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Alles bestens

Alles bestens

Titel: Alles bestens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Doelling
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sie doch reden! Ich wollte einfach nur wieder im warmen Kies versinken, mit Sandra.
    Der Zellentrakt lag im Keller, kühl, dunkel, es roch nach Desinfektionsmittel, schlimmer als in jedem Krankenhaus. Dort gab es wenigstens noch Hoffnung und Pfefferminztee. Weiter hinten schnarchte jemand, die Zelle neben mir war noch frei. An der Tür prüften sie, ob ich auch keinen Gürtel, keine Schnürsenkel oder kein Schweizer Messer in der Hosentasche hatte, nahmen mir die Steine weg und fischten das zerknitterte Bild von Sandra I aus meiner Jeans. Ich wusste gar nicht, dass ich es noch hatte, und wollte es gern behalten, aber sie gaben es mir nicht. Wegen den Steinen machte ich einen Riesenaufstand. Der Dicke sagte: »Halt’s Maul«, und schob mich in die Zelle, dann knallten sie die Tür mit voller Wucht zu. Alles schepperte, auch in mir. Da stand ich nun. Nüchtern in einer Ausnüchterungszelle.
    Es war feucht und kahl, wie im Affenkäfig, nur dass keine Bananen, Möhren oder Nüsse auf dem Boden lagen.
    Bis Kopfhöhe weiß gefliest, an der Wand ein Metallvorsprung, ohne Matratze, ohne Decke, ohne Kissen. Es gab nicht mal ein Klo! Ich stand da wie gelähmt und hörte, wie sich Schritte entfernten.
    Dann ging ich in die Runde, immer in die Runde. Das hat Al Capone auch gemacht, damals auf Alcatraz, so konnte er besser denken. Ich wurde schlapp und lehnte mich an die Wand. Das Schnarchen war verstummt. Ich ließ mich auf den Boden sinken. Ich hatte Durst, aber es gab nichts in der Zelle, nicht mal eine Minibar, überhaupt nichts außer Fliesen. Angst krabbelte an mir hoch wie Ameisen. Und kalt war es auch. Ich kauerte mich in mir zusammen, schlang die Arme um mich, zitterte, mein Magen rumorte. Was hätte ich jetzt für eine lauwarme Cola gegeben!
    Ich rief ein paarmal nach den Beamten, aber es meldete sich niemand. Mir war, als würde der Abstand zwischen den Wänden schmaler werden, die Decke höher, bald würde ich zerquetscht werden. Ich redete mir ununterbrochen zu, damit die Wände nicht näher kamen. Ich redete mir Sandra herbei, legte mir ihren Namen auf die Zunge und lutschte ihn wie Schokolade. Sandra – Sandra – Sandra … und mir wurde warm und orange und ich spürte ihren weichen Mund und sah ihre Finger über meinen Bauch gleiten. In dem süßen Nachgeschmack der Bilder schlief ich ein.
    Als ich aufwachte, klebte mir die Zunge am Gaumen fest, mein Kopf stach und mir war übel. Durch das kleine Fenster an der Kopfseite fiel kein Tageslicht, nur von der Decke ein gedimmter Strahler.
    »Wasser!«, rief ich.
    »Ruhe hier, verdamm’ noch ma’«, lallte der Schnarcher.
    Ich stand auf und leckte an den Gitterstäben. Sie waren kühl und schmeckten nach Farbe. Ich versuchte, meine Zunge um eine der Eisenstangen zu schlingen, da öffnete sich eine Tür und eine Polizistin kam mit einer Kanne Wasser. Ich trank hastig, drei Pappbecher hintereinander. Als ich aufs Klo wollte, war die Polizistin schon wieder weg.
    Leute, um es kurz zu machen, die ließen mich nicht aufs Klo! Keine Ahnung, ob mit Absicht oder weil sie es vergessen hatten. Nun konnte ich nur hoffen, dass man mich befreite, bevor mein Tank wieder voll war.
    Es war Donnerstagmorgen, das war schon mal gut. Meine Eltern würden im Laufe des Vormittags von ihren wirklichen und angeblichen Kongressen wiederkommen und mich hier rausholen. Sie hatten eine Rechtsschutzversicherung, außerdem jede Menge Juristen in ihrem Bekanntenkreis. Vielleicht würden sie auch anbieten, dass meine Mutter persönlich mich therapiert und resozialisiert. Aber auf die Couch meiner Mutter wollte ich auf keinen Fall! Ich wollte nichts mehr von mir hergeben, nicht mal meine Macken.
    Okay, ich hab mal behauptet, ich hätte keine Macken, aber das war ein Scherz! Ihr müsst mehr Humor haben, sonst kommt man nicht durchs Leben und wird Beamter, Orthopäde oder Psychoanalytiker. Und ich war mir noch nie so sicher wie in dieser verdammten Zelle, dass ich auf keinen Fall meinen Humor verlieren wollte.
    Nicht so wie dieser Holden Caulfield. An den musste ich nämlich denken, als ich da auf dem Boden hockte. Leider hat er eine Therapie gemacht. Das hat mich maßlos enttäuscht, dass sich der gute Holden am Ende doch noch glatt bügeln lässt und sich auf die Couch legt. Tut die ganze Zeit so cool und steht dann nicht zu sich selbst. Ich hatte mich damals schon von ihm verraten gefühlt, im Englischunterricht, neben Betty the Frog . Jetzt war es völlig klar für mich: Ich wollte alles

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