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Amelia Peabody 15: Der Herr des Sturms

Titel: Amelia Peabody 15: Der Herr des Sturms Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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noch einen Keks.«
    Sein charmantes Lächeln war auf Evvie geheftet, die neben ihm stand und nur Augen für die Gebäckschale hatte. Justin tätschelte ihr die Wange. »Ich mag sie«, verkündete er. »Ich mag alle diese Kinder.«

    Ich hatte ein ziemlich langes Gespräch mit Molly oder – wie sie es vorzog – Maryam, während ich den verletzten Arm säuberte und verband. Das Gespräch verlief allerdings etwas einseitig. Ihre Antworten auf meine Fragen waren kurz und unerquicklich, ihre Haltung reserviert. Hätte ich sie nicht besser gekannt, hätte ich vermutet, dass ich sie einschüchterte. Nur einmal reagierte sie so spontan wie früher. Das war, als ich Molly enthüllte, dass ihr Vater, Sethos, sie gesucht habe und dass er über ein Lebenszeichen von ihr gewiss erleichtert sei.
    »Sie dürfen ihm das nicht erzählen!«, begehrte sie auf. »Versprechen Sie es mir!«
    »Das kann ich nicht versprechen. Es wird ihm sicher nicht gefallen, dass Sie sich eine bezahlte Anstellung gesucht haben. Sie müssen bei Mrs. Fitzroyce kündigen.«
    »Das kann ich nicht«, sagte Maryam leise. »Sie haben doch gesehen, wie Justin ist. Er vertraut mir. Es fällt ihm schwer, sich an neues Personal zu gewöhnen, und François ist ihm zwar tief ergeben, aber er hat auch seine Schwächen.«
    »Leider«, seufzte ich. »Nun, Maryam, Ihr Pflichtgefühl ehrt Sie. Was allerdings Ihren Vater betrifft …«
    »Ich möchte weder von ihm noch von anderen abhängig sein.« Trotzig reckte sie ihr Kinn. »Er kümmert sich nicht um mich. Er hat mich nur ausgenutzt!«
    »Da irren Sie«, wandte ich ein.
    »Mag sein. Kann ich jetzt gehen? Mrs. Fitzroyce macht sich bestimmt Sorgen um Justin.«
    »Ich kann Sie nicht hier festhalten. Bitte bedenken Sie meine Worte. Ehrliche Arbeit ist keine Schande, aber diese Anstellung ist doch nichts für eine junge Frau, und als einem Mitglied unserer Familie steht Ihnen selbstverständlich unsere Hilfe zu.«
    »Ich danke Ihnen.« An ihrem distanzierten Gesichtsausdruck änderte sich nichts. Sie stand auf, zog den zerrissenen Ärmel hinunter.
    Trotz der grau gefärbten Haare sah sie kaum älter aus als bei unserem letzten Zusammentreffen, inzwischen musste sie achtzehn oder neunzehn sein. Ihre von langen Wimpern umrahmten rehbraunen Augen waren wie die ihres Vaters geformt. Das scheußliche Kleid konnte ihre drahtige kleine Statur nicht gänzlich kaschieren.
    »Darf ich Ihnen einen Hut schenken?«
    Es war ein recht hübscher Strohhut mit Schleier und künstlichen Blumen. Justin erklärte überschwänglich, dass sie beinahe hübsch aussähe. Er setzte hinzu: »Schätze, sie möchte auch eine Tasse Tee.«
    »Nein«, sagte Maryam rasch. »Wir müssen aufbrechen, Justin. Deine Großmutter wird sich Sorgen machen.«
    »Wir können noch nicht gehen«, kicherte Justin. »Mein Esel ist weggelaufen.«
    »Ich werde das Automobil holen«, verkündete Emerson und verschwand nach einem bitterbösen Blick zu mir. Er hatte den Wagen längst nicht so oft benutzen dürfen, wie ihm vorschwebte. Allerdings war ich wie er erpicht darauf, die beiden loszuwerden, deshalb hatte ich keinerlei Einwände.
    Ich hatte Emerson überredet, die Höllenmaschine in der Scheune unterzustellen, nahm aber keine Sekunde lang an, dass sie lange dort bleiben würde. Ihre Bewunderer waren zahlreich, etliche bestaunten sie sogar täglich – aus der Ferne, da Emerson und Selim klar gemacht hatten, dass demjenigen, der das Vehikel berührte, eine harte Strafe und womöglich ein böses Omen drohten. Als das Gefährt auftauchte, wunderte es mich nicht, dass Selim neben Emerson thronte. Er bastelte in seiner Freizeit häufig an dem unsäglichen Ding herum.
    Der Anblick des Wagens lenkte Justin ab und weckte ganz neue Wünsche. »Ein Automobil! Kann ich mitfahren? Darf ich es lenken?«
    »Wissen Sie denn wie?«, wollte ich wissen.
    »Nein, aber das ist sicher ganz einfach zu lernen. Ich würde es furchtbar gern machen.«
    »Niemand fährt das Automobil außer mir und Selim«, tönte Emerson stimmgewaltig.
    »Selim soll sie fahren, Emerson«, riet ich. »Es ist nicht genug Platz für alle, und außerdem brauche ich dich hier.«
    Emerson murrte ein bisschen, gleichwohl wusste ich, wie versessen er darauf war, die neuerlichen Entwicklungen zu diskutieren. Selim rutschte auf den Fahrersitz, und Emerson packte Justin am Revers, als dieser einsteigen wollte.
    »Lassen Sie Miss – äh – den Vortritt«, wies er ihn zurecht.
    Der schmächtige Jugendliche versteifte

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