Anubis - Roman
was du hier tust?«
»Professor VanAndt hat mich auf meinen ausdrücklichen Wunsch hierher geführt«, mischte sich Wilson ein.
Graves ignorierte ihn. »Ich habe dich gefragt, Mogens«, wiederholte er. »Ich dachte, ich hätte mich klar genug ausgedrückt, was die Anwesenheit von Fremden hier unten angeht.«
Mogens öffnete den Mund, um sich zu verteidigen, aber Wilson kam ihm zuvor, indem er mit einem schnellen Schritt zwischen Graves und ihn trat. »Es ist ganz allein meine Entscheidung gewesen, hierher zu kommen, Doktor Graves«, sagte er kalt.
Graves’ Blick löste sich fast widerwillig von Mogens’ Gesicht und wandte sich dem Sheriff zu. Der brodelnde Zorn in seinen Augen machte einem Ausdruck fast ebenso großerVerachtung Platz. »Ich fürchte, Sie haben hier nichts zu entscheiden , Sheriff«, sagte er. »Sie befinden sich hier auf Privatbesitz. Ich dachte, ich hätte das schon erwähnt.«
Wilson zog ein eng zusammengefaltetes Blatt Papier aus der Hemdtasche, das er Graves hinhielt. Graves griff jedoch nicht danach, sondern starrte es nur an, als wäre es irgendetwas Ekelhaftes.
»Ich fürchte, Sie sind es, der sich im Irrtum befindet, Doktor Graves«, sagte er. »Das hier ist ein richterlicher Beschluss, der mich ermächtigt, Ihren Privatbesitz zu betreten und mich darauf umzusehen.«
Mogens war überrascht. Wenn Wilson einen Gerichtsbeschluss hatte, warum hatte er dann nichts davon gesagt?
»Ein Gerichtsbeschluss?«, vergewisserte sich Graves. Er klang überrascht; überrascht und ungläubig und auch ein wenig erschrocken zugleich, aber er rührte noch immer keinen Finger, um nach dem Blatt zu greifen, das Wilson ihm auffordernd hinhielt.
Schließlich seufzte der Sheriff und steckte es wieder ein. »Ich habe ihn noch in der vergangenen Nacht beantragt. Stellen Sie sich vor, selbst bei uns auf dem Lande gehen die Dinge manchmal schnell.«
»Vergangene Nacht?« Graves nickte anerkennend. »Steffen verliert keine Zeit. Wie viel bezahlt er Ihnen, Sheriff? Ich frage nur, weil ich unter Umständen bereit sein könnte, sein Angebot zu überbieten.«
Mogens stand noch immer halb hinter Wilson, sodass er sein Gesicht nicht erkennen konnte, aber er sah, wie Wilson heftig zusammenzuckte. »Das hat mit Doktor Steffen nicht das Geringste zu tun«, schnappte er. »Ich habe mit dem Friedensrichter gesprochen, gleich nachdem ich letzte Nacht draußen bei der Unfallstelle war und die Spuren gesehen habe.«
»Spuren?«
»Jemand hat die Leichen verschwinden lassen«, erinnerte Wilson.
»Und?«, fragte Graves. Er versuchte, gelassen zu klingen, aber ganz gelang es ihm nicht. Irgendetwas geschieht mit seinem Gesicht, dachte Mogens schaudernd. Der Ausdruck überheblicher Verachtung war nach wie vor in seinen Augen, aber darunter erwachte allmählich noch etwas anderes, düstereres, das sich lautlos und schnell in seinem gesamten Gesicht auszubreiten begann. Mogens musste sich beherrschen, um nicht erschrocken einen Schritt vor ihm zurückzuweichen. Er fragte sich, wieso Wilson es nicht sah.
»Die Leute hier reagieren empfindlich, wenn es um die Ruhe ihrer Toten geht, Doktor«, antwortete Wilson. »Seit Wochen geschehen sonderbare Dinge auf dem Friedhof. Die Leute sagen, man hört des Nachts unheimliche Geräusche, und manche meinen, seltsame Schatten gesehen zu haben. Und nun sind zwei Leichname verschwunden. Vielleicht drei.«
»Und?« Graves hob betont desinteressiert die Schultern. »Was geht mich das an? Hätten Sie die beiden Toten abtransportiert, wie es eigentlich Ihre Aufgabe gewesen wäre, statt sie wie Müll liegen zu lassen, wäre das sicherlich nicht passiert.«
Mogens hielt instinktiv den Atem an, aber zu seiner Überraschung nahm Wilson auch diese neuerliche Provokation hin, ohne darauf zu reagieren.
»Es waren keine Tiere, die sich an den Leichen zu schaffen gemacht haben«, sagte er ruhig.
»Keine Tiere?« Graves lachte gehässig. »Was denn sonst?«
»Das weiß ich nicht«, antwortete Wilson. »Es gibt Spuren, Doktor Graves. Spuren, wie ich sie noch nie zuvor gesehen habe. Aber es waren nicht die Spuren eines Tieres. Jedenfalls nicht die eines Tieres, das ich kenne.«
»Das ist lächerlich«, sagte Graves. »Worauf wollen Sie hinaus?«
»Auf nichts«, antwortete Wilson. »Ich sage nur, was geschehen ist. Die Leute reden. Was hier vorgeht, macht ihnen Angst. Und Leute, die Angst haben, tun manchmal Dinge, die sie besser nicht tun sollten.«
Die Düsternis schien nun schneller aus Graves’
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