Alta moda
Bluthund, der in den nächsten paar Wochen eine Menge Überstunden schieben sollte. Der Capitano, der sich seit Anbeginn seiner militärischen Laufbahn keine Stunde Müßiggang gegönnt hatte, arbeitete nun noch mehr als sonst und merkte es nicht einmal. Staatsanwalt Fusarri brachte es fertig, jederzeit – Tag und Nacht – verfügbar zu sein und dabei den Anschein zu erwecken, er arbeite überhaupt nicht.
Der Maresciallo stattete der Signora Salis einen Besuch ab.
Er nahm Bini mit, seinen einheimischen Kollegen. Bini erzählte am laufenden Band Witze. Weiß der Himmel, wo er die alle herhatte, sehr lustig waren sie jedenfalls nicht. Und sein Repertoire war wohl auch nicht sonderlich groß, denn ganze drei Kilometer jenseits der Fundstelle des Wagens begann er sich bereits zu wiederholen.
»Ich wette, den haben Sie noch nie gehört: Was haben die Stadt Florenz und ein Frauenkörper gemeinsam?«
»Wie? Oh, entschuldigen Sie, ich…« Guarnaccia, der in Gedanken ganz woanders war und einem Problem nachhing, das sich ihm immer wieder entzog, schreckte aus seinen Grübeleien auf. Zu den Unannehmlichkeiten, die das Leben in Florenz mit sich brachte, gehörte es, daß einen die gebürtigen Florentiner unermüdlich mit einem Haufen unerwünschter und vertrackter Informationen bombardierten und daß man die übrige Zeit von den Touristen just wegen dieser Informationen gelöchert wurde, die einem dann aber nicht mehr einfielen.
Bini, der nicht kleinlich war, wenn man ihm das Stichwort schuldig blieb, steuerte längst auf die Pointe zu.
»Und noch ein Stück tiefer kommt dann die untere Festung…«
Bevor er den Kollegen auf dem Dorfplatz traf, hatte der Maresciallo in der Bar Italia einen Anstandskaffee getrunken, und der Wirt war, nachdem er seine Meinung über Salis kundgetan hatte, auf Bini zu sprechen gekommen.
»Hat ein goldenes Herz, der Mann, immer bereit, anderen was Gutes zu tun, fast schon sträflich großzügig. Jeder, der ihm was Schlechtes nachsagt, kriegt’s mit mir zu tun, aber er kann einen zu Tode langweilen. Eigentlich eine Schande, doch wenn man’s recht bedenkt, ist uns allen ein amüsanter Schurke lieber als ein Heiliger, der ständig die gleichen lahmen Witze reißt.«
Der Maresciallo war nicht übermäßig geduldig, dafür aber, wie der Zufall es wollte, ein unkonzentrierter Zuhörer, dem es seiner Lebtag noch nicht gelungen war, einer Filmhandlung von Anfang bis Ende zu folgen. Und da Bini es mit den Stichworten für seine Pointen nicht so genau nahm, ergänzten sie sich ganz leidlich.
»Da drüben ist es.«
Sie hielten auf einer Bergkuppe am Rande von Binis Dorf und sahen hinunter auf eine kurvenreiche Straße, ein helles Band, das sich durch eine enge Talschlucht – eigentlich kaum mehr als ein Graben zwischen zwei Steilhängen – schlängelte und auf der anderen Seite zu einem kleinen Weiler hinaufführte. Das Salissche Anwesen lag ein Stück weiter rechts der Straße, mitten in der Schlucht, und war das einzige Gehöft weit und breit.
Im Hof vor der tristen Behausung hing eine Wäscheleine. Sie parkten den Jeep zwischen einer leeren Hundehütte und einem zerbeulten Auto ohne Dach, Rückfront und Nummernschilder, die Art von Vehikel, wie kleine Gelegenheitsbauern sie zum Transport von Strohballen, Fässern oder Tierkadavern benutzen.
Der Maresciallo wunderte sich über das Alter der Frau, die sie nur widerwillig eintreten ließ. Erst hielt er sie sogar für Salis’ Mutter, denn er schätzte die grauhaarige, schäbig gekleidete Person mit den schlechten Zähnen auf mindestens sechzig. Mit Lösegeldern kaufte man Land, Schafe, sogar Wertpapiere. Diese Küche dagegen sah aus, als käme die Einrichtung von einer Müllkippe, was wahrscheinlich auch zutraf. Sie nahmen an einem Resopaltisch Platz und bekamen einen starken Rotwein in Wassergläsern vorgesetzt.
»Hier verschwenden Sie nur Ihre Zeit. Er hat nichts damit zu tun.«
»Womit denn?« Während Bini die Unterhaltung führte, horchte der Maresciallo auf das, was die Frau nicht sagte.
»Ich hab doch Augen und Ohren.«
»Das Auto des Opfers wurde auf Ihrem Grund gefunden. Ebenso wie ein benutztes Versteck.«
Darauf gab sie keine Antwort.
»Wann haben Sie ihn zuletzt gesehen?« Sie zuckte die Achseln.
»Erzählen Sie mir nicht, daß ihr keinen Kontakt zueinander haltet.«
»Er war seit einem Jahr nicht mehr unten.«
»Und wer bringt ihm sein Essen?«
Erneutes Achselzucken. »Wenn Sie’s genau wissen wollen: Ich bin
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