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Am Ende eines Sommers - Roman

Am Ende eines Sommers - Roman

Titel: Am Ende eines Sommers - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Ashdown
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fernen Silhouetten der Häuser jenseits des Gartens und der Gasse hinter unserem Grundstück hindurch. Es wird ein schöner Tag werden. Ich krieche wieder unter die warme Decke und schlafe noch mal ein, bis Andy gegen sieben hereingestürmt kommt.
    » Happy birthday to you – happy birthday to you – happy birthday, dear Jaa-ake – happy birthday to you! « Er tanzt im Türrahmen, wackelt bei jedem Wort mit den Hüften und zielt mit den Fingern in die Luft, als wären es Pistolen. Er sieht aus wie die geisteskranke Version des Jungen aus der »Milky Bar«-Reklame. Er rennt raus und kommt mit einem kastenförmigen, in braunes Papier gewickelten Päckchen zurück, das über und über mit kleinen Hunden bemalt ist.
    »Das Geschenkpapier hab ich selbst gemacht – das soll Griffin sein.« Er setzt sich an mein Fußende, zieht ein Knie hoch, lässt das andere Bein baumeln und wartet, dass ich das Päckchen aufmache. »Hab ich selbst gekauft«, sagt er. »Na los, mach schon!«
    Es ist eine Packung mit fünf C90-Memorex-Kassetten.
    »Für wenn du deine Midi-Anlage kriegst«, sagt Andy und macht ein hoffnungsvolles Gesicht.
    »Das ist super«, sage ich und bin ziemlich beeindruckt von seiner ausgezeichneten Wahl. »Von denen werde ich Unmassen brauchen, wenn ich meine Midi-Anlage kriege, weißt du. Aber das ist schon mal ein Anfang. Wenn du Glück hast, nehme ich dir vielleicht mal eine Kassette auf.«
    Unten höre ich Küchengeräusche. Mum macht Tee. Andy sieht, dass ich gut gelaunt bin. Er legt sich rücklings auf mein Bett und verschränkt die Hände hinter dem Kopf. Ich stütze mich auf die Ellenbogen und überlege, ob ich es ihm ausnahmsweise durchgehen lassen soll, da kommt Mum mit meinem Tee herein. Sie beugt sich über mich und gibt mir einen Kuss, und dann stellt sie den Teebecher auf meinen Nachttisch und legt zwei Umschläge daneben, die gestern mit der Post gekommen sein müssen.
    Ich reiße den ersten auf: Er hat A4-Format und sieht interessant aus. Er ist von George, und er enthält eine Geburtstagskarte und ein nagelneues Melody Maker -Heft. Ich klappe die Karte auf: » Peace, Man! «, hat er geschrieben und: » Power to the MUSIC! « Ich habe ein richtig schlechtes Gewissen, weil ich ihm nicht mal eine Karte geschrieben habe. Er hat doch am selben Tag Geburtstag wie ich. Ist es so schwer, sich das zu merken?
    Die zweite Karte ist von der Midland Bank, bei der ich ein Junior-Sparkonto habe. Vorne drauf ist ein gelber Greif, und der Geburtstagsgruß ist gedruckt, nicht handgeschrieben.
    Nichts von Matthew.
    »Na los, Geburtstagskind«, sagt Mum, als ich alles aufgemacht habe. »Wir müssen aufstehen, uns anziehen und fertig machen. Wir haben heute eine Menge zu tun.«
    Ich sehe sie stirnrunzelnd an. »Was denn zum Beispiel? Ich hab Geburtstag. Ich dachte, wir hängen heute einfach rum?«
    Sie lächelt und sammelt meine schmutzigen Sachen ein. »Euer Dad kommt in einer Stunde. Wir machen einen Ausflug.« Sie bleibt in der Tür stehen und sieht Andy und mich an, wie wir mit unseren Bettfrisuren und unseren identischen Streifenpyjamas auf den zerwühlten Laken herumliegen.
    »Alle zusammen?«, fragt Andy.
    »Ja.« Mum hebt eine letzte Socke auf, die sich hinter der Tür versteckt hat. »Alle zusammen. Und wenn ihr in die Gänge kommt, schaffen wir es vielleicht sogar heute noch.«
    »Hammer!«, sagt Andy und stößt die Faust in die Luft.
    Das kann ich ihm nicht durchgehen lassen, nicht mal an meinem Geburtstag. Ich boxe ihn hart auf den Oberschenkel, er verzieht sich humpelnd aus dem Zimmer und schüttelt die Faust.
    »Junge, ich sollte dir …«, näselt er in einem beknackten John-Wayne-Akzent.
    Ich tue so, als wollte ich ihm hinterherrennen, er saust durch den Korridor davon und schlägt seine Zimmertür hinter sich zu. Ich schnappe mir meine Jeans und das schwarze Sweatshirt von George und fange an, mich anzuziehen.
    Der Zug nach Brighton braucht über eine Stunde, aber er fährt durch, und wir brauchen nicht umzusteigen. An jedem Bahnhof drückt Andy das Gesicht an die Scheibe und sucht nach dem Schild, auf dem steht, wo wir sind.
    »Ist das ’ne echte Burg?«, fragt er und legt beide Hände flach ans Fenster.
    Die Burg ragt in der Ferne auf, umgeben von einem nebelverhangenen Tal. Kühe grasen auf den Weiden in der Nähe, und es sieht aus, als wären wir plötzlich durch die Zeit zurückgefahren.
    »Arundel«, sagt Dad. »Geht zurück auf Wilhelm den Eroberer, wenn meine Geschichtskenntnisse mich nicht

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