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Amerika

Titel: Amerika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Kafka
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und Hantieren alle Mühe, sie nicht zu wecken.
    Zunächst wollte er seinen Koffer untersuchen, um einmal einen Überblick über seine Sachen zu bekommen, an die er sich schon nur undeutlich erinnerte und von denen sicher das Wertvollste schon verlorengegangen sein dürfte. Denn wenn der Schubal seine Hand auf etwas legt, dann ist wenig Hoffnung, daß man es unbeschädigt zurückbekommt. Allerdings hatte er vom Onkel ein großes Trinkgeld erwarten können, während er aber andererseits wieder beim Fehlen einzelner Objekte auf den eigentlichen Kofferwächter, den Herrn Butterbaum, sich hatte ausreden können.
    Über den ersten Anblick beim Öffnen des Koffers war Karl entsetzt. Wie viele Stunden hatte er während der Überfahrt darauf verwendet, den Koffer zu ordnen und wieder neu zu ordnen, und jetzt war alles so wild durcheinander hineingestopft, daß der Deckel beim Öffnen des Schlosses von selbst in die Höhe sprang.
    Bald aber erkannte Karl zu seiner Freude, daß die Unordnung nur darin ihren Grund hatte, daß man seinen Anzug, den er während der Fahrt getragen hatte und für den der Koffer natürlich nicht mehr berechnet gewesen war, nachträglich mit eingepackt hatte. Nicht das Geringste fehlte. In der Geheimtasche des Rockes befand sich nicht nur der Paß, sondern auch das von zu Hause mitgenommene Geld, so daß Karl, wenn er jenes, das er bei sich hatte, dazu legte, mit Geld für den Augenblick reichlich versehen war. Auch die Wäsche, die er bei seiner Ankunft auf dem Leib getragen hatte, fand sich vor, rein gewaschen und gebügelt. Er legte auch sofort Uhr und Geld in die bewährte Geheimtasche. Das einzig Bedauerliche war, daß die Veroneser Salami, die auch nicht fehlte, allen Sachen ihren Geruch mitgeteilt hatte. Wenn sich das nicht durch irgendein Mittel beseitigen ließ, hatte Karl die Aussicht, monatelang in diesen Geruch eingehüllt herumzugehen.
    Beim Hervorsuchen einiger Gegenstände, die zuunterst lagen – es waren dies eine Taschenbibel, Briefpapier und die Photographien der Eltern –, fiel ihm die Mütze vom Kopf und in den Koffer. In ihrer alten Umgebung erkannte er sie sofort, es war seine Mütze, die Mütze, die ihm die Mutter als Reisemütze mitgegeben hatte. Er hatte jedoch aus Vorsicht diese Mütze auf dem Schiff nicht getragen, da er wußte, daß man in Amerika allgemein Mützen statt Hüte trägt, weshalb er die seine nicht schon vor der Ankunft hatte abnützen wollen. Nun hatte sie allerdings Herr Green dazu benützt, um sich auf Karls Kosten zu belustigen. Ob ihm vielleicht auch dazu der Onkel den Auftrag gegeben hatte? Und in einer unabsichtlichen, wütenden Bewegung faßte er den Kofferdeckel, der laut zuklappte.
    Nun war keine Hilfe mehr, die beiden Schläfer waren geweckt. Zuerst streckte sich und gähnte der eine, ihm folgte gleich der andere. Dabei war fast der ganze Kofferinhalt auf dem Tisch ausgeschüttet; wenn es Diebe waren, brauchten sie nur heranzutreten und auszuwählen. Nicht nur um dieser Möglichkeit vorzukommen, sondern um auch sonst gleich Klarheit zu schaffen, ging Karl mit der Kerze in der Hand zu den Betten und erklärte, mit welchem Rechte er hier sei. Sie schienen diese Erklärung gar nicht erwartet zu haben, denn, noch viel zu verschlafen, um reden zu können, sahen sie ihn bloß ohne jedes Erstaunen an. Sie waren beide sehr junge Leute, aber schwere Arbeit oder Not hatten ihnen vorzeitig die Knochen aus den Gesichtern vorgetrieben, unordentliche Bärte hingen ihnen ums Kinn, ihr schon lange nicht geschnittenes Haar lag ihnen zerfahren auf dem Kopf, und ihre tiefliegenden Augen rieben und drückten sie nun noch vor Verschlafenheit mit den Fingerknöcheln.
    Karl wollte ihren augenblicklichen Schwächezustand ausnützen und sagte deshalb: »Ich heiße Karl Roßmann und bin ein Deutscher. Bitte, sagen Sie mir, da wir doch ein gemeinsames Zimmer haben, auch Ihren Namen und Ihre Nationalität. Ich erkläre nur noch gleich, daß ich keinen Anspruch auf ein Bett habe, da ich so spät gekommen bin und überhaupt nicht die Absicht habe, zu schlafen. Außerdem müssen Sie sich nicht an meinem schönen Kleid stoßen, ich bin vollständig arm und ohne Aussichten.«
    Der Kleinere von beiden – es war jener, der die Stiefel anhatte – deutete mit Armen, Beinen und Mienen an, daß ihn das alles gar nicht interessiere und daß jetzt überhaupt keine Zeit für derartige Redensarten sei, legte sich nieder und schlief sofort; der andere, ein dunkelhäutiger Mann, legte sich

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