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Alteuropa-Trilogie 2 - Die Schmetterlingsgöttin

Titel: Alteuropa-Trilogie 2 - Die Schmetterlingsgöttin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Mackey
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Mädchen war also neugierig geworden, wie? Nun, wer wäre das nicht? Sie schwieg nur gerade genug, um Hiknak befürchten zu lassen, daß sie keine Antwort bekommen würde, dann lachte sie. »Ich war erst zehn, als ich aus meinem Volk geraubt wurde, deshalb kann ich nicht genau sagen, was sie tun, weil ich es nie erlebt habe; aber ich glaube, sie tun alles.«
    »Alles?«
    »Alles.« Dalish grinste und fuhr fort, ihren Handschuh zu flicken. Inzwischen brannte Hiknak förmlich vor Neugierde.
    »Sitz nicht einfach da wie ein stummer Mehlsack! « rief Hiknak. »Los, heraus mit der Sprache! Um Hans willen, Dalish, was
tun
sie?«
    Nun, Hiknak war lange genug auf die Folter gespannt worden. »Wie ich schon sagte, ich weiß es nicht aus eigener Erfahrung, weil ich damals noch zu jung war, aber die Muttervölker singen lehrreiche Lieder, wie man einem Partner Lust schenkt. Ich habe viele dieser Lieder bei den Winter- und Frühlingsfesten gehört, als ich der Vogelgöttin diente, und einige waren sehr deutlich. Ich erinnere mich noch an ein spezielles, das folgendermaßen lautete.« Sie ließ den Handschuh in ihren Schoß fallen und begann zu singen. Es war eine schnelle Melodie mit leicht holprig klingenden Versen, weil sie im Singen die Worte in Hansi übersetzte, damit Hiknak sie verstehen konnte.
     
    Süße Lippen,
    süße Zunge,
    sauge so zärtlich,
    wie die Biene an der Blüte saugt.
     
    Laß deine Hände wandern,
    laß deine Finger spielen,
    der Wasserfall fließt über die Felsen,
    wie dein Haar über meinen Bauch fließt.
     
    Dalish erhob ihre Stimme, bis das Echo von den Wänden der kleinen Höhle zurückschallte. Hiknak, fasziniert von dem Lied, begann in die Hände zu klatschen.
     
    Mein Verlangen ist wie ein Fluß,
    mein Verlangen ist wie ein Rehkitz,
    ich bin scheu in deinen Armen,
    ich bin so wild wie ein Bär.
     
    Wenn du ein Feld wärst,
    wäre ich dein Weizen,
    wenn du eine Lerche wärst,
    wäre ich dein Gesang.
     
    Hiknak bat um eine weitere Strophe, doch Dalish konnte sich an keine mehr erinnern. »Wie gesagt, es ist lange her. Ich war noch ein kleines Mädchen, als ich das Lied lernte.« Sie griff wieder nach dem Handschuh und fuhr fort, ihn auszubessern, aber Hiknak war keineswegs zufrieden.
    »Das klingt ja alles recht hübsch«, knurrte sie, »aber ich verstehe immer noch nicht, wie die Männer den Frauen Lust bereiten. Was soll das heißen: ›ich bin dein Weizen‹? Und was soll das ganze Gerede über Rehkitze und Bären und Lerchen? « Sie kicherte. »Wenn ich Arang erlaube, bei mir zu liegen, wird es mir keine Lust bereiten, wenn er anfängt, wie ein Vogel herumzuflattern.«
    »Ich nehme an, du brauchst eine weniger blumige Beschreibung, richtig? «
    Hiknak nickte.
    »Na schön, dann werde ich dir ein Geheimnis verraten.« Dalish schlang die Arme um die Knie und beugte sich ein wenig vor. »Einmal, vor sehr langer Zeit, überließ mich mein erster Herr, Irehan, einem Gast. Du weißt ja, wie das ist: Ein wichtiger Besucher kommt ins Lager, und der Häuptling möchte ihn bei Laune halten, also gibt er ihm eine seiner Konkubinen für die Nacht.«
    Hiknak nickte. Sie war selbst häufig in das Zelt eines Gastes geschickt worden.
    »Der Gast war auch ein Häuptling – kein sehr wichtiger, kein junger Mann mehr und alles andere als gutaussehend –, aber dennoch der Häuptling eines kleinen Stammes, der in der Nähe der Mutterländer lebte.« Dalish unterbrach sich und starrte einen Moment gedankenverloren vor sich hin. »Ich weiß nicht, ob er jemals die Muttervölker besucht hat, aber auf jeden Fall war dieser kahlköpfige, fette Alte ein wundervoller Liebhaber.« Sie seufzte. »Ich verbrachte die schönste Nacht meines Lebens mit ihm, und als der Morgen graute, tat es mir aufrichtig leid, ihn gehen zu sehen. Ich habe immer gehofft, daß er eines Tages zurückkommen würde und daß Irehan mich dann wieder in sein Zelt schicken würde, aber mein Wunsch hat sich nie erfüllt.«
    »Was hat er denn getan, das so wundervoll war?« fragte Hiknak neugierig.
    »Er machte es langsam.«
    »Wie langsam?«
    Dalish lachte, und ihre Wangen röteten sich vor Vergnügen. In dem matten Licht der Höhle sah sie plötzlich wieder wie ein junges Mädchen aus. »Langsamer, als du es dir vorstellen kannst. Bei Irehan war es immer schneller vorbei, als man mit den Fingern schnippen kann, aber mein alter Häuptling ließ sich die ganze Nacht Zeit. Ich habe mir immer vorgestellt, daß genau so die Männer meines eigenen

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