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American Psycho

American Psycho

Titel: American Psycho Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bret Easton Ellis
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Psychiater und Kinderärzte versuchte, ihnen dabei zu helfen, ihre Verwirrung und ihren Zorn aufzuarbeiten – ziemlich vergeblich, was mich sehr freute, muß ich hinzufügen. Doch was mich wirklich fertigmachte, waren die drei verurteilten Kindermörder vor der Hinrichtung, die wegen ziemlich komplizierter rechtlicher Schlupflöcher auf Haftverschonung plädierten und sie vermutlich auch bekommen werden. Aber irgend etwas lenkte mich ab, während ich beim Frühstück – Kiwischeiben und japanische Apfelbirnen, Evian-Wasser, Mehrkorn-Muffins, Sojamilch mit Zimtsplittern – auf den riesigen Sony-Fernseher schaute, störte mein Amüsement über die sich grämenden Mütter, und erst als die Show fast zu Ende war, fand ich heraus, was: der Riß über meinem David Onica, den ich bereits dem Portier gemeldet hatte, damit der Hausmeister ihn repariert. Als ich an diesem Morgen beim Herausgehen in der Lobby stehenblieb, um mich beim Portier zu beschweren, wurde ich mit einem Neuen konfrontiert, der zwar in meinem Alter war, aber kahl, spießig und fett. Auf dem Tisch vor ihm neben der Post, die auf den Comic-Seiten aufgeschlagen war: drei glasierte Marmeladen-Donuts und zwei dampfende Tassen extra-dunkler Kakao. Es verblüffte mich, daß ich soviel besser aussah, erfolgreicher und wohlhabender war, als es dieser arme Hund jemals sein würde, und so lächelte ich ihn mit einem vorübergehenden Anflug von Sympathie an und nickte ihm ein kurzes, aber nicht unhöfliches guten Morgen entgegen, ohne meine Beschwerde anzubringen. »Ach wirklich«, höre ich mich – völlig uninteressiert – laut zu Armstrong sagen.
    »Genau wie in den Vereinigten Staaten feiert man die Sommermonate mit Festivals und besonderen Veranstaltungen, darunter Konzerte, Kunstausstellungen, Straßenmärkte und Sportwettkämpfe, und da die üblichen Menschenmassen woanders hinfahren, sind die Inseln weniger überfüllt, bieten einen besseren Service und es gibt keine Warteschlangen vor diesem Segelbootverleih oder jenem Restaurant. Wie ich meine, sind die meisten Leute daran interessiert, die Kultur, die einheimische Küche, die Landesgeschichte zu erleben …«
    Auf dem Weg zur Wall Street heute morgen blieb der Firmenwagen im Stau stecken, und ich mußte aussteigen, und als ich auf der Suche nach einer U-Bahn-Station über die Fifth Avenue ging, kam ich an einer Art Halloween-Parade vorbei, die mir etwas merkwürdig erschien, weil ich mir ziemlich sicher war, daß erst Mai ist. Als ich stehenblieb, stellte es sich heraus, daß sich das Ganze »Gay Pride Parade« nannte, und mir drehte sich der Magen um. Homosexuelle marschierten stolz über die Fifth Avenue, rosa Winkel schmückten pastellfarbene Windjacken, einige hielten sogar Händchen, die meisten sangen inbrünstig und schräg »Somewhere«. Ich stand vor Paul Smith, sah mir das alles mit einer gewissen traumatisierten Faszination an und rang mit der Vorstellung, wie ein menschliches Wesen, ein Mann, stolz darauf sein kann, einen anderen in den Arsch zu ficken, doch als mir während des Refrains »There’s a place for us, Somewhere a place for us« ältliche Bademeister-Typen mit Walroßschnäuzern ausgelassene Pfiffe hinterherschickten, sprintete ich zur Sixth Avenue, entschloß ich mich, zu spät ins Büro zu kommen, und fuhr mit dem Taxi zurück in mein Apartment, wo ich einen frischen Anzug (von Cerrutti 1881) anzog, mir eine Pediküre verpaßte und den kleinen Hund zu Tode quälte, den ich Anfang der Woche in einer Tierhandlung auf der Lexington gekauft hatte. Armstrong brabbelte weiter.
    »Wassersport steht natürlich im Vordergrund. Doch auch die Golf- und Tennisplätze sind exzellent, und die Lehrer in vielen der Ferienzentren haben während des Sommers mehr Zeit für individuelle Betreuung. Außerdem sind viele Plätze mit Flutlicht ausgestattet, so daß man auch nachts spielen …«
    Schnauze … Armstrong, denke ich, während ich aus dem Fenster auf den Stau an der Kreuzung und die auf der Church Street vorbeiziehenden Penner schaue. Die Vorspeisen kommen: Brioche mit sonnengetrockneten Tomaten für Armstrong. Poblano-Chilies mit einem zwiebligen orange-purpurnen Chutney für mich. Ich hoffe, daß Armstrong nicht vor hat zu zahlen, weil ich diesem trüben Schwachkopf unbedingt zeigen muß, daß ich wirklich eine Platin-American-Express-Card habe. Aus unerfindlichen Gründen bin ich augenblicklich sehr niedergeschlagen, ich höre Armstrong zu, und mir steckt ein Kloß im Hals, doch ich

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