Am Ende eines Sommers - Roman
Kartoffeln zu Ende schält. Ihr Gesicht ist ausdruckslos.
»Weißt du was, Bill? Ich sollte mir den Kopf untersuchen lassen. Wieso sehe ich so was nie kommen, Herrgott noch mal? ›Seelengefährtinnen‹ hat sie uns genannt. Sie sagte, wir seien wie Schwestern. Und dann baggert sie dich an, sowie ich außer Sichtweite bin. Schon als sie dich zum ersten Mal gesehen hat, auf dem College, war sie irrsinnig scharf auf dich.«
Dad lacht, als ob er sich darüber freute. »Tatsächlich?« Er legt die letzten Kartoffeln in den Stieltopf. »Na, es ist gut, dass du sie los bist, oder, Schatz? Aber sie ist auch nicht mein Typ«, fügt er hinzu. »Scheiß Hippie!«
Mum lacht und schlägt mit dem Geschirrtuch nach ihm, bis er sie packt und schnell auf den Mund küsst. Sie balgen sich wie Teenager nach der Schule im Park.
»Was gibt’s zum Abendessen, Mum?«, rufe ich über die Sessellehne und tue so, als hätte ich nicht heimlich alles beobachtet.
»Fischstäbchen und Stampfkartoffeln. Dauert aber noch eine halbe Stunde, Jake. Iss einen Apfel, wenn du Hunger hast«. Sie faltet das Geschirrtuch zusammen und hängt es an den Herd. »Weißt du, Billy, Gypsy ist nicht mal ihr richtiger Name. Sie heißt Jennifer. Aber sie fand, Gypsy klang mehr nach Boheme oder so. Sie konnte es nicht ausstehen, wenn man sie auf dem College mit ihrem richtigen Namen anredete.«
»Ich sag ja«, lacht Dad, »sei froh, dass du sie los bist.«
Mary,
Juni 1977
Das Straßenfest ist L-förmig aufgebaut, vom Royal Oak bis zum oberen Ende unserer Straße. Die Sonne steht schon früh am Himmel, und alle sind unterwegs und schleppen Tische und Stühle und Schüsseln voller Essen heran. Die Kirche hat die Plastikmöbel aus der Village Hall zur Verfügung gestellt, und aus dem Pub sind die schweren Holztische und -hocker nach draußen geschoben worden. Mütter und Freunde laufen überall ein und aus und holen noch mehr Tischdecken und Sandwiches. Die Kinder rennen wild umher, aufgeregt und lärmend. Abgesehen von Andy, der mir immer dicht auf den Fersen bleibt, habe ich die Jungs seit über einer Stunde nicht mehr gesehen.
»Keine Sorge, Schätzchen. Die sind bestimmt mit meinen beiden unterwegs«, sagt Sandy, als ich sie suche. »Du siehst gut aus«, sagt sie zwischen zwei Zügen an ihrer Zigarette.
Ich streiche mit beiden Händen über meine neue weiße Schlaghose und freue mich, dass sie es bemerkt hat.
Die Straßen sind für Autos gesperrt, selbst die kleinsten Kinder sind außer sich vor Freude. Andy sieht einen anderen Dreijährigen, der sich im Staub wälzt, und wirft sich daneben. Er hat seine besten Sachen an.
Am Mittag bringt Eric, der Wirt, die schwere Glocke heraus, mit der er immer die letzte Bestellung ankündigt. Er stellt sich an die Straßenecke, in den Winkel des L, und läutet mit großer Begeisterung. Alle Kinder wissen, dass es das Zeichen zum Essen ist, und sie kommen die Straße herauf und zwischen den Häusern hervor, lassen sich johlend auf die Stühle fallen und rangeln um die besten Plätze. Vom Lärm erschreckt, umklammert Andy mein Bein, aber dann quietscht er vergnügt. Ich entdecke Jake am anderen Ende des Tisches bei Sandys älteren Kindern.
»Kann ich Andy neben dich packen, Jakey? Mummy muss die Orangenlimonade verteilen.«
Jake nickt und lächelt. In den letzten Wochen sind ihm beide oberen Schneidezähne ausgefallen, und er sieht aus wie ein Lausejunge. Ich fahre ihm durch die Haare, und er hilft Andy, seinen Stuhl an den Tisch zu rücken. Andy nimmt einen Smiley-Keks und presst ihn Jake an die Stirn. Jake lacht und drückt mit beiden Händen Andys Pausbacken zusammen.
»Buu-buu«, sagt er und widmet sich wieder seinem Teller.
Ich nehme einen Krug Orangenlimonade und fange am Ende des Tisches an. Ich gieße die kleinen weißen Becher, die säuberlich aufgereiht auf dem Tisch stehen, halb voll. Ganz unten am anderen Ende des Tisches hat Eric die Türen und Fenster des Pubs aufgerissen, und blecherne Musik weht durch die Luft. Es klingt wie ABBA . Die Reihe glücklicher Kinder reicht von mir bis zur Straßenecke. So viele fröhliche Gesichter. Als die Limonade zu Ende geht, nehme ich weiter unten den nächsten Krug vom Tisch. Nachdem alle anderen Kinder sitzen, erscheint Matthew mit einem Freund, kichernd und mit roten Gesichtern. Ich möchte ihn gar nicht fragen, was er getrieben hat. Er wird Billy jeden Tag ähnlicher. Billy ist mit Pete im Pub; sie trinken ein Pint zur Belohnung dafür, dass sie die Möbel
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