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Am Ende eines Sommers - Roman

Am Ende eines Sommers - Roman

Titel: Am Ende eines Sommers - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Ashdown
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von hinten beleuchtet.
    »Yep.« Ich schaue wieder in die orangegelben Flammen.
    »Wie spät ist es jetzt?«
    »Kurz vor elf.« Ich schaue ihn an.
    »Vielleicht ist was passiert?« Er sieht aus, als würde er gleich anfangen zu weinen.
    »Natürlich nicht.« Ich versuche, mir meine Gereiztheit nicht anmerken zu lassen. »Er hat sich einfach mit jemandem verplaudert.«
    Jake schweigt einen Moment. »Ich glaube, wir sollten ihn suchen gehen«, sagt er dann. »Für alle Fälle.« Er geht zur Garderobe neben der Haustür und zieht meinen Mantel herunter. »Komm schon, Mum. Ist doch gleich um die Ecke.«
    Ich schaue auf die Uhr auf dem Kaminsims. Zehn vor elf. Billy ist um sechs gegangen; er wollte ein, zwei Pint trinken und zum Abendessen zurück sein. Mein Magen knurrt, und der Anblick des dünnen kleinen Jake, der mir da meinen Mantel entgegenhält, macht mich plötzlich stinkwütend. Ich sehe Billy vor mir, wie er an seinem Stammplatz am Tresen steht, das fünfte oder sechste Bier trinkt und fröhlich lacht, sorglos und unbekümmert. Und hier steht Jakey und macht sich Sorgen um seinen Vater, der nur an sich selbst denkt. Ich reiße Jake meinen Mantel aus der Hand, ziehe ihm seinen eigenen an und marschiere, mich am Türrahmen festhaltend, mit ihm hinaus.
    »Sschh«, mache ich und ziehe die Tür hinter uns zu. Wir schleichen los.
    Unser Atem weht weiß durch die schwarze Nachtluft, und wir gehen in kleinen, festen Schritten die Straße hinunter. Vor dem Royal Oak bleiben wir stehen und schauen hinein. Die Fenster sind beschlagen, und wir hören das sprudelnde Geplauder und Gelächter von innen an Wände und Türen branden.
    »Du bleibst hier«, sage ich zu Jakey.
    »Kommt nicht infrage!« Er macht riesengroße Augen. »Hier draußen isses stockfinster!«
    » Ist es «, korrigiere ich ihn, und wir gehen hinein. Ich sehe Billy sofort. Er sitzt hinten in der Ecke am Tresen und unterhält sich mit Cindy. Cindy ist die neue Freundin des Wirts, Eric. Sie ist vor ein paar Wochen eingezogen, nachdem seine Frau ausgezogen ist. Das »neue Modell« nennen Billy und Pete sie. Eric steht an anderen Ende der Bar, zapft Bier und wischt Pfützen auf.
    »Cindy!«, ruft er. »Hilf mal ein bisschen hier vorn, Schatz!« Cindy kommt angetänzelt und bedient die wartenden Gäste.
    Ich durchquere das Lokal, Jake bleibt dicht hinter mir. Ich weiche den Blicken der Gäste aus. Billy entdeckt mich, als ich näher komme, und Panik tritt in seinen Blick.
    »Mary? Was machst du hier, Schatz?«
    Ich bin eisig.
    Jetzt sieht er Jake, der schüchtern lächelnd hinter mir hervorkommt. »Jakey!«
    Seine Freude wird zu Besorgnis, und er richtet sich auf. »Was ist los? Ist mit den Jungs alles in Ordnung?«
    Ich stelle mich dicht vor ihn und flüstere mit zusammengebissenen Zähnen. »Den Jungs geht es gut. Aber Jake hat sich Sorgen gemacht. Er dachte, vielleicht ist dir etwas passiert. Du bist seit fünf Stunden weg.«
    Billy schaut auf die Uhr und sieht an mir vorbei Jake an. »Oh, Jakey, mein Junge! Lieb von dir – aber mir geht’s gut. Hab nur ein bisschen zu lange geplaudert, das ist alles.«
    Jake lächelt seinen Dad an, bewundernd und naiv.
    »Möchtest du Chips?«, fragt Billy. »Cindy! Komm her und sag meinem Jungen guten Tag! Welche Sorte, Jakey?«
    Cindy bringt Jake eine Tüte Chips mit Räucherspeckgeschmack und eine Coke.
    Billy sieht mich an. »Mary, Schatz? Was möchtest du?«
    Nein, will ich sagen, ich muss zurück zu den Jungs. Aber da steht Cindy und wartet auf meine Antwort, ganz frisch und fleischig in ihrem engen lachsrosa T-Shirt, und ich weiß, um Billys willen muss ich bleiben. »Rotwein bitte«, sage ich, und plötzlich geniere ich mich wegen meiner verschossenen Leggings und meiner ungekämmten Haare.
    Jake strahlt vor Glück, und seine Augen funkeln aufgeregt.
    »So ein niedlicher Junge, Billy«, sagt Cindy und stellt mir mein Glas hin. Sie wischt über den Tresen und entfernt sich dabei langsam von uns. Sorgfältig nimmt sie jede kleine Pfütze mit.
    »Sie scheint nett zu sein«, sage ich zu Billy, und ich sehe zu, wie sie das Messing der Abtropfplatte poliert.
    Billy spricht leise, damit Jake ihn nicht hören kann. »Der arme alte Eric. Sie ist ’ne Schlampe, aber das hat er noch nicht gerafft. Siehst du Tony da drüben? Mit dem war sie letzten Mittwoch zusammen. An ihrem ›freien Abend‹.«
    Ich schaue zu Tony hinüber. Er sitzt am anderen Ende der Bar, ein Mann von Ende dreißig, der etwas Trauriges, Hungriges an sich

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