Alix ... : Historischer Roman (German Edition)
denn, diesen Mann?“
„Und ob ich ihn kenne. Er hat bis vor zwei Jahren in Cahors gelebt, ist älter, als es der Vater war, und er … Nun, ich will nichts Schlechtes über ihn sagen, Alix. Doch ich musste sofort an dich denken, als man mich so bedrängt hat.“ Nun standen Tränen in ihren Augen. „Weshalb war ich nur so hochfahrend dir gegenüber!“
Alix fasste nach ihrer Hand. „Von den Worten zu den Taten ist es gewöhnlich ein weiter Weg. Du kannst bei mir bleiben, Esther, so lange es dir gefällt, als meine Freundin. Doch überlege es dir gut, ob du die Deinen wirklich verlassen willst. Wer fortgeht, ist bald vergessen!“
„Ich habe die ganze Nacht gegrübelt, und mein Entschluss steht fest. Ich ... wusste, du lässt mich nicht fallen. Nun bist du mein rettender Engel, nicht mehr umgekehrt.“
„So schnell dreht sich das Rad des Schicksals!“ Alix lachte.
43.
Zwei Tage nachdem Bartomeu von Cahors und sein Diener Rashid wieder in See gestochen waren, tat sich ein Sturm auf, dessen Heftigkeit das Schlimmste befürchten ließ. Nachdem offensichtlich wurde, dass es schlecht um das Schiff aussah - drei Seeleute waren bereits vom Sturm über Bord gespült worden -, brach Panik unter den Mitfahrenden aus.
Bartomeu jedoch fiel der Hybris anheim. Er fasste den Entschluss, mit den Naturgewalten zu ringen. Kampflos würde er sich nicht in den Meeresschlund hineinziehen lassen, schrie er Rashid ins Ohr. Nicht heute und schon gar nicht nach der furchtbaren Demütigung, die er vom Pontifex maximus erfahren hatte. Wenigstens seine Rache musste man ihm lassen! Seine Rache … und den Sohn! Einen Jungen aus dem Hause Montpellier! Die letzte Hoffnung, die drei Tore zu finden, von denen Wilhelm im Fieberwahn gesprochen hatte. Dann würde Innozenz vor ihm - Bartomeu - im Staube kriechen, Innozenz, Thedisius, Benevento, und ihr neuer Legat, dieser Peter von Castelnau!
Bartomeu befahl Rashid, ihn auf dem schwankenden, rutschigen Oberdeck an den Mast des Hauptsegels festzubinden und sich selbst wieder zu den anderen in die Kajüte zu begeben.
Eine gewaltige See brach über das Schiff herein. Brecher für Brecher schlugen in die Saint-Sulpice. Das Wasser stieg. Die Seeleute kamen nicht mehr nach mit dem Schöpfen. Die Venezianer - reiche Kaufleute, gekleidet in Samt und Seide - schrien zu Gott, nachdem der Sturm die Kajütentür weggerissen hatte, als Rashid sie öffnete.
Bartomeu betete nicht. Während das Schiff wie ein Kork auf dem Meer tanzte, der Wind noch immer weiter auffrischte, das Wasser über die Treppe bis in das Unterdeck schwappte, versuchte er das Meer zu bändigen. Er ließ sich nicht beirren, auch nicht, als sich die Venezianer - wie er sehen konnte - bald aneinander und zugleich an die Balken der Kajüte klammerten, und ihr Heulen und Zähneklappern in einen Wettbewerb mit dem Scheppern einer gerissenen Kette trat, die im fortwährenden Rhythmus über das Oberdeck schleifte.
Lehrer, kümmert es dich nicht, dass wir umkommen?,
hatten seinerzeit die verzagten Jünger geschrien.
Und Jesus war aufgestanden und hatte zum tobenden See gesprochen:
Schweig, verstumme!
Und der Wind hatte sich gelegt und es war eine große Stille entstanden.
Wer wollte ihn - Bartomeu von Cahors -, nachdem die Saint-Sulpice zum Spielball der Roten Schlange, dem entfesselten Tier, geworden war, daran hindern, die Worte desjenigen zu benutzen, der mit dem Versucher gerungen hatte: „Schweig, verstumme!“
Der Cahors versuchte das Unmögliche. Er rief: „Schweig, verstumme!“ Immer lauter schrie er seinen Befehl „Schweig, verstumme!“ - bis ihm schwindlig wurde und eine schmeichlerische Stimme in seinem Kopf flüsterte: Das alles gebe ich dir, wenn du deinen Kampf aufgibst und dich mir fügst!“
Bartomeu erschrak.
Mit einem neuerlichen „Schweig, verstumme!“ versuchte er die Stimme des Versuchers zu übertönen, während draußen die Söhne Luzifers wüteten und tobten und ihm die Venezianer misstrauische Blicke zuwarfen.
Das alles gebe ich dir, wenn du deinen Kampf aufgibst und dich mir fügst! Binde dich los!“
„Halt dein ruchloses Maul, Versucher!“ , brach es aus Bartomeu heraus. Doch die Stimme in seinem Kopf war gar nicht die eines männlichen Teufels, sie war weich, lasziv, sie schmeichelte, sie war süßer als Honig und Honigsalm.
„Jesus hat dir nicht nachgegeben“, zischte der Cahors, „ich werde es ebenfalls nicht tun. Schweig, verstumme! Schweig verstumme!“
Unermüdlich war er, der
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