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Alles paletti

Titel: Alles paletti Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Assaf Gavron
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der Jeschiva und sagte zu ihm: »Vergiss es, mit denen ist nicht mehr zu reden. Die sind wie eine Mauer, sie und ihr Licht.«
    Jonsy ging eines Tages, auf dem Heimweg von der Arbeit, plötzlich ein Licht auf - er begriff, dass die Zeit verstrich. Dass er schon siebenundzwanzig war und immer noch ein Mover in New York. Stimmt, einer der legendären Vormänner in der Stadt. Stimmt, das Moving war die bisher beste Phase seines Lebens. Er liebte es zu fahren, war der König der Navigation, König im Lastwagenaufbau und König der Rückwärtsmanöver
zwischen den Gebäuden von Manhattan. Stimmt, er hatte keinen Grund, nach Israel zurückzukehren, nicht einmal zu Besuch. Trotzdem, siebenundzwanzig. Was sollte er mit seinem Leben anfangen?
    Er überprüfte sein Bankkonto und fand dort nicht die Sicherheiten, auf die er gehofft hatte. Er hatte nichts gespart, denn er hatte gut gelebt in New York. Er bereute keine Sekunde, doch jetzt fragte er sich, was daraus werden sollte.
    Er verließ die Firma, in der er arbeitete, und tat sich mit Chaim Galil von Sababa Moving and Storag’e zusammen, denn Chaim versprach ihm eine Chance. Chaim sagte zu ihm: »Fang als Vormann an, mit mehr Geld, als du jetzt kriegst, und mit der Zeit wirst du Teilhaber. Ich brauche jemanden, der mit mir Sababa managt, und ich brauche jemanden wie dich. Außerdem kannst du in der Wohnung von Sababa in der 39. Straße umsonst wohnen.« Das klang verlockend, klang wie ein Fortschritt. Es hörte sich besser an, als nach Jerusalem, zu seinen verrückten Eltern, zurückzukehren und bei null anzufangen. Also entschied er sich dafür.
    Es kostete ihn ungefähr ein Jahr zu begreifen, dass Chaims Versprechen - »mit der Zeit wirst du Teilhaber« - bestenfalls eine aufrichtige Wunschvorstellung war, deren Realisierung einfach nicht gelang, und schlimmstenfalls eine leere Versprechung, die er nie einzulösen beabsichtigt hatte. Inzwischen wurde aus seinem Bruder Gadi der berühmte Gadi Jonik im Radio. Er las sogar in einer israelischen Zeitung von ihm, die irgendjemand in die Wohnung von Sababa mitbrachte. Und seine Eltern steckten, laut Gadi, immer noch tief im Licht. Sein Vater, stellte sich heraus, war irgendein Meisterrabbi oder so was in dem Stil geworden, und sie bemühten sich nicht einmal mehr, Verbindung aufzunehmen.

    Jonsy versuchte, seine Möglichkeiten zu überdenken. Und da begegnete er Chen in Charlotte. Sie kam mit in die Sababa-Wohnung, und Chaim gab ihr Arbeit. Sie wollte New York statt Ramat Hascharon, sie wollte Architektur statt amerikanischer Geschichte, und Jonsy gefiel es mit ihr, also ließ er das Leben noch ein paar Monate so dahinschleifen, bis er wieder erwachte, diesmal mit achtundzwanzig, immer noch ohne Geld auf der Bank, immer noch Vormann bei Sababa, und begriff, dass New York ihn bereits erstickte und er Luftveränderung brauchte.
     
    Izzi dreht eine nächtliche Runde vor der morgigen Fahrt. Wäsche waschen, etwas essen, den Kopf auslüften. Der blaue Lastwagen steht in der Basis an der 39. Straße, auf halber Strecke zwischen siebter und achter Avenue, geparkt. Der ganze vordere Teil, außer den Fenstern, ist mit toten Insekten gepflastert, ein Andenken von dem Trip in den Süden.
    In der Nacht, im Winter, ist der Himmel von Manhattan durch die Gebäudebeleuchtungen strahlend erhellt, die Wolken treiben mit dem Licht. Es sieht nach Gotham City aus. Der monoton fallende Regen bricht sich im Licht, ein schönes Schauspiel, leicht außerirdisch, wie aus einer anderen Welt. Eine traurige Stadt voller einsamer Menschen.
    Izzi geht die paar Blocks bis zum Times Square zu Fuß. Es ist angenehm draußen, trotz des Regens. Und ganz merkwürdig, nach tagelangem Fahren oder Schleppen nun ständig auf festem Boden zu gehen. Am Times Square trinken Leute mit Hunden Espresso. Sie reden mit anderen Leuten mit anderen Hunden, die Espresso trinken. Eine dichtgedrängte Menschenmasse, von der der Dampf aufsteigt wie von den Espressomaschinen.

    Er wendet sich nach links. In der Nacht, auf der achten Avenue, zwischen der 35. und 42. Straße, gibt es Leute, die übel aussehen. Puertoricaner, denen ein Auge oder eine Hand fehlt, Schwarze, die anbieten, Schuhe zu putzen, oder streiten oder dasitzen und gar nichts tun. Weiße Prostituierte, schrecklich abstoßend, dermaßen alt, dermaßen weiß. Izzi will es nicht in den Kopf, wie jemand geil genug sein kann, um es mit ihnen zu treiben. Jenseits der Grand-Central-Busstation, den gesamten Block zwischen

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