Ankwin - Tod eines Kriegers (German Edition)
ein Badehaus gesehen?«
Garock kam jetzt richtig ins Plappern. »Beim Fürsten?«
»Ei, der Riese spricht.
Wohl, weil er ziemlich miese riecht.«
Bermeer kicherte an der Obergrenze seiner Stimmbänder und kassierte dafür auch prompt einen mürrischen Blick des Hünen. Lavielle ging auf den gackernden Gaukler gar nicht ein.
»Der Fürst ... nun, eigentlich gar nicht so blöd. Er ließ uns ja schon besuchen und früher oder später müssen wir sowieso mit ihm reden. Schließlich hat er ein Recht darauf, zu wissen, wer in seiner Nachbarschaft ruht. Schauen wir doch mal, ob Fürst Brenkus I. neben verpachteten Hütten auch so etwas wie ein Badehaus besitzt.«
»Warum wollte der Krieger ohne Glück
nicht in seine Heimat zurück?« Jetzt war auch Bermeer wieder ernst.
Lavielle schien die Frage unangenehm.
»Er wollte es mir einmal sagen, bevor er ...« Sie schwieg.
Der alte Possenreißer überspielte Lavielles Verlegenheit.
»Na, dann lasst uns den Rest hier ausbreiten,
losreiten,
ab zum Fürsten
und Nägel bürsten.«
Garock räumte ein riesiges Bündel leerer, fettiger Leinenfetzen aus der Hütte, wodurch das große Paket vom Grund des kleinen Verlieses frei wurde.
Alle drei starrten sie gleichzeitig darauf und wechselten Blicke untereinander.
»Ein großes Geschenk ...,
und ich denk':
Was ist wohl drinnen
in dem Packen aus Linnen?«
Garock blieb an der Tür, wo er die fettigen Lappen entsorgt hatte, reglos stehen. Lavielle trat langsam einen halben Schritt zurück und legte die rechte Hand auf die Brust, als ob sie sich schützen wollte.
Bermeer zückte blitzschnell seinen Dolch und hatte die Verschnürungen im Nu durchtrennt. Dann betastete er das große Paket, als wäre es zerbrechlich oder als würde es sogar leben. Seine Hände glitten geübt über die bräunliche Oberfläche, wobei er das große Objekt fast gar nicht berührte.
Nach einem Moment, in dem absolute Ruhe herrschte, schnitt er das große Paket mit geschickten Messerzügen auf. Es erinnerte beinahe an einen Metzger, der ein besonders seltenes und delikates Tier filetierte.
Nur wenige Augenblicke später fiel das fettige, brüchige Leinen in großen Stücken auf den schmutzigen Hüttenboden und es wurde schlagartig heißer und stickiger in dem Raum.
Vor ihnen stand eine fast mannslange Kiste, der man auch ohne das Wissen, dass nur Garock sie aus dem Loch hatte wuchten können, ansah, dass sie sehr schwer und massiv gearbeitet war. Die große Truhe schien aus Holz gefertigt worden zu sein und war sandfarben. Sie war über und über mit grell bunten geschwungenen und in sich verschlungenen Ornamenten verziert. Immer wieder tauchte eine mehrköpfige und mehrschwänzige Schlange auf, wobei jeder Kopf wiederum in einen der vielen Schwänze biss. Man konnte zwar einen Deckel ausmachen, aber nirgends war ein Schloss oder ein Scharnier zu erkennen. Weder Griffe noch Vertiefungen waren zu sehen. Oben auf der Truhe waren ebenso zahlreiche wie fremdartige Runen eingeschnitzt und mit Blattgold ausgelegt.
Garock konnte man seine Erregung wie üblich nicht ansehen. Bermeer sagte auch nichts, aber das war Anzeichen genug für seine Verwunderung. Lavielle zeigte die stärkste Reaktion. Ihre Hand, die auf der Brust geruht hatte, wanderte unterbewusst zu ihrem Hals. Ihre tief grünen Augen weiteten sich und nur flüsternd sagte sie:
»Mawana steh' uns bei.«
Die eingeschnitzten Goldrunen waren so angeordnet und geformt, dass dadurch ein Tier entstand, ein Tier, das es in der Natur nicht gab und auch gar nicht geben durfte. Ein Tier mit vier Füßen, an deren Enden Krallen zu sehen waren. Ein Tier mit langen Zähnen, die nur von den beiden Hörnern übertroffen wurden. Ein Tier mit großen nackten Flügeln auf dem Rücken und einem langen mit Stacheln bewehrten Schwanz. Ein Tier mit gespaltener Zunge und Schlangenaugen – ein Drache.
***
Wie die drei Freunde so durch den Schnee stapften, gaben sie ein sonderbares Bild ab. Rechts ging Garock. Das Einzige, was an ihm skurril wirkte, war die Tatsache, dass er gut und gerne zwei Köpfe größer als Lavielle und fast drei größer als Bermeer war.
Bermeer ging links. Er war zwar der Witterung entsprechend gekleidet, jedoch wollte seine bunte Gauklerkleidung auch nicht recht zum Schnee passen. Sie sollte Spaß und gute Laune verbreiten und er hatte einen Gesichtsausdruck, der auf alles andere schließen ließ.
Lavielle schritt in der Mitte durch den Schnee. Sie war wie die anderen über und
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