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Am Ende eines Sommers - Roman

Am Ende eines Sommers - Roman

Titel: Am Ende eines Sommers - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Ashdown
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das Fach, und seine Aufsätze sind so reif, so voller Einsichten, dass man sich manchmal fragt, ob er wirklich erst dreizehn ist.«
    »Vierzehn«, korrigiere ich. Ich kann ihr kaum in die Augen schauen und konzentriere mich lieber auf das Schild auf ihrem Tisch. Ich schnippe mit dem Fingernagel gegen den Rand.
    »Oh. Ja. Natürlich, vierzehn. Jedenfalls, ich habe ein paar seiner Arbeiten mitgebracht, um sie Ihnen zu zeigen. Sehen Sie sich diese wunderschönen Illustrationen an. Er macht immer mehr als gefordert.« Stolz lächelt sie mich an, und die Wimpern vor ihren grünen Augen senken und heben sich einmal, schwer und wie in Zeitlupe.
    »Aber in allen anderen Fächern hat er lauter Cs und Ds«, sagt Dad.
    »Ja, es fällt mir schwer, das zu glauben. Jake hat eine Menge Potenzial, soweit ich das sehen kann. Und er ist ein reizender Junge. Sie sollten sehr stolz auf ihn sein.« Dabei sieht sie nicht mich an, sondern Mum und Dad.
    »Das sind wir«, sagt Mum mit Tränen in den Augen.
    Ich zupfe an ihrem Ärmel, damit wir gehen, bevor sie mich in Verlegenheit bringt. Dad lächelt Miss Terry breit und strahlend an und schüttelt ihr die Hand, was sie anscheinend ein bisschen durcheinanderbringt. Ich bin sicher, sie wird rot. Sie lächelt zurück und sieht erst Dad, dann Mum an.
    »Ich sehe schon, warum du in diesem Fach so gut bist, Jakey, mein Junge«, sagt Dad im Verschwörerton und gibt mir einen Stubs, als wir weitergehen.
    Ich werfe ihm einen warnenden Blick zu und kämpfe gegen die Röte an, die über mein Gesicht kriecht. »Schmutziger alter Knacker«, knurre ich.
    Er rammt mir den Ellenbogen in die Rippen, dass ich aufschreie, und Mum funkelt uns beide wütend an, als wir zum Ausgang gehen. Draußen lachen wir wie Schulkinder, die soeben rausgeworfen worden sind. Den ganzen Scheiß, den wir über meine schulischen Leistungen gehört haben, habe ich schon fast vergessen.
    »Und, wie fandest du, wie das gelaufen ist, Jakey?«, fragt Dad auf dem Heimweg.
    »Keine Ahnung.« Mit gesenktem Kopf kicke ich einen Stein vor mir her.
    Mum legt mir einen Arm um die Schultern. »Du machst es gut, mein Liebling«, sagt sie. »Alle diese Lehrer haben gesagt, du bist ein netter Junge, und das ist in meinen Augen mehr wert als hundert glatte As. Und was die Kunst angeht, schlägst du anscheinend nach mir.«
    »Warst du gut in Kunst?« Ich habe sie zu Hause noch nie zeichnen oder malen sehen.
    »Früher.« Sie lächelt wehmütig. »Das war einmal.«
    »Aber in allen anderen Fächern könntest du schon ein bisschen besser werden, Jake«, sagt Dad. »Mit Kunst findest du schließlich keinen Job.«
    Mum ignoriert ihn und drückt meine Schulter.
    »Tu, was dir gefällt, Jake. Folge deinem Herzen, und lass dich von niemandem von deinem Weg abbringen. Du bist ein guter Junge. Ein wunderbarer Junge.«
    Dad schaut weg, und auf dem Rest des Heimwegs sagt keiner mehr etwas.
    An diesem Samstag brauche ich nicht zu arbeiten. Ich gehe mit Mum und Dad in die Stadt, meine Midi-Anlage aussuchen. Andy hat wieder Pfadfindertag. Er will sein »Staatsbürger«-Abzeichen machen, was immer das ist, und so sind wir drei allein unterwegs. Während sie unten zu Ende frühstücken, ziehe ich mich an. Ich habe Georges schwarzes Shirt herausgeholt, weil es mein einziges cooles Kleidungsstück ist. Ich knie mich auf das Bett und öffne meine geheime Literatur-Spardose. Gewissenhaft zähle ich die Scheine und Münzen, die darin sind, bevor ich sie in meinem Portemonnaie verstaue. Das Geld reicht locker für eine anständige Anlage plus zwei LP s. Wenn ich Glück habe, bleibt noch genug für ein neues T-Shirt übrig. Ich stelle die leere Spardose zurück in ihr neues Versteck hinter der Kommode.
    »Komm, Jake, mein Schatz. Los geht’s!«, ruft Mum unten an der Treppe, und ich renne zu ihnen, als sie gerade in die strahlende Junisonne hinaustreten.
    Auf dem Weg in die Stadt erzählt Dad von den Bands, die er in meinem Alter gehört hat.
    »Natürlich ist die Musik erst Ende der Fünfzigerjahre wirklich abgegangen – aber das war meine Zeit! Kannst du dir das vorstellen? Ein junger Mann an der Grenze zur Unabhängigkeit – und aus heiterem Himmel explodiert der Rock’n’Roll! Bis dahin haben Kinder gehört, was ihre Eltern vor ihnen gehört haben. Aber nun ging’s wirklich ab: Buddy Holly und die Crickets, die Stones. Sooft es ging, sind wir nach London gefahren, ich und ein paar Kumpels, um da in die Musikclubs zu gehen. Da hat’s gebrummt! War eine ganz

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