Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst
kein Futter für sie mitgebracht. »Seltsam nicht wahr«, fuhr Arthur fort, den Blick immer noch auf London gerichtet, »daß
Lancelot und Cerdic jetzt schon eine Schlacht hinter sich haben könnten, ohne daß wir etwas davon erfahren.«
»Betet, daß Lancelot den Sieg errungen hat«, gab ich zurück.
»Das tue ich, Derfel, das tue ich.« Mit den Fersen schlug er gegen die halbfertige Mauer. »Welch eine günstige Gelegenheit für Aelle!« sagte er plötzlich. »Er könnte hier die besten Krieger Britanniens niedermachen. Bis Jahresende könnten seine Männer unsere Hallen besetzt halten. Ein Spaziergang wäre es für sie zum Severn-Meer. Alles dahin. Ganz Britannien! Aus und vorbei.« Er schien den Gedanken belustigend zu finden. Dann wandte er sich um und blickte auf die Pferde hinab. »Die könnten wir natürlich noch essen«, sagte er. »Ein bis zwei Wochen würde uns ihr Fleisch schon am Leben erhalten.«
»Lord!« protestierte ich gegen seinen Pessimismus.
»Keine Angst, Derfel.« Er lachte. »Ich habe unserem alten Freund Aelle eine Nachricht geschickt.«
»Ach, wirklich?«
»Sagramors Frau, Malla heißt sie. Was für seltsame Namen diese Sachsen haben. Kennt Ihr sie?«
»Ich habe sie gesehen, Lord.« Malla war eine
hochgewachsene Frau mit langen, muskulösen Beinen und Schultern, die breit wie ein Faß waren. Sagramor hatte sie Ende des vergangenen Jahres gefangengenommen, und sie hatte sich mit einer Passivität in ihr Schicksal gefügt, die sich in ihrem flachen, so gut wie leeren, von goldfarbenen Haaren umrahmten Gesicht widerspiegelte. Außer diesem Haar gab es nichts an Malla, das besonders attraktiv gewesen wäre, und dennoch war sie irgendwie anziehend: ein großes, starkes, robustes Geschöpf, mit einer gelassenen Grazie und einem Verhalten, das nicht weniger wortkarg war als das ihres numidischen Liebsten.
»Sie gibt vor, uns entkommen zu sein«, erklärte Arthur, »und eben jetzt, in diesem Augenblick, müßte sie Aelle verraten, daß
wir den kommenden Winter hier zu verbringen gedenken. Lancelot werde sich uns mit weiteren dreihundert Speeren anschließen, und wir brauchten ihn auch hier, weil eine Menge von unseren Männern durch Krankheiten geschwächt seien, obwohl wir unsere Vorratsgruben mit gutem Proviant gefüllt hätten.« Er lächelte. »Sie tischt ihm endlosen Unsinn auf, das heißt, ich hoffe es wenigstens.«
»Aber vielleicht verrät sie ihm auch die Wahrheit«, gab ich deprimiert zurück.
»Mag sein.« Er klang unbesorgt. Jetzt beobachtete er, wie eine Reihe von Männern mit Schläuchen Wasser aus einer Quelle heraufholten, die am Fuß des Südhangs sprudelte.
»Aber Sagramor vertraut ihr«, ergänzte er, »und ich habe schon vor langer Zeit gelernt, Sagramor zu vertrauen.«
Ich machte das Zeichen gegen das Böse. »Ich würde meine Frau nicht in ein feindliches Lager gehen lassen.«
»Sie hat sich freiwillig gemeldet«, entgegnete Arthur. »Die Sachsen würden ihr nichts zuleide tun, sagt sie. Wie es scheint, ist einer der Häuptlinge ihr Vater.«
»Hoffen wir, daß sie ihn nicht genauso liebt wie Sagramor.«
Arthur zuckte die Achseln. Er war dieses Risiko eingegangen, und jetzt darüber zu diskutieren, würde die Gefahr nicht bannen. Er wechselte das Thema. »Ich möchte Euch in Dumnonia haben, wenn all das hier vorüber ist.«
»Von Herzen gern, Lord. Wenn Ihr mir versprecht, daß
Ceinwyn nichts geschehen wird«, antwortete ich, und als er meine Befürchtungen mit einer Handbewegung abzutun versuchte, stieß ich nach. »Ich habe Geschichten von einem Hund gehört, der getötet und dessen blutiges Fell einer verkrüppelten Hündin umgehängt wurde.«
Arthur wandte sich um, schwang die Beine über den Wall und ließ sich in die behelfsmäßigen Ställe fallen. Er schob ein Pferd zur Seite und winkte mir, ihm zu folgen, da uns dort niemand sehen oder hören konnte. Er war zornig. »Erzählt mir noch einmal, was Ihr gehört habt!« befahl er.
»Ein Hund wurde getötet«, sagte ich, als ich
hinuntergesprungen war, »und sein blutiges Fell wurde einer verkrüppelten Hündin umgehängt.«
»Und wer hat das getan?« wollte er wissen.
»Jemand, der mit Lancelot befreundet ist«, antwortete ich, weil ich den Namen seiner Gemahlin nicht preisgeben wollte. Mit der Hand schlug er so hart gegen die primitive Holzwand, daß die Pferde daneben erschraken. »Meine Gemahlin«, sagte er, »ist mit König Lancelot befreundet.« Ich schwieg. »Genau wie ich«, forderte er mich
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