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Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst

Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst

Titel: Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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hell aufloderte. Die Flammen warfen einen unheimlichen Schein auf unsere primitiven Götzen, der Rauch wallte in einer dicken Säule empor, die in Richtung London trieb, und der Duft von gebratenem Fleisch wehte aufreizend zu unserem hungrigen Lager hinüber. Als das Feuer knisterte und in sich zusammenfiel, schickte es explodierende Funkensäulen in die Luft, während die Tierkadaver in dieser starken Hitze zuckten und sich wanden, weil die Flammen ihre Sehnen schrumpfen und ihre Schädel platzen ließen. Schmelzendes Fett zischte in der Glut, flammte weißglühend auf, so daß schwarze Schatten auf die drei gräßlichen Götzen fielen. Die ganze Nacht hindurch loderte das Feuer. Es verbrannte unsere letzte Hoffnung, Lloegyr ohne Sieg verlassen zu können, und bei Tagesanbruch beobachteten wir, wie die Sachsen
    hervorgekrochen kamen, um die rauchenden Aschenreste zu untersuchen.
    Dann warteten wir. Ganz und gar passiv waren wir allerdings nicht. Unsere Reiter trabten gen Osten, um die Straße nach London auszukundschaften, und kamen mit Berichten über Horden marschierender Sachsen zurück. Andere von uns schnitten Holz und begannen neben dem ausgeplünderten Gehölz auf der Hügelkuppe eine Halle zu bauen. Zwar brauchten wir dort keine Halle, aber Arthur wollte den Eindruck erwecken, daß wir tief in Lloegyr einen Stützpunkt errichteten, von dem aus wir Aelles Territorium heimsuchen konnten. Falls wir Aelle damit überzeugten, würde ihn das zweifellos zu einer Schlacht provozieren. Wir legten die Anfänge eines Erdwalls an, da uns jedoch die entsprechenden Werkzeuge fehlten, brachten wir nur einen armseligen Versuch zustande, obwohl auch dieser der Täuschung förderlich gewesen sein muß.
    Wir waren ausreichend beschäftigt, aber das verhinderte nicht, daß unser Heer sich in zwei erbitterte Fraktionen teilte. Einige Männer, wie etwa Meurig, waren der Ansicht, daß wir von Anfang an eine falsche Strategie verfolgt hatten. Es wäre besser gewesen, erklärte Meurig nun, wenn wir drei oder mehr kleinere Heere ausgesandt hätten, um die Sachsenfestungen an der Grenze zu stürmen. Wir hätten angreifen und provozieren müssen, statt dessen wurden wir in dieser selbsterdachten Falle mitten in Lloegyr nur immer hungriger.
    »Vielleicht hat er ja recht«, gestand mir Arthur am dritten Morgen.
    »Nein, Lord«, protestierte ich heftig, und um meinen Standpunkt zu unterstreichen, zeigte ich nach Norden auf die dicke Rauchwolke, die uns verriet, daß sich auf der anderen Bachseite immer mehr Sachsen versammelten.
    Arthur schüttelte den Kopf. »Aelles Heer ist hier, das stimmt« sagte er, »aber das muß nicht heißen, daß er angreifen wird. Sie werden uns beobachten, doch wenn er klug ist, wird er uns hier versauern lassen.«
    »Wir könnten ihn angreifen«, schlug ich vor.
    Er schüttelte den Kopf. »Ein Heer durch Baumbestand und über einen Bach zu führen ist ein sicheres Rezept für eine Katastrophe. Das ist unser letzter Ausweg, Derfel. Betet einfach darum, daß er heute kommt.«
    Aber er kam nicht. Fünf Tage waren nun vergangen, seit die Sachsen unsere Vorräte vernichtet hatten. Morgen würden wir nur noch Krumen zu essen haben, in zwei weiteren Tagen wären wir ausgehungert, und in drei Tagen müßten wir der Niederlage ins gräßliche Auge sehen. Arthur tat unbesorgt und achtete nicht auf das, was die Schwarzseher im Heer befürchteten; und als die Sonne an jenem Abend über dem fernen Dumnonia unterging, winkte mir Arthur, zu ihm auf die allmählich wachsende Mauer unserer primitiv konstruierten Halle zu steigen. Ich kletterte an den Holzbalken empor und zog mich mit einem Klimmzug auf die Oberkante der Mauer hinauf. »Seht«, sagte er und zeigte nach Osten, wo ich ganz hinten am Horizont eine weitere graue Rauchsäule entdeckte. Und unter diesem Rauch lag, beleuchtet von schrägen Sonnenstrahlen, eine Stadt, die größer war als alle, die ich jemals gesehen hatte, größer als Glevum oder Corinium, größer sogar als Aquae Sulis. »London«, sagte Arthur mit Ehrfurcht in der Stimme. »Hättet Ihr jemals daran geglaubt, die Stadt zu sehen?«
    »Doch, Lord.«
    Er lächelte. »Mein zuversichtlicher Derfel Cadarn.« Er saß
    auf der Mauer, hielt sich an einer unbehauenen Säule fest und starrte unentwegt auf die Stadt. Hinter uns, im hölzernen Rechteck der Halle, waren die Pferde des Heeres untergebracht. Die armen Tiere waren jetzt schon hungrig, denn es gab wenig Gras auf der dürren Heide, und wir hatten

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