Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Amnion Omnibus

Amnion Omnibus

Titel: Amnion Omnibus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Donaldson
Vom Netzwerk:
Injektionsspritze dabei hatte.
    Marc Vestabule erinnerte sich also überaus deutlich an Angus Thermopyle und seine Tücke.
    Wuchtig stieß Warden Dios sich vom Türrahmen ab, versuchte sich durch die schiere Kraft der Verzweiflung in eine andere Richtung zu wenden. Wild trat er nach der Injektionsspritze, verschlang danach die Beine, um eine Drehung zu vollführen. Aber dicht hinter ihm hielt Marc Vestabule sich bereit. Kaum hatte Dios zu zappeln angefangen, packte der halbmenschliche Amnioni ihn am Rückenteil der Bordmontur, bändigte ihn mit unentrinnbarem Griff.
    Panik und Hysterie schnürten Warden Dios die Kehle ein. Er keuchte vor Entsetzen und leistete aussichtslose Gegenwehr, während die beiden Türwächter ihm auf den Leib rückten. Seine Körperkräfte waren ihrer rohen Gewalt nicht gewachsen. Sie faßten seine Handgelenke wie mit Schraubstöcken, umklammerten seine Beine; streckten ihm die Arme, bis er wie ein Gekreuzigter zwischen ihnen in der Luft hing. Dann schob der Amnioni mit der Injektionsspritze ihm den Ärmel hoch und schoß ihm eine klare Flüssigkeit gräßlichen Unheils in den Unterarm.
    Mutation. Genetisches Verderben.
    Unwillkürlich setzte für einen Augenblick sein Hirn vor Grauen aus. Der Abscheu seiner Körperzellen rief Konvulsionen hervor: Er trat um sich und zuckte krampfhaft wie ein Spastiker.
    Plötzlich stand, scheinbar ohne sich gerührt zu haben, Marc Vestabule vor ihm. Vestabules Hand zeigte das Medikamentenfläschchen vor, das Dios schon zuvor gesehen hatte; das Mittel, mit dem dieses spezielle Mutagen in dormanten Zustand gebracht werden konnte.
    Einen Moment lang beobachtete Vestabule stumm seine Verstörung. Dann öffnete der Amnion den Behälter, ließ eine Kapsel herausrollen und hielt sie Dios vors Gesicht.
    »Ich erinnere mich an Furcht«, knurrte Vestabule tonlos. »Sie ist nur Zeitverschwendung.« Das eigene Menschsein war ihm mit Gewalt entwunden worden.
    »Wenn Sie Ihre genetische Identität zu bewahren wünschen, habe ich dazu das Mittel.“
    Mit raschen Fingerbewegungen lüftete er Warden Dios’ Atemmaske und steckte ihm die Kapsel in den verzerrten Mund.
    Schamlos und gleichzeitig über sich selbst bestürzt zermalmte Dios die Kapsel mit den Zähnen; würgte die bittere Masse so schnell wie möglich hinunter.
    Der saure Nachgeschmack half ihm dabei, sich zu besinnen.
    Schamlos… O Gott. Jetzt war er Vestabule hörig. Den Amnion. Genau wie die Wächter war seine angeborene Furcht für ihn zu stark. Nach all den Jahren des Pläneschmiedens, Ausharrens und stillen Kummers hatte man ihn so leicht wie ein Kind bezwungen.
    Wann war er ein derartiger Feigling geworden? Wann hatte er sich denn das Recht verdient, sich schützen zu dürfen, ohne nach den Konsequenzen fragen zu müssen?
    Bedächtig nickte Marc Vestabule, als wäre ihm der Schrecken in Dios’ Augen eine altbekannte Erscheinung. Auf ein gutturales Wort aus seinem Mund ließen die Wächter von Dios ab. Sofort krampfte Schmerz die Arme um Dios’ Oberkörper, zog ihm die Beine an den Leib. Gewichtslos schwebte er vor dem Amnioni, als wäre er einer Regression bis ins Fetalstadium unterworfen worden; er war seiner selbst kaum noch genug bewußt, um die Atemmaske vorm Gesicht zurechtzurücken. Doch er nahm den Blick keine Sekunde lang von Vestabules Miene.
    »Wir empfangen einen Funkspruch des VMKP-Polizeikreuzers Rächer«, setzte Marc Vestabule ihn aus irgendeinem Grund in Kenntnis. »Die Frau, die uns kontaktiert hat, bezeichnet sich als befehlshabende VMKP-Direktorin Min Donner.“
    Min Donner… Ach, Min! Mit einem Mal sorgte sich Dios, er könnte in Tränen ausbrechen. Sie wäre tapferer als er gewesen. Wäre alles andere zwecklos gewesen, hätte sie die Kapsel ausgespuckt; sich lieber ganz in einen Amnioni verwandelt, statt sich dazu benutzen zu lassen, die Menschheit zu verraten, der sie zu dienen geschworen hatte.
    Vestabules Menschenauge zuckte, wogegen das Amnion-Auge ruhig blieb. »Sie gibt an«, fügte er hinzu, »unser Erscheinen hätte…« – er brach ab, durchdachte für seinesgleichen fremde, bedeutungslose Begriffe »…eine politische Krise verursacht. Einen Konflikt zwischen verschiedenen Menschengruppen. Sie behauptet Anlaß zu der Befürchtung zu haben, dieser Konflikt könnte in offene Kampftätigkeit umschlagen. Einige Ihrer Raumschiffe oder Orbitalstationen könnten andere unter Feuer nehmen.« Was? Eine letzte Konvulsion krampfte Dios’ Gestalt zusammen. Dann jedoch lockerte sich

Weitere Kostenlose Bücher