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Angelique Der Gefangene von Notre Dame

Titel: Angelique Der Gefangene von Notre Dame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Golon Anne
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Vernunft. Als Ihr als angehender Richter zum ersten Mal diesen ehrwürdigen Bezirk betratet, Monsieur Masseneau, fandet Ihr es da nicht selbstverständlich, alles zu lernen, was Euch dazu befähigen würde, eines Tages den Platz einzunehmen, den Ihr heute innehabt? Ihr hättet es als eine Torheit empfunden, dieses Podest zu besteigen und das Wort zu ergreifen, ohne Euch zuvor gründlich mit der Kunst der Prozessführung vertraut gemacht zu haben. Lange Jahre habt Ihr darauf verwandt, allen Fallstricken auszuweichen, die auf Eurem Weg lauerten. Warum sollten wir nicht die gleiche Sorgfalt auf die Liebe verwenden? Unwissenheit ist in allen Bereichen schädlich, um nicht zu sagen, verwerflich. An meiner Lehre war nichts Okkultes. Und da Monsieur Bourié mich auffordert, sie ihm zu erläutern, will ich ihm zum Beispiel raten, nicht im Wirtshaus haltzumachen und mehrere Becher helles Bier zu trinken, wenn er sich in froher Stimmung und geneigt, seine Frau zu liebkosen, auf dem Heimweg befindet. Er läuft dann nämlich Gefahr, sich anschließend äußerst betrübt unter seinem Federbett wiederzufinden, während seine enttäuschte Gemahlin in Versuchung geraten könnte, auf das galante Zwinkern der schmucken
Musketiere einzugehen, denen sie am nächsten Tag begegnet …«
    Â 
    Hier und da erklang Gelächter, und ein paar junge Leute applaudierten.
    Â»Ich weiß sehr wohl«, fuhr Joffreys volltönende Stimme fort, »dass ich in einem recht kläglichen Zustand bin, um solche Reden zu führen. Aber da ich mich zu einer Beschuldigung äußern muss, möchte ich zum Abschluss noch Folgendes wiederholen: Um sich den Werken der Venus zu widmen, gibt es meiner Ansicht nach kein wirkungsvolleres Mittel als ein hübsches Mädchen, dessen gesunde Konstitution zur körperlichen Liebe verlockt.«
    Â»Angeklagter«, rügte ihn Masseneau streng, »ich muss Euch abermals zu mehr Anstand mahnen. Vergesst nicht, dass sich in diesem Raum fromme Frauen befinden, die Gott unter dem Nonnengewand ihre Jungfräulichkeit geweiht haben.«
    Â»Ich möchte darauf hinweisen, Vorsitzender, dass nicht ich das... Gespräch, wenn ich es so nennen darf, auf dieses schlüpfrige und... reizvolle Thema gebracht habe.«
    Â 
    Erneut erklang Gelächter. Delmas bemerkte, dass dieser Teil der Befragung auf Latein hätte vorgenommen werden sollen, doch Fallot de Sancé, der sich damit zum ersten Mal zu Wort meldete, wandte zutreffend ein, dass das gesamte Publikum aus Juristen, Geistlichen und Ordensleuten bestand, die alle Latein beherrschten, und es sicher nicht notwendig sei, sich wegen der keuschen Ohren der Soldaten, Stadtwachen und Schweizer solche Mühe zu machen.
    Anschließend ergriffen noch verschiedene Richter das Wort, um weitere Anschuldigungen kurz zusammenzufassen.
    Obwohl die gesamte Debatte recht konfus verlaufen war, hatte Angélique den Eindruck, dass sie im Grunde auf einige
wenige Anklagepunkte hinauslief: Hexerei, teuflische Behexung von Frauen und die Fähigkeit, Gold »echt« zu machen, das er zuvor durch alchemistische und satanische Mittel gewonnen habe.
    Sie seufzte erleichtert auf. Wenn ihr Gemahl lediglich des Umgangs mit dem Teufel angeklagt wurde, bestand Hoffnung, dass er sich aus den Klauen der königlichen Justiz befreien könnte.
    Durch Zeugenaussagen konnte der Advokat beweisen, dass der Stift bei dem falschen Exorzismus, dem Joffrey unterzogen worden war, manipuliert gewesen war, wodurch das Ergebnis der Prüfung verfälscht wurde.
    Und der alte Sachse Hauer würde den Richtern demonstrieren, was es mit der angeblichen »Vermehrung des Goldes« tatsächlich auf sich hatte, und sie so vielleicht überzeugen.
    Â 
    Da ließ Angélique ihren Blick ein wenig ruhen und schloss für einen Moment die Augen.

Kapitel 14
    A ls sie sie wieder öffnete, glaubte sie, eine albtraumhafte Vision vor sich zu sehen: Plötzlich stand der Mönch Bécher auf dem Podest. Er legte den Eid auf das Kruzifix ab, das ein anderer Mönch ihm hinhielt. Dann begann er mit abgehackter, tonloser Stimme zu berichten, wie er von dem großen Magier Joffrey de Peyrac auf teuflische Weise getäuscht worden sei, der vor seinen Augen aus geschmolzenem Felsgestein echtes Gold gezogen habe. Dazu hatte er sich eines Steins der Weisen bedient, den er zweifellos aus dem Land der kimmerischen Finsternis mitgebracht hatte,

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