Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig
nicht auch?«
Bedwin zuckte die Achseln, breitete die Hände aus, zuckte abermals die Achseln. Tristan runzelte die Stirn, da ihm nicht ganz klar war, worauf Arthur mit seinen Worten hinauswollte. An einem Mittelpfeiler der Halle blieb Arthur stehen. »Und warum sollte das Reich sarhaed bezahlen, wenn das Reich für das Töten nicht verantwortlich ist?« fragte er. »Warum sollte die Schatzkammer meines Lord Mordred für die Untat eines anderen geleert werden?«
Mit einer Geste bat Bedwin Arthur zu schweigen. »Aber wir kennen den Mörder nicht!« behauptete er.
»Dann müssen wir seine Identität feststellen«, gab Arthur ruhig zurück.
»Das können wir nicht!« protestierte Bedwin verärgert. »Das Kind gehört nicht zu den Sprechenden! Und Lord Owain, falls er der Mann sein sollte, von dem Ihr redet, hat auf seinen Eid geschworen, daß er unschuldig ist. Er ist ein Sprechender, warum also die Farce einer Verhandlung aufführen? Sein Wort genügt.«
»Vor einem Gericht der Worte, ja«, sagte Arthur, »aber es gibt auch ein Gericht des Schwertes, und bei meinem Schwert, Bedwin …« - hier hielt er inne, um Excaliburs blitzende Klinge ans Dämmerlicht zu ziehen - »behaupte ich, daß Owain, Champion von Dumnonia, unseren Cousins aus Kernow Schaden zugefügt hat und daß er und kein anderer den Preis dafür bezahlen wird.« Damit stieß er Excaliburs Spitze durch die verdreckten Binsen in den Boden. Zitternd blieb das Schwert dort stecken. Einen Moment lang fragte ich mich, ob die Götter der Anderwelt plötzlich auftauchen würden, um Arthur zu helfen, aber es waren nur die Geräusche von Wind und Regen und erwachenden Männern, die nach Luft schnappten, zu hören.
Auch Bedwin verschlug es den Atem. Einige Sekunden lang war er sprachlos. »Ihr…«, brachte er schließlich heraus, fand aber kein weiteres Wort.
Tristan, dessen hübsches Gesicht im schwachen Licht bleich schimmerte, schüttelte den Kopf. »Falls jemand vor dem Gericht des Schwertes kämpfen muß«, wandte er sich an Arthur, »so laßt es mich sein.«
Arthur lächelte. »Ich habe zuerst darum gebeten, Tristan«, gab er leichthin zurück.
»Nein!« Bedwin hatte die Sprache wiedergefunden. »Das darf nicht sein!«
Arthur deutete auf sein Schwert. »Möchtet Ihr es herausziehen, Bedwin?«
»Nein!« Bedwin war ganz verzweifelt, denn er sah den Tod des Mannes voraus, der die größte Hoffnung des Reiches war, aber bevor er ein weiteres Wort äußern konnte, kam Owain zur Hallentür hereingestürzt. Sein langes Haar und sein dichter Bart waren naß, seine nackte Brust glänzte vom Regen.
Er sah von Bedwin zu Tristan, zu Arthur und dann auf das Schwert im Boden. Er schien verwirrt zu sein. »Seid Ihr wahnsinnig?« fragte er Arthur.
»Mein Schwert«, erwiderte Arthur sanft, »behauptet, daß Ihr in der Streitsache zwischen Kernow und Dumnonia schuldig seid.«
»Er ist wahnsinnig«, sagte Owain zu seinen Kriegern, die sich hinter ihm scharten. Der Champion hatte gerötete Augen und war müde. Er hatte in der vergangenen Nacht lange getrunken und anschließend schlecht geschlafen, doch die
Herausforderung schien ihm frische Energien zu verleihen. Er spie in Richtung Arthurs aus. »Ich kehre jetzt zu der silurischen Hure ins Bett zurück«, erklärte er, »und wenn ich aufwache, wünsche ich, daß sich das hier als Traum erweist.«
»Ihr seid ein Feigling, ein Mörder und ein Lügner«, sagte Arthur gelassen, als Owain sich abwandte, und wieder verschlug es allen Männern in der Halle den Atem. Owain wandte sich in die Halle zurück. »Welpe«, sagte er zu Arthur. Dann trat er auf Excalibur zu und stieß die Klinge um. Damit hatte er die Herausforderung angenommen. »Dann wird Euer Tod, Welpe, Teil meines Traumes sein. Draußen.« Mit dem Kopf deutete er in den Regen hinaus. Der Kampf konnte nicht in der Halle stattfinden, weil diese sonst mit einem furchtbaren Fluch belegt worden wäre. Also mußten die Männer draußen im Winterregen kämpfen.
Inzwischen regte es sich überall in der Burg. Viele Leute, die aus Lindinis gekommen waren, hatten die Nacht auf Caer Cadarn verbracht, daher wimmelte der Burghof von Menschen, die geweckt wurden, damit sie sich den Kampf ansehen konnten. Lunete war da, Nimue und Morgan; ja, ganz Caer Cadarn eilte herbei, um Zeuge des Kampfes zu werden, der, wie die Tradition es verlangte, innerhalb des Steinkreises stattfand. Zwischen Bedwin und Fürst Gereint stand Agricola, einen roten Umhang über der prächtigen
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