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Amerika!: Auf der Suche nach dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten (German Edition)

Amerika!: Auf der Suche nach dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten (German Edition)

Titel: Amerika!: Auf der Suche nach dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Geert Mak
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immer gleich, glatt, blau und sonnig.«
    Der Kabeljau auf unseren Tellern sei gerade erst ins Netz geschwommen, der beste der Welt. Im Gastraum stehen nur wenige Tische und Bänke, jeder Gast unterhält sich mit jedem. »Im Oktober sind die Touristen weg«, sagt einer von ihnen. »Dann kommen die Stürme, und der Hafen und das Meer gehören wieder uns allein.« Die Arbeitslosigkeit liege in diesem Teil von Oregon knapp unter 20 Prozent, »aber Politik machen wir hier schon lange nicht mehr«. Die Politiker versprächen nur viel, täten aber nichts, meinen unsere Tischnachbarn.
    Es sind immer wieder die gleichen Äußerungen, die wir zu hören bekommen. Man hat das Gefühl, die politische Diskussion spiele sich in einer anderen Luftschicht ab. Die Demokraten, mit denen wir sprechen, sind enttäuscht von Obama, die Republikaner entschuldigen sich für die Extremisten in ihrer Partei. Auf lokaler Ebene ist die Polarisierung häufig so stark, dass Republikaner und Demokraten lieber gar nicht mehr miteinander diskutieren, weil das nur Streit und Ärger gibt. Und alle schämen sich für die sinnlose Polemik und für den Zustand des Landes.
    Der nächste Morgen wird von verschiedenen Grau-, Weiß- und Blautönen beherrscht. An der Küste ist der Himmel klar, draußen auf dem Meer regnen schwere Wolken ab, durch die hin und wieder ein Sonnenstrahl bricht; über den Hügeln links schwebt ein grauer Dunstschleier, davor kleine weiße Wolken vor strahlendem Blau, so beginnt hier der Tag. Möwen kreischen. Die Desert Storm und die Max werden zu Wasser gelassen, kleine, solide Fischereifahrzeuge für einen Mann Besatzung, wie es hier viele gibt. Der Skipper der Max , wettergegerbt wie sein Boot, steht in einem orangefarbenen Overall auf dem Deck und gibt dem Kranführer Anweisungen. Motoren brummen, Wellen schlagen knallend gegen den Beton. Salz überall.
    Sie ist eine kleine Welt für sich, diese Plattform: ein paar Fischer und ihre Frauen, zwei Kräne, der Kranführer, der Mann, der die Anhänger manövriert, der lange Wirt und die kleine Wirtin vom Griff’s, der Tellerwäscher, die Felsen, die Möwen, das Meer. Die Frau des Fischers von der Max steht am Geländer der Plattform. »I love you!« – »I love you too!« Sie wirft ihrem Mann eine Kusshand zu, bevor der Kran das Boot zu den Wellen hinunterlässt, tief unter der Plattform. »Heute wird er zwanzig Lachse fangen«, ruft sie dem Mann am Kran zu. »Nein, einundzwanzig«, ruft er zurück. »Einen Extralachs für mich.«
    Die Frau zählt für uns auf, was ihr Mann zu verschiedenen Zeiten fangen darf, sie nimmt die Finger zu Hilfe. »Jetzt fängt er Lachs, dann den ganzen Winter Garnelen, ab Januar wieder Kabeljau. Für alles gibt es Quoten.« Ich frage, ob es genug einbringt. »Ach was, nur wenn man vier, fünf Boote hat, bleibt ein Gewinn. Die großen Fabrikschiffe haben doch fast alles weggefangen.«
    Sie zeigt mit einem Schwenk ihres Arms auf die abgestellten Boote, OR 511 , Top Gun , Tiburon , Belle und zwanzig weitere. »Die müssen alle warten, sie dürfen nur einmal pro Woche ausfahren. Wir sind inzwischen genauso abhängig von tausend Regeln wie die Farmer. Nichts können wir mehr selbst entscheiden, wir sind alle nur noch Konsumenten.«
    Gleich neben dem Griff’s steht ein kleines Denkmal für die nicht zurückgekehrten Fischer. Elf sind es seit dem Jahr 1959, die letzten vier ertranken am 16. Dezember 2006. »Zwanzig Lachse heute!«
    Ein paar Stunden später sind wir an der kalifornischen Grenze, die eine richtige Staatsgrenze ist: Beamte werfen ernste Blicke in unseren Jeep und stellen ernste Fragen, das eventuelle Mitführen von Äpfeln, Birnen, Salat und Ungeziefer betreffend. Wenig später nähern wir uns schon den Wäldern mit den berühmten Redwoods, den gigantischen Küstenmammutbäumen aus der Urzeit, die nur hier heimisch sind. Die Bäume sind meist 60 bis 110 Meter hoch und nicht selten 1000, teilweise sogar über 2000 Jahre alt; neben den ebenfalls in Kalifornien vorkommenden Langlebigen Kiefern und einigen Pilzen gehören sie zu den ältesten lebenden Organismen der Erde. Die Verhältnisse scheinen durcheinanderzugeraten: ein Wald so groß wie in einem Märchenbuch, unser Jeep und wir selbst schrumpfen, die Route 101 verwandelt sich in einen Mäusepfad. Grelles Sonnenlicht blitzt zwischen den Stämmen auf. In einiger Entfernung ist es dunstig, die Baumwipfel verschwinden im kalten Nebel, der vom Ozean heranzieht.
    John und Elaine haben zwei Tage

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