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Amelia Peabody 15: Der Herr des Sturms

Titel: Amelia Peabody 15: Der Herr des Sturms Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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Geschickt wich Nefret seiner Frage aus. »Aber jetzt müssen wir wieder an die Arbeit. Auf Wiedersehen.«
    Es dauerte eine Weile bis zu ihrem Aufbruch; immer wenn ich von meiner Arbeit aufblickte, erhaschte ich einen Blick auf Justins hellen Schopf und sein störrisches Kopfschütteln, und ich hörte seinen Aufpasser, der mit Engelszungen auf ihn einredete, endlich mitzukommen. Dann sah ich sie nicht mehr. Da war es fast Mittag, und ich erinnerte Emerson daran, dass er versprochen habe, Walter für den Nachmittag nach Hause zu schicken. Ein Blick auf seinen Bruder erstickte jeden Widerspruch, den mein Gemahl vielleicht eingelegt hätte; mein Schwager hatte sich weder beklagt noch seine Arbeit vernachlässigt, gleichwohl stand er kurz vor einem Sonnenstich mit anschließendem Zusammenbruch. Emerson beschwerte sich nicht einmal, als ich Ramses gleich mitschickte. Wir anderen zogen uns unter das kleine Schutzdach zurück, das ich im Schatten der Tempelmauern errichtet hatte, und öffneten unsere Picknickkörbe.
    Die meisten Touristen hatten sich in Cook’s Rasthaus oder in ihre Hotels zurückgezogen. Eine wohltuende Stille legte sich über das Tal – Stille, mit Ausnahme von Emersons dozierender Stimme. Ich ließ ihn reden, da sein Redefluss schwerlich zu stoppen gewesen wäre. Ich war ein wenig besorgt um Lia, aber sie hatte sich gut gehalten. David war wie immer, forsch, flink und fleißig. Sobald er ein paar Sandwiches hinuntergeschlungen hatte, sprang er auf und erklärte, er wolle sich einige der Reliefs im ptolemäischen Tempel genauer ansehen.
    »Sieh sie dir ruhig alle an, aber tu nicht allzu interessiert«, riet Emerson. »Vandergelt plant, sämtliche Grabgemälde kopieren zu lassen. Die Gruft von Sennutem …«
    Er brach ab. Sein Blick war auf den Hügel fixiert, wo die Trümmer winziger Ziegelpyramiden und kleiner Kapellen den Dorffriedhof markierten. Langsam und überlegt schob er sein angeknabbertes Hühnerbein auf den Teller zurück und stand auf.
    »Was ist denn?«, forschte ich. »Was hast du …«
    Doch da war Emerson bereits über das Geröllfeld in Richtung Hügel geprescht. Ein laut geschmettertes »Hölle und Verdammnis« war seine einzige Reaktion auf meine Frage. Als ich aufsah, begriff ich seine überstürzte Handlung. Hoch oben waren zwei Gestalten, die sich vorsichtig über einen der steil abfallenden Pfade bewegten. Genau wie Emerson erkannte ich das braune Tweedjackett und Justins jungenhafte Figur, gefolgt von seinem bulligen Leibwächter.
    »Gütiger Himmel«, entfuhr es Nefret. »Ist das Justin? Er sollte nicht dort oben herumstromern.«
    »Emerson ist ganz deiner Meinung und reagiert wie üblich prompt«, erwiderte ich. »Ich folge ihm besser, für den Fall, dass der beschwichtigende Einfluss einer Frau erforderlich wird. Ihr anderen bleibt hier.«
    Nefret hatte sich halb erhoben. Sie nickte zustimmend, ihre Stirn sorgenvoll gekraust. »Sei vorsichtig, Mutter.«
    Ich war mir sicher, dass mein beschwichtigender Einfluss erforderlich werden würde – nicht, weil ich diesbezüglich eine Vorahnung hatte, sondern weil ich um den cholerischen Charakter meines Gatten wusste. Ich würde ihn nicht mehr einholen können, obschon ich ihm waghalsig schnell folgte und dabei leise gemurmelte Verwünschungen ausstieß. War der Junge seiner Großmutter entwischt oder hatte er sie überreden können, ohne ihn aufzubrechen? Normalerweise hätte ich mir keine Sorgen gemacht, denn ein junger gesunder Mensch vermochte den zwar streckenweise steilen Pfad mühelos zu bewältigen. Ein Stolpern und Ausgleiten barg aber ernste Verletzungsgefahren, und ich bezweifelte, dass François rasch und kompetent handeln könnte, wenn Justin einen seiner Anfälle bekäme. Keinem von beiden war solches Gelände vertraut.
    Ich war an der unteren Biegung, als Emerson die beiden erreichte. Seine Stimme klang wie Donnergrollen. »Was zum Teufel muten Sie dem Jungen da eigentlich zu? Kommen Sie mit mir, Justin.«
    Ich hätte Emerson auf den Kopf zusagen können, dass dies der falsche Ansatz war. Emerson verschlimmerte das Ganze noch, indem er den Halbwüchsigen packte. Sein Griff war den Umständen entsprechend fest, aber nicht so schmerzhaft, dass er Justins Reaktion erklärt hätte. Der stieß einen schrillen Schrei aus, wand und wehrte sich, um freizukommen.
    Ich bezweifle, dass ich den Zwischenfall mit gutem Zureden hätte verhindern können; außerdem war ich zu sehr aus der Puste, um mich lautstark einzuschalten. Ich war

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