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Anti Freud - die Psychoanalyse wird entzaubert

Anti Freud - die Psychoanalyse wird entzaubert

Titel: Anti Freud - die Psychoanalyse wird entzaubert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Knaus Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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jeden Dienstagnachmittag einer Therapie (ebd., S. 38), obwohl er gar nicht mehr an deren Wirksamkeit glaubte.
    Freud stellte die angeblich positiven Ergebnisse seiner Therapien mit großer Dreistigkeit heraus, insbesondere in den Beschreibungen der fünf berühmten Fälle von Dora ( Bruchstück
einer Hysterie-Analyse ), dem Kleinen Hans ( Analyse der Phobie eines fünfjährigen Knaben), dem Rattenmann ( Bemerkungen über einen Fall von Zwangsneurose), dem Präsidenten Schreber ( Psychoanalytische Bemerkungen über einen autobiographisch beschriebenen Fall von Paranoia ) und dem Wolfsmann ( Aus der Geschichte einer infantilen Neurose ), die man als seine Bibel betrachten kann und deren Inhalt von angesehenen Zeitschriften, Universitäten, Institutionen, Fachkongressen und interdisziplinären Veranstaltungen perpetuiert wurde. Ein Vierteljahrhundert lang verbreitete die Presse den Mythos, die Psychoanalyse könne heilen.
    Freud hatte darauf hingewiesen, dass seine Methode nicht bei jedem anwendbar sei und dass eine Analyse ohne Abschluss bleiben oder scheitern könne (aufgrund von Widerständen, des Krankheitsgewinns oder Übertragungsresten); doch er berichtete nie von einem konkreten Fehlschlag – obwohl er damit vielleicht sogar an Glaubwürdigkeit gewonnen hätte. Wenn der Misserfolg auf dem Papier möglich war, weshalb erschien er nie in einer Fallstudie oder wurde wenigstens am Rande klinischer Beobachtungen erwähnt? Wieso gibt es zur Illustration der freudschen These keine Übersicht der gescheiterten Fälle, die ihn in einem anderen Licht zeigen könnten?
    Dem Mangel an Beweisen für die Grenzen der Psychoanalyse, die explizit in Das Interesse an der Psychoanalyse benannt wurden (Bd. VIII, S. 390), entspricht die ausschließliche Darstellung der angeblich erfolgreich behandelten Fälle. Einige wenige Historiker konnten sich durch die Nebelschwaden kämpfen, zum Beispiel der bedeutende Psychoanalytiker Henri Ellenberger, der nachweisen konnte, dass der Fall Anna O., der seit 1892 als Erfolg auf ganzer Linie dargestellt wurde, in Wahrheit ein umfassendes Scheitern dokumentierte.
    Andere historische Untersuchungen belegen dies auch für sämtliche weiteren Fälle, die Freud als Erfolgsgeschichten hingestellt hatte. Die Tempelhüter behaupteten, seine Theorien seien wahr,
da sie von der Praxis bestätigt würden, doch Freuds wissenschaftliche Berechtigung kam nie über das rein Performative hinaus. Die Fallstudien suggerieren Erfolge in den Bereichen der Hysterie, der Phobie, der Zwangsneurose, der Paranoia und der kindlichen Neurose. Freud schien auf allen Gebieten der zeitgenössischen Psychopathologie zu glänzen!
    In den Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse ließ Freud uns wissen, dass es ihm nicht auf die Heilung ankam, sondern auf die Weiterentwicklung seiner Lehre; für einen Konquistadoren ist Kühnheit eben die höchste Tugend. Und Freuds Bekenntnis kam zur rechten Zeit, denn Heilerfolge ließen auf sich warten, was heute durch fundierte historische Untersuchungen nachgewiesen ist.
    Der Doktor aus Wien mochte seine Patienten nicht. Das wird selten gesagt und macht in der Tat keinen guten Eindruck. Und doch berichtete Ludwig Binswanger in seinen Erinnerungen an Sigmund Freud von einem Besuch Freuds in Kreuzlingen vom 25. bis 28. Mai: »Einmal frug ich ihn, wie er zu seinen Patienten stünde. Antwort: ›Den Hals umdrehen könnte ich ihnen allen.‹« (S. 56) Später bestätigte Sandor Ferenczi in Ohne Sympathie keine Heilung. Das klinische Tagebuch von 1932 Freuds Hass auf die Patienten und zitierte ihn mit den Worten: »›Gesindel‹, ›Nur gut zum Geldverdienen und Studium.‹« (12. Juni 1932, S. 171)
    Das Eingeständnis der Wirkungslosigkeit psychoanalytischer Therapien findet sich auch in einem Brief Freuds an Binswanger vom 28. Mai 1911, in dem er eine seltsame Metapher benutzt: »Die Mohren stammen aus einem alten, bei uns verbreiteten Scherz, der die psychoanalytische Kur eine ›Mohrenwäsche‹ heißt. Nicht ganz mit Unrecht, wenn wir uns einmal über das in der inneren Medizin anerkannte Niveau erheben. Ich tröste mich oft mit der Idee, wenn wir therapeutisch so wenig leisten, so erfahren wir wenigstens, warum nicht mehr geleistet werden kann.« (Freud/Binswanger, Briefwechsel, S. 81) Muss man dem noch etwas hinzufügen?

    Klinik, Ergebnisse, Heilung – letztlich war das alles nichts gegen Freuds Vision, der er seine gesamte Zeit widmete. Als Ästhet, der ein schönes

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