American Psycho
schlucke, trinke etwas Corona und das Gefühl geht vorbei, und während einer Pause, in der er kaut, frage ich fast unwillkürlich, obwohl ich weiß Gott an anderes denke: »Und das Essen? Wie ist das Essen?«
»Gute Frage. Zum Essengehen ist die Karibik noch reizvoller geworden, da sich die heimische Inselküche und europäische Eßkultur aufs Angenehmste ergänzen. Zahlreiche Restaurants werden von amerikanischen, britischen, französischen, italienischen und sogar holländischen Auswanderern geführt …« Dankenswerterweise legt er eine Pause ein, beißt ein Stück aus seinem Brioche, der aussieht wie ein in Blut getränkter Schwamm – sein Brioche sieht aus wie ein großer blutiger Schwamm –, und spült es mit einem Schluck Corona runter. Ich bin an der Reihe.
»Wie steht’s mit Ausflügen?« frage ich desinteressiert und widme mich den dunklen Chilies, dem gelblichen Chutney, das den Teller in einem kunstvollen Achteck umrahmt; Koriander-Blätter umrahmen die Marmelade, wiederum umrahmt von Chilisprossen.
»Ganz oben auf dem Besichtigungsprogramm stehen die Zeugnisse europäischer Kultur, im 17. Jahrhundert wurden viele Inseln zu Festungen ausgebaut. Der Tourist kann die verschiedenen Stellen besuchen, an denen Columbus gelandet ist, und da sich der vierhundertste Jahrestag seiner ersten Seereise von 1590 nähert, findet die Kultur und Geschichte, die ein integraler Bestandteil des Insellebens ist, gesteigerte Aufmerksamkeit …«
Armstrong, du … Arschloch. »Ja, ja«, nicke ich. »Äh …« Paisley-Schlipse, karierte Anzüge, meine Aerobic-Stunden, Videokassetten zurückgeben, Gewürze von Zabars abholen, Bettler, weiße Schoko-Trüffel … Der modrige Geruch von Drakkar Noir, das Christopher aufgelegt hat, weht mir ums Gesicht und vermischt sich mit dem Geruch des Chutney, des Korianders, der Zwiebeln und der schwarzen Bohnen. »Ja, ja«, sage ich noch einmal.
»Der Aktivurlauber kann bergsteigen, Höhlen erforschen, segeln, reiten und auf einem Floß über reißende Flüsse fahren, und wer sein Glück beim Spiel auf die Probe stellen will, hat dazu in den vielen Kasinos auf den Inseln Gelegenheit …«
Flüchtig stelle ich mir vor, mein Messer zu zücken, ein Handgelenk aufzuschlitzen, meines, die sprudelnde Vene auf Armstrongs Kopf oder besser noch auf seinen Anzug spritzen zu lassen, und frage mich, ob er selbst dann noch weiterreden würde. Ich spiele mit dem Gedanken, ob ich kommentarlos aufstehen und mit einem Taxi zu einem anderen Restaurant fahren soll, irgendwo in SoHo, vielleicht etwas weiter uptown, um dort etwas zu trinken, auf die Toilette zu gehen, vielleicht Evelyn anzurufen, um dann ins DuPlex zurückzukommen, und ich spüre mit jeder Faser meines Körpers, daß Armstrong dann immer noch von seinem Urlaub auf den verdammten Bahamas quasseln würde, wo offenbar nicht nur er, sondern die ganze Welt Ferien gemacht hat. Irgendwann zwischendurch räumt der Kellner die halbvollen Vorspeisenteller ab, serviert neue Coronas, Freilandhähnchen mit Johannisbeer-Essig und Guacamole, Kalbsleber mit Shadrogen und Lauch, und ich bin mir nicht sicher, wer was bestellt hatte, aber das spielt keine Rolle, da beide Teller ohnehin genau gleich aussehen. Ich erwische das Freilandhähnchen mit einer Extraportion Tomatillosauce, glaube ich.
»Besucher der Karibik brauchen keinen Paß – lediglich einen Nachweis ihrer U.S.-Staatsbürgerschaft –, und was noch viel besser ist, Taylor, die Sprache bedeutet überhaupt kein Hindernis. Englisch wird überall gesprochen, selbst auf diesen Inseln, wo die Landessprache Französisch oder Spanisch ist. Die meisten Inseln sind ehemalige britische …«
»Mein Leben ist eine einzige Hölle«, bemerke ich beiläufig, während ich gleichgültig den Porree auf meinem Teller herumschiebe, der übrigens ein Porzellandreieck ist. »Und es gibt noch viel mehr Menschen, die ich, äh, … ja, umbringen will.« Ich sage das mit Betonung auf den letzten beiden Worten und schaue direkt in Armstrongs Gesicht.
»Die Verbindungen auf die Inseln haben sich verbessert, seit sowohl American Airlines wie Eastern Airlines San Juan zum Drehkreuz gemacht haben und Anschlußflüge zu den Inseln anbieten, die sie nicht direkt anfliegen. Mit dem zusätzlichen Dienst von BWIA, Pan Am, ALM, Air Jamaica, Bahamas Air und Cayman Airways sind die meisten Inseln leicht zu erreichen. Es gibt von LIAT und BWIA zusätzliche Verbindungen innerhalb der Inseln, was eine Serie von planmäßigen
Weitere Kostenlose Bücher