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Am Ende eines Sommers - Roman

Am Ende eines Sommers - Roman

Titel: Am Ende eines Sommers - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Ashdown
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die sich unten ins Tal schmiegen. Meine Finger spielen mit dem Anhänger, der jetzt auf meinem Schlüsselbein liegt.
    »Was wohl mit Rachel passiert ist?«, sage ich zu mir selbst ebenso wie zu Billy.
    Billy hält meine Hand. Die Sonne taucht das Gras in ein milchiges Licht, und es wogt wie die Wellen am Strand. Das Licht fällt bald hierhin, bald dorthin, und meine Augen blinzeln in der Helligkeit.
    »Du weißt, was du brauchst.« Billy stellt den Korb ab. Er fängt an zu knurren, leise und lockend, und dann packt er mich um die Taille. »Das weißt du, oder?«
    »Billy! Nicht!«, schreie ich, und er stellt mich wieder hin und kitzelt mich so wild, dass mir die Knie einknicken und ich seinem Griff hilflos ausgeliefert bin. Ich kriege keine Luft mehr und schlage kräftig nach ihm, bis er von mir ablässt und lacht wie Sid James.
    »Mistkerl!« Lachend stubse ich ihn mit der Zehenspitze.
    »Hoho!«, ruft er und umarmt mich wie ein Bär, und zusammen rollen wir den Hang hinunter wie ein einziges Wesen, holpernd und knirschend über Disteln und Schnecken, und der Hügel zieht in Spiralen an uns vorbei, verschwommen im Sonnenschein. Langsam kommen wir zur Ruhe, lösen uns aber nicht voneinander. Wir halten uns im Arm, unsere Augen sind nur eine Handbreit voneinander entfernt, und unser Herzschlag wird allmählich ruhiger.
    »Eines Tages wirst du sie wiedersehen«, sagt Billy. Er küsst mich auf die Stirn und schließt die Augen.

 
    Jake,
    Mai 1985
    Dad macht Hühner-Curry, und das ganze Haus riecht nach Wärme und Gewürzen.
    »Geh nach oben und nimm ein langes heißes Bad, Schatz. Ich kümmere mich um den Reis.« Er küsst Mum auf die Stirn und gibt ihr einen Klaps auf den Hintern, als sie weggeht.
    »Billy!«, flüstert sie und bemüht sich, nicht zu lächeln. Sie deutet mit dem Kopf in unsere Richtung.
    Andy grinst hinter vorgehaltener Hand, und ich tue so, als verfolge ich Kung Fu im Fernsehen.
    »Ah, Glashüpfer!«, sagt Andy und zerschneidet die Luft mit Kampfkunsthänden.
    »Ah, Meister Po!«, sage ich mit einem Karatetritt in seine Richtung.
    Er weicht kichernd aus. »Sehl gut, Glashüpfel. Sehl gut!«
    »Machst du Pappadams, Dad?«, rufe ich in die Küche, als Mum weg ist.
    » D’accord «, sagt er mit einem beschissenen französischen Akzent. Er hört in letzter Zeit immer einen Französischkurs auf Kassetten und streut dauernd irgendwelche Wörter ins Gespräch. Die meiste Zeit haben wir keine Ahnung, wovon er redet.
    »Ich nehme an, das heißt Ja«, rufe ich.
    Er streckt den aufwärts gerichteten Daumen durch den Dampf in der Küche. Er pfeift vor sich hin, wischt sich die Hände an der Schürze ab und kostet hin und wieder von seinem Curry, bevor er eine Prise von diesem und ein Löffelchen von jenem hinzugibt. Die Küche sieht aus wie nach einem Bombenangriff; überall stapeln sich Töpfe und Pfannen. Ich drehe mich wieder zum Fernseher um und sehe, dass Andy ebenfalls Dad in der Küche beobachtet.
    »Dad?«, ruft er hinüber. Dad blickt auf. »Dad, seid ihr jetzt wieder zusammen, du und Mum?« Andy grinst, er weiß, das ist eine heikle Frage.
    Dad steht vor dem Topf, und der Löffel schwebt kurz in der Luft. Dad dreht sich zu Andy um. »Wir werden sehen, Sohnemann. Wir werden sehen.«
    Andy stößt die Faust in die Luft, aber so, dass Dad es nicht sehen kann. »Hammer«, sagt er. Von Rechts wegen sollte ich ihn boxen, aber ich lasse es bleiben und konzentriere mich angestrengt auf die Glotze, und ich versuche, nicht laut zu lachen.
    Aphrodite war die schönste Göttin von allen, und wenn sie ihren goldenen, juwelenbesetzten Gürtel trug, konnte niemand ihrer Schönheit widerstehen. Ihr Sohn war Eros, und zusammen schossen sie ihre Pfeile der Leidenschaft auf die Menschen ab und ließen deren Herzen in Liebe schmelzen.
    Miss Terry trägt heute ein goldfarbenes Oberteil, das zu der Geschichte passt. Sie geht auf und ab und benutzt ein Holzlineal als Ersatz für Pfeil und Bogen.
    »In der griechischen Mythologie ist der Pfeil nur zu oft ein Bote des Todes. Aber nicht hier – wie schön! Stellt euch einen Pfeil vor, der die Macht hat, sein Opfer zu berauschen und zu fesseln. Durch die Liebe!« Miss Terry drückt eine Faust an die Brust und legt den Handrücken der anderen Hand an die makellose Stirn. Seufzend öffnet sie die Augen wieder, klatscht in die Hände und sagt: »Danke, Kinder! Wir sehen uns nächste Woche.«
    Es gibt einen kurzen Jubel, dann drängeln alle zur Tür.
    »Gute Arbeit, Jake.« Miss

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