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Anemonen im Wind - Roman

Anemonen im Wind - Roman

Titel: Anemonen im Wind - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara McKinley
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verheiratet«, fauchte sie. »Mag sein, dass wir Bauern sind, aber Moral kennen wir hier draußen schon.« Sie riss ihrer Schwester das teure Parfüm aus der Hand und legte es in eine Schublade. Es war ihr ein Gräuel, wenn Claire in ihren Sachen wühlte.
    Claire zog eine Braue hoch. »Empfindlich«, sagte sie. »Wie ich sehe, hat sich hier nicht viel verändert.«
    Dieser Anfang ließ nicht viel Gutes ahnen. Leanne beschloss, ihre Taktik zu ändern. »Hast du schon gegessen? Hab noch Hammelragout. Nichts Besonderes, aber auch nicht übel.«
    Claire beäugte ihre jüngere Schwester. »Hast du es gekocht?«
    »Ja«, antwortete Leanne und war gleich in der Defensive. »Ich koche schon viel besser, seit du zuletzt hier warst.« Sie ging voraus in die Küche, löffelte eine Portion Ragout auf den Teller und schnitt das frisch gebackene Brot auf. »Ich mache sogar Brot«, erklärte sie streng.
    Claire warf ihren langen Zopf über die Schulter nach hinten und setzte sich an den Küchentisch. »Bravo«, sagte sie, nachdem sie von dem Ragout gekostet und mit Salz und Pfeffer nachgewürzt hatte. »Nicht schlecht«, murmelte sie überrascht.
    Leanne spürte, wie ihr die Wärme in die Wangen stieg. Siesenkte den Kopf und konzentrierte sich auf ihr Essen. »Rede nicht so herablassend mit mir, Claire«, warnte sie in ruhigem Ton.
    Claire legte Messer und Gabel aus der Hand. »Jetzt mal langsam, Lee. Was für eine Laus ist dir über die Leber gelaufen? Seit ich hier bin, hast du kein vernünftiges Wort mit mir gesprochen.«
    Leanne verschränkte die Arme. Das Essen war vergessen. »Wieso kommst du zurück?«, wollte sie wissen. »Hier gibt’s nichts für dich.«
    Das Schweigen zog sich in die Länge. Die beiden Schwestern musterten einander. »Tante Aurelia hat mir keine Wahl gelassen«, sagte Claire schließlich. »Mach dir keine Sorgen, Lee. Ich werde mich nicht weiter als unbedingt nötig in dein Leben einmischen.«
    Leanne empfand bohrendes Unbehagen. Vielleicht war sie ein wenig grob gewesen, aber sie sah sich nicht gern in der Defensive, und sie wusste nicht, warum sie irgendwelche Erklärungen abgeben sollte, über sich selbst oder ihre beinahe manische Angst davor, dass Claires Rückkehr alles, was ihr lieb und teuer war, in Gefahr bringen könnte. »Sorry«, sagte sie widerstrebend. »Es war ein langer Tag, und weil Bonny bald fohlt, wird es wohl auch eine lange Nacht werden. Du hast mich auf dem falschen Fuß erwischt.«
    Claire lächelte und schien die Entschuldigung zu akzeptieren. »Kommt Matt Derwent heute Abend, um nach Bonny zu sehen?«, fragte sie fröhlich.
    Leanne nickte. »Woher kennst du Matt?«
    Claire stellte die Teller zusammen und schob sie beiseite. »Ich hab ihn heute Morgen kennen gelernt«, erklärte sie beiläufig. »Finde ihn ziemlich nett.«
    »Er ist gut zehn Jahre älter als du, schätze ich«, gab Leanne zurück. »Ich gebe zu, er versteht was von Pferden, aber dein Typ ist er nicht.«
    Claires blaue Augen blickten unbeeindruckt, aber um ihre Mundwinkel zuckte ein Lächeln. »Und was genau ist mein Typ?«
    »Der City-Typ«, sagte Leanne. »Wohlhabend, schick, mit eigener Praxis und einem großen Haus mit Blick auf den Hafen, in dem sein Speedboot liegt.«
    In Claires Lachen lag ein Hauch von Bitterkeit. »Wir sind zu lange getrennt gewesen, wenn du das glaubst«, sagte sie. »Geld ist nicht alles, Lee, und wir haben alle beide zu viele Jahre mit Männern verbracht, um nicht zu wissen, dass der Inhalt nicht immer der Verpackung entspricht.« Sie lächelte. »Ich weiß nicht, wie wir überhaupt darauf kommen. Ich habe den Mann heute Morgen erst kennen gelernt. Es ist ja nicht so, dass ich vorhätte, ihn zu heiraten.«
    Leanne rauchte ihre Zigarette zu Ende und kaute nachdenklich auf der letzten Brotkruste. Dabei schaute sie ihre Schwester zum ersten Mal richtig an. Claire sah müde aus, aber wer täte das nicht, nachdem er in einer Woche mehrere tausend Meilen weit gefahren wäre? Dennoch war ihre sonst so blasse Haut leicht gebräunt, und sie sah wunderbar schick aus in dem bunten Minikleid, das ihre verdammten, endlos langen Beine vorteilhaft zur Geltung brachte. Leanne war froh, dass Angel noch nicht nach Hause kam. Als heißblütiger lateinamerikanischer Macho wusste er schöne Frauen vorbehaltlos zu schätzen, und sie hatte keine Lust, wieder in Claires Schatten zu stehen. Unter dieser Schmach hatte sie schon ihr ganzes Teenagerleben lang gelitten.
    Erst, als Claire vom Tisch aufschaute,

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