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Arme Milliardäre!: Der große Bluff oder Wie die amerikanische Rechte aus der Krise Kapital schlägt

Arme Milliardäre!: Der große Bluff oder Wie die amerikanische Rechte aus der Krise Kapital schlägt

Titel: Arme Milliardäre!: Der große Bluff oder Wie die amerikanische Rechte aus der Krise Kapital schlägt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Frank
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schnell wie möglich in den Ruin und aus ihren Häusern zu treiben.
    Die Schlacht wird nun auf rein abstrakter Ebene geführt. Die Wirtschaft ist nun die neue Front im Kulturkampf geworden. Es geht, so erklärt die neue Rechte, um die Freiheit an sich, nicht um die Praxis der Vergabe zweitklassiger Hypothekendarlehen oder wie sich im vergangenen Jahrzehnt die Ratingagenturen kompromittierten. Solche Nebensächlichkeiten mögen die Wirtschaft an die Wand gefahren haben, für die neue Rechte sind sie völlig irrelevant. Was zählt, ist die Haltung eines Politikers zur freien Marktwirtschaft und infolgedessen zu den einfachen Leuten im Land, deren Interessen dieser Markt getreulich vertritt.
    Dass die freie Marktwirtschaft ein Wesensmerkmal von Freiheit darstellt, ist keine besonders neue Idee. Neu ist allerdings ihre Glorifizierung just zu einem Zeitpunkt, da die Lehre von der freien Marktwirtschaft sich als Philosophie des Ruins und Betrugs erwiesen hat. Dass ausgerechnet die Rechte einen Aufschwung erlebt ist so verwunderlich, als hätte die Öffentlichkeit nach der Reaktorkatastrophe von Three Mile Island den Bau Dutzender neuer Atommeiler gefordert oder Richard Nixon nach Watergate zum Nationalhelden erhoben.
    So unwirklich erscheint dieses Spektakel, dass Außenstehende schnell vermuten, die Motive der Rechten müssten ganz woanders liegen. Die Positionen dieser Bewegung zeugen von so wenig Realitätssinn, dass manche Kommentatoren ihr kaum noch zuhören.
    Aber das ist ein Fehler. Wenn wir den jüngsten Triumph der Rechten verstehen wollen, müssen wir anfangen, ernst zu nehmen, was die Rechte auf ihren Versammlungen sagt, auf ihre Protestschilder schreibt und von ihren Podien verkündet. Wir müssen uns einen Weg durch das Gespinst von Verschwörungstheorien und libertären Fantasien bahnen, die die rechte Renaissance kennzeichnen. Vor allem aber müssen wir die Schriften der Rechten lesen und ihren politisierten Fernsehmoderatoren zuhören, den bombastischen Phrasen der Radiosprecher lauschen und die Endzeit-Rhetorik würdigen, der man bei den Tea Partys begegnet.
    Dieses Buch versucht, das konservative Denken in schlechten Zeiten zu verstehen und zu erklären, warum trotz aller Fehlschläge und Pleiten die Idee einer weitgehend unregulierten Wirtschaftsordnung nach wie vor so enthusiastisch vertreten wird.
    Der rein marktwirtschaftliche Kapitalismus ist selbst in guten Zeiten eigentlich kein System, für das die Massen auf die Straße gehen. Dass dies nun doch so viele taten, nur Monate nachdem der freieste Teil des Marktes so viele ihrer Mitbürger in Arbeitslosigkeit und Zahlungsunfähigkeit getrieben hatte, offenbart viel über den tief sitzenden Unmut draußen im Lande und über das dringende Bedürfnis der Menschen, ihrer Stimme Gehör zu verschaffen.
    Es sagt uns auch viel über die Art und Weise, in der die erstarkende Rechte sich die Nöte der Nation zunutze gemacht hat, um eine Protestbewegung ins Leben zu rufen, deren Versprechen im Grunde darin besteht, diese Nöte noch zu vergrößern. Dies ist die Geschichte eines großen Bluffs, der noch schreckliche Folgen zeitigen wird. Aber so seltsam es klingt, die neue Rechte hat ihre Ziele nicht allein mit Täuschung erreicht – obwohl sie auch die nicht zu knapp einsetzte –, sondern indem sie einen Idealismus von solcher Anziehungskraft entwickelte, dass er bei ihren Anhängern die Wahrnehmung der Realität trübte.
    Normalerweise stellt sich eine weltliche politische Bewegung durch die Schaffung einer alternativen Realität selbst ins Abseits. Aber diesmal ist es anders. Die wiedergeborene Rechte hat gerade
durch,
nicht
trotz
ihres Idealismus Erfolg: weil Idealismus im weiteren Sinn genau das ist, wonach sich unsere am Boden liegende Wirtschaftswelt am meisten sehnt.
    ∗ 1. Die Gegenreaktion auf die Protestbewegungen der Vietnam-Ära, die in der Wahl von Richard Nixon gipfelte. 2. Die Steuerrevolten und Kulturkriege der Siebzigerjahre, deren Höhepunkt die Reagan-Revolution von 1980 war. 3. Der »Contract with America« und die Gingrich-Revolution von 1994.

KAPITEL 2
1929 UND DIE FORTSETZUNG
    79 Jahre nach dem großen Crash stecken nun wir mitten in der Wirtschaftskrise, einem Kollaps, der den Schlusspunkt eines blutleeren Booms bildet. Schon lange wurde uns nicht mehr so deutlich vor Augen geführt, in welch trügerischem System wir leben. Dieser Crash stellt die herrschende Wirtschaftslehre in den USA stärker infrage als jede Klage über NAFTA,

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