunde.
Wann immer an diesem Abend Laurean mich berührte, durchfuhr es mich wie ein heißer Blitz. Wir tanzten oft und während ich seine Hand ganz locker auf meinem Rücken spürte, flackerten immer wieder die Bilder meines Traumes vor meinen Augen. Ich glühte innerlich und vor lauter Nervosität trank ich zu viel. So bemerkte ich nicht, dass Laurean keinen einzigen Schluck Alkohol zu sich genommen hatte.
Gegen ein Uhr früh verließen die ersten Gäste das Fest und ich fand, dass es für uns ebenfalls reichte. Ich zog Laurean mit zu Lena und Hauke, die immer noch ausgelassen über die Tanzfläche fegten. Wir verabschiedeten uns, und dann standen wir plötzlich vor dem Lokal, das für diesen Abend gemietet worden war.
Der Moment fühlte sich unwirklich an, was nicht nur am Alkohol lag. Neben mir stand der attraktivste Mann, den ich mir vorstellen konnte. Inzwischen schuldete ich ihm über tausend Euro. Plötzlich wurde mir bewusst, dass die Zeit lief wie bei einem Taxameter. Das Geld war mir egal, ich verdiente genug und hatte kaum jemals Zeit, es auszugeben. Der Gedanke, dass ich ihn haben konnte, wenn ich wollte, machte mich ganz schwindelig. Wollte ich das wirklich? Für Geld?
«Und nun ? »
«Soll ich uns ein Taxi rufen?», fragte er und legte sacht eine Hand an meinen Ellenbogen, als ich leicht schwankte. Die zarte Berührung seiner Hand war elektrisierend und ich wusste, dass ich mehr wollte. Einmal nur, dachte ich, keiner wird es erfahren. Nur ein Mal, nur eine Nacht mit diesem Mann. Was am nächsten Tag sein würde oder ob ich es möglicherweise bereuen könnte, daran dachte ich keine Sekunde lang.
«W ie … wo machst du es normalerweise mit den Frauen?», fragte ich. «Ich will … ich würde gern … also, diese weiteren Leistungen.»
«Bist du sicher?», fragte er und hielt mich mit seinen grauen Augen fest. Mir schien es beinahe, als wären sie im Verlauf des Abends immer dunkler geworden. Jetzt war die Iris nahezu schwarz, sie kam mir vor wie ein Loch, in das ich gleich eingesogen werden würde. Ich dachte an den Traum und mein Körper wurde ganz weich. Doch plötzlich ließ der Blick mich los. Es war, als hätte jemand das Band zwischen uns durchgeschnitten. Was war denn nun passiert?
«Vielleicht rufe ich dir lieber ein Taxi. Du bist … nicht mehr ganz nüchtern, meine Liebe», sagte er und lächelte.
Unter normalen Umständen h ätte man diese Worte als lieb und fürsorglich bezeichnen können, doch ich fühlte mich abgewiesen. Dieser
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