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Alles ist grün

Alles ist grün

Titel: Alles ist grün Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Foster Wallace
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in der Hand hat, aber Magda scheint Mark mit einer Art orangenem Entsetzen zu mustern. Als reagierte sie auf etwas Fatales.
    »Und natürlich hast du da einen Pickel an der Stirn, Mann. Was soll der Scheiß von wegen Sumach? Könnte wetten, du stehst nicht in der ersten Reihe, wenn sie mit dem Dreh anfangen, hab ich recht?«
    »Wo wohnst du?«, fragt Magda.
    Mark sieht sie leicht verwirrt an. »Baltimore. North Baltimore. Hunt Valley.«
    Sie öffnet leicht den Mund.
    » Alles hat politische Implikationen, Herrgott noch mal«, zielt ein angewiderter J.   D. lautstark halb auf DeHaven, der aus allgemein ländlichen Prinzipien irgendwem die Fresse polieren will, halb auf Sternberg, der in seiner Ecke hockt und wie verrückt sublimiert.
    »Nicht mehr«, widerspricht D.   L. entschieden.
    »Amen und wir dröhn’n.« DeHavens Grinsen wird Absicht.
    Kurz vor dem Durchdrehen sieht auch Sternberg Marks Wiederverschlussbeutel. Magda ist ein bisschen gelb geworden. Ideen wirbeln jetzt wie Häcksel durch Sternbergs übermüdeten Hochdruckschädel, eine Art schräges Gitterwerk aus Rosen, Öl, Körpern, Bernstein, Sumach, Hamburgern, Scheiße, Nechtr, Magda, Sex, Erektionen, Willen und, ja, Politik.
    »Du bist voll davon, Drew«, sagt Sternberg. »Mr. Steelritter hat recht. Politik ist überall. Gott sei Dank mit Ausnahme der Populärkultur. Deswegen hat Unterhaltung so große Bedeutung. Deshalb ist Fernsehen auch so ein Quatsch mit Soße. Wenn es geistlos ist. Wie es sein soll. Scheiß auf PBS . Stimmt’s, Mr. Steelritter?«
    »Das ist so ziemlich der einzige Ausweg«, stimmt Mark ruhig zu.
    Bis auf J.   D. und Magda nicken alle. DeHaven hat den heimtückischen Wagen weiter verlangsamt.
    J.   D. dreht sich um, raucht und schüttelt angewidert das edle Haupt. »Ich weiß ja nicht, wer von euch voller wovon ist, Junge. Fernsehen ist nicht politisch? Was ist mit Hawaii Fünf-Null? Nola hat gesagt, das hättet ihr so hingerissen geglotzt, dass ihr das Blinzeln vergessen habt.« Legt einen Ellbogen auf die Rückenlehne, um Sternberg und Nechtr ein zentriertes Gesicht mit schweren, Zigarre unterstützenden Lippen zuwenden zu können. »Wollt ihr etwa behaupten, in der Serie würde nichts Politisches verhandelt?«
    Die spontane Reaktion der Jungen ist einhellig negativ.
    »Reine Unterhaltung.«
    »Wie eine alte Schmusedecke, die sich langsam auflöst. Beruhigend.«
    »Wie wenn man Speichelblasen bläst. Hirnlos. Spaß um des Spaßes willen.«
    »Besonders bei Wiederholungen, bei der Zweitausstrahlung, wo man die Folge schon kennt«, sagt Sternberg, fängt Feuer, fühlt sich, fühlt sich körperlos, anders, schlapp. »Unendlich tröstlich. Eine Stunde lang weiß man genau, wie die Welt beschaffen ist. Vollkommen sicher. Distanziert und doch verbunden. Eine Höhle mit Aussicht.«
    Steelritter fasst es nicht, wie naiv diese zynischen Jugendlichen sind. Mit der älteren Flugbegleiterin würde er im Rückspiegel Blicke tauschen, wenn nicht D.   L.s schlanker Kopf im Weg wäre. D.   L. und DeHaven verfolgen, wie der Kilometerzähler endlich umspringt. Das ist aufregend und prachtvoll. Beide fühlen sich wie vor einem einarmigen Banditen und wissen, dass sich der andere genauso fühlt. Das Öllämpchen ist zu einem stotternden Flackern geworden, was noch beängstigender ist, wenn man das verwendete Öl kennt.
    »Ich versteh nicht, was mit der heutigen Jugend los ist«, sagt J.   D. »Hawaii Fünf-Null soll unpolitisch sein? Reden wir über dieselbe Serie? die von 65 bis 73 lief? die in jeder Folge Helikopterszenen hatte? Helikopter voller entschlossener weißer Männer mit hölzernen Gesichtern in genau den Geschäftsanzügen, um die sich der ganze Kapitalismus dreht? Weiße Männer, die in Helikoptern rumfliegen und die Ordnung auf einer Pazifikinsel wiederherstellen, die sich anscheinend nicht selbst regieren kann und auf der es von brutalen, bösen und einheimischen Asiaten nur so wimmelt? Der Polizeiserie, wo die Chefs immer weiß sind und ihre Stellvertreter immer gute Asiaten in Anzügen, und alle kooperieren und ko-florieren und schießen aus ihren Helikoptern die bösen Asiaten ab? Wo man sich ständig auf ein ›Festland‹ bezieht, das anscheinend nicht weit von der Insel liegt und vom Chaos auf der Insel bedroht ist und deshalb, wie heißt das gleich, immunisiert werden muss, wo alles nach Jack Lords Pfeife tanzt und rechtfertigt, dass Eingeborene aus Helikoptern abgeschossen werden?«
    »Ziehen Sie da etwa einen Vergleich

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