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Alterra: Der Herr des Nebels: Roman (German Edition)

Alterra: Der Herr des Nebels: Roman (German Edition)

Titel: Alterra: Der Herr des Nebels: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maxime Chattam
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über beide Ohren. Die Botschafterinnen von Eden sprachen mit ihm wie mit einem Ebenbürtigen und baten ihn sogar, als Spion für sie zu arbeiten.
    »Deine erste Mission wird es sein, ein Auge auf Colin zu haben und uns alles zu berichten, was irgendwie auffällig ist.«
    »Ihr könnt euch auf mich verlassen«, sagte Tim voller Stolz.
    Zelie warf ihrer Schwester einen raschen Blick zu.
    »Aber vorher hätten wir noch einen etwas … gefährlicheren Auftrag für dich.«
    »Ich stehe euch jederzeit zur Verfügung. Ich halte es nicht mehr aus, tagein, tagaus stundenlang Post zu sortieren. Und mein Dienst endet erst in drei Wochen. Wenn ich bis dahin irgendwie behilflich sein kann, ist mir das nur recht!«
    »Darf ich wissen, was deine Alteration ist?«
    Tims Miene verfinsterte sich.
    »Ach, nichts Außergewöhnliches«, sagte er bedauernd. »Ich habe früher Schlagzeug gespielt … Und jetzt kann ich Geräusche machen.«
    »Geräusche? Was für Geräusche?«
    Tim schob den Stuhl zurück, schloss die Augen und konzentrierte sich.
    Über den drei Jugendlichen begann die Luft zu vibrieren, und ein Gong dröhnte durch die Bibliothek. Dann ertönte ein rhythmisches Trommeln, gefolgt von einem hellen Surren. Tim konnte die Luft zum Klingen bringen.
    »Wahnsinn!«, rief Zelie.
    Tim öffnete die Augen.
    »Aber es hat keinen Nutzen«, klagte er.
    »Im Gegenteil! Es ist perfekt für das, was wir mit dir vorhaben.«
    »Maylis und ich werden in einen tiefen Aufzugsschacht hinabsteigen. Aber jemand muss die Wachposten ablenken.«
    »Oh. Ich kann aber nicht kämpfen …«
    »Ich hoffe auch sehr, dass das nicht nötig sein wird! Du sollst dich nur verstecken und die Soldaten ablenken.«
    »Ein Schacht? Soldaten? Äh … Seid ihr sicher, dass ihr das selbst machen müsst? Gibt es denn keine Spione, die für so was ausgebildet sind?«
    Zelie schüttelte den Kopf.
    »Vielleicht waren wir zu gutgläubig, aber wir haben nie daran gedacht, eine Art Geheimdienst zu gründen.«
    »Und deshalb sind wir jetzt unsere eigenen Spione«, fügte Maylis hinzu.

    Tim hockte hinter einem Vorhang aus Schlingpflanzen in einer Felsnische.
    »Mir gefällt das gar nicht«, sagte er. »Das ist gefährlich! Was, wenn ihr nicht wieder hochkommt? Wen soll ich benachrichtigen?«
    »Wir kommen schon wieder hoch«, beruhigte ihn Maylis. »Wenn du siehst, dass sich die Plattform bewegt, musst du die Wachen noch mal ablenken, damit wir hier ungesehen wieder rauskommen.«
    »Alles klar. Gut. Ich bin bereit.«
    Die beiden Schwestern stellten sich eng aneinander, wichen in den Schatten zurück und verschmolzen mit der Dunkelheit.
    »Kein Wunder, dass ihr keine Spione braucht!«, murmelte Tim.
    Er wartete wie vereinbart fünf Minuten, damit sie Zeit hatten, sich zum Aufzug zu schleichen, dann konzentrierte er sich.
    Ein ohrenbetäubender Gong hallte in der Höhle wider. Sogleich stürzten die vier Wachposten aufgeregt herbei.
    »Ich habe dir doch gesagt, dass es kein Einsturz ist!«, sagte der eine belustigt, als sie am Höhleneingang angelangt waren.
    »Aber ein Donnerschlag war es auch nicht!«
    »Was dann?«
    »Was wohl, ein Tier natürlich! Das kann nur irgendein Viech gewesen sein!«
    »Hm, ich hoffe nur, dass es hier nicht sein Nest bauen will.«
    Die vier Großen kehrten zum Tisch und zu ihrem Schnapsfass zurück.
    Tim hoffte inständig, dass die beiden Botschafterinnen genug Zeit gehabt hatten, um in den Aufzug hinabzusteigen.

    Maylis saß auf dem Rand des Schachts. An ihrem Klettergurt war ein Seil festgeknotet, das sie hielt.
    Sie hatte das Seil in einem Ring an der Wand befestigt, während die Zyniks zum Ausgang gelaufen waren. Bei der Finsternis, die in der Höhle herrschte, war es unwahrscheinlich, dass die Erwachsenen sie bemerkten.
    Aber jetzt, wo es darum ging, sich in den dunklen Abgrund hinabzulassen, fragte sich Maylis, was sie hier eigentlich tat.
    Worauf habe ich mich da bloß eingelassen! Man sieht ja die Hand vor den Augen nicht!
    Das Schlimmste war, nicht zu wissen, wo sich die Plattform befand. War sie zwanzig Meter unter ihr oder nur zwei?
    Zelie hatte kurzerhand den Karabinerhaken an ihrem Klettergurt zugeschraubt und sich abgeseilt. Das sah ihr ähnlich. Sie stürzte sich einfach ins Nichts, ohne groß nachzudenken. Auf diese Weise kam sie gar nicht erst dazu, Angst zu haben.
    Maylis zögerte viel länger als ihre Schwester, bevor sie über den Rand stieg und sich in die Tiefe hinabließ.
    Noch ein kleines Stück. Weit kann es nicht mehr

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