American Psycho
geht’s doch nicht. Das Telefon in meinem Zimmer war den ganzen Tag nicht belegt«, sagt sie. »Wo warst du?«
»Ich … war ewig in der Videothek und habe mir ein paar Filme ausgeliehen«, sage ich, mit mir zufrieden, gebe mir selbst High-Five, das schnurlose Telefon in die Halsbeuge geklemmt.
»Ich wollte rüberkommen«, sagt sie in einem weinerlichen Kleinmädchenton. »Ich hatte Angst, habe ich immer noch. Hörst du es meiner Stimme nicht an?«
»Eigentlich klingst du gar nicht so.«
»Nein Patrick, ehrlich. Ich bin ziemlich erschüttert«, sagt sie. »Ich zittere. Wie Espenlaub zittere ich. Frag Mia, meine Gesichtskosmetikerin. Sie hat gesagt, ich sei ver krampft. «
»Tja«, sage ich, »du hättest sowieso nicht rüberkommen können.«
»Honey, warum nicht?« weint sie und wendet sich dann an jemanden, der gerade die Suite betritt. »Rollen Sie es nur da rüber ans Fenster … nein, nicht an das Fenster … und können Sie mir sagen, wo die verdammte Masseuse bleibt?«
»Weil der Kopf von deiner Nachbarin in meinem Kühlschrank lag«, sage ich gähnend und strecke mich. »Hör zu. Dinner? Wo? Kannst du mich hören?«
Um halb neun sitzen wir uns im Bacardia gegenüber. Evelyn trägt eine Anne-Klein-Rayon-Jacke, einen Wollcrêpe-Rock, eine Seidenbluse von Bonwit’s, antike Gold- und Achatohrringe von James Robinson, die grob geschätzt viertausend Dollar kosten, und ich trage einen Zweireiher, ein Seidenhemd mit eingewebten Streifen, einen gemusterten Seidenschlips und Lederslipper, alles von Gianni Versace. Ich habe weder den Tisch im Turtle’s abbestellt noch Courtney Bescheid gesagt, daß aus unserer Verabredung nichts wird, also taucht sie wahrscheinlich gegen Viertel nach acht völlig durcheinander dort auf, und wenn sie heute kein Elavil genommen hat, wird sie sicher wütend sein, und darüber – nicht über die Flasche Cristal, auf der Evelyn besteht, um den Champagner dann mit Cassis zu mischen – lache ich laut.
Ich habe den Großteil des Nachmittags damit verbracht, mir frühe Weihnachtsgeschenke zu kaufen – eine große Schere in einem Drugstore in der Nähe der City Hall, einen Brieföffner von Hammacher Schlemmer, ein Käsemesser von Bloomingdale’s, passend zu dem Käsebrett, das Jean, meine Sekretärin, die in mich verliebt ist, auf meinem Schreibtisch vergessen hat, bevor sie zum Lunch ging, während ich in einem Meeting war. In der Patty Winters Show heute morgen ging es um die Möglichkeit eines Nuklearkriegs, und der Expertengruppe zufolge sind die Aussichten ziemlich gut, daß es irgendwann innerhalb des nächsten Monats soweit sein wird. Evelyns Gesicht sieht jetzt kreideweiß aus, ihr Mund ist mit einem purpurnen Lipliner umrandet, was einen verblüffenden Effekt hat, und ich stelle fest, daß sie mit Verspätung Tim Prices Rat befolgt hat und keine Bräunungslotion mehr nimmt. Anstatt das zu erwähnen und mich von ihr mit albernen Ausflüchten langweilen zu lassen, frage ich nach Tims Freundin Meredith, die Evelyn verachtet, ohne daß sie mir je die Gründe dafür ganz klargemacht hat. Und wegen der Gerüchte über Courtney und mich hat aus noch näherliegenden Gründen auch Courtney bei Evelyn verschissen. Ich halte meine Hand über den Rand meiner Champagnerflöte, als die beflissene Kellnerin auf Evelyns Wunsch hin versucht, in meinen Cristal einen Schuß Cassis zu geben.
»Nein, danke«, sage ich zu ihr. »Vielleicht später. In einem Extraglas.«
»Spielverderber.« Evelyn kichert, dann atmet sie tief ein. »Aber du riechst gut. Was trägst du – Obsession? Du Spielverderber, ist es Obsession?«
»Nein«, sage ich grimmig. »Paul Sebastian.«
»Natürlich.« Sie lächelt und leert ihr zweites Glas. Sie scheint viel besserer Stimmung zu sein, aufgedreht fast, ausgelassener, als man es von jemandem erwarten würde, dessen Nachbarin bei vollem Bewußtsein mit einer elektrischen Mini-Kettensäge in Sekundenschnelle der Kopf abgeschnitten wurde. Evelyns Augen glitzern für einen Moment im Kerzenlicht, dann verblassen sie wieder zu ihrem normalen Grau.
»Wie geht es Meredith?« frage ich und versuche, mein gähnendes Desinteresse zu verbergen.
»O Gott. Sie trifft sich mit Richard Cunningham.« Evelyn stöhnt. »Er ist bei First Boston. Wer’s glaubt? «
»Weißt du«, erwähne ich, »Tim wollte sich von ihr trennen. Schluß machen.«
» Warum, um Himmels willen?« fragt Evelyn überrascht, verblüfft. »Sie hatten dieses herrliche Haus in den Hamptons.«
»Ich
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